Volltext: 112. Heft 1914/16 (112. Heft 1914/16)

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Monastir. 
Sie nennen es die zweite Hauptstadt ihres Volkes, 
die Bulgaren. In einer schönen Ebene gelegen, an 
einem Zufluß der Cerna, von hohen Bergen in weitem 
Bogen umschlossen, bildet Monastir oder Bitolia einen 
bedeutenden Verkehrs- und Handelsplatz Mazedoniens. 
Freilich ist es schon etwas lange her, daß sich das'alte 
bulgarische Reich bis über diese Gegenden hinaus er- 
streckte, doch hat sich die bulgarische Bevölkerung seit dem 
frühen Mittelalter hier noch erhalten, über die jähr- 
hundertelange Türkenherrschaft hinweg. Die ganze 
Strecke vom Ochrida-See im Westen bis zum 
Schwarzen Meer im Osten wird von dem Mischvolk 
bewohnt, das sich hauptsächlich aus den während der 
Völkerwanderung eingedrungenen Slowenen, einem 
Nachdem infolge Mackensens Offensive am 6. De- 
zember 1915 auch Monastir besetzt worden war, wurde 
es endlich mit dem übrigen Nordmazedonien von den 
Bulgaren in Besitz genommen. Tausende hatten sich, 
festlich gekleidet, am Einzugstage der Deutschen und 
Bulgaren in den Straßen der Stadt versammelt und 
bereiteten den Siegern einen begeisterten Empfang. 
Im November 1916 mußte dann allerdings die Stadt, 
die durch ihre Tallage zur Verteidigung schlecht geeignet 
ist, den von Süden andrängenden Gegnern, Franzosen 
und Serben, nach harten Kämpfen überlassen werden — 
auf wie lange, ist zur Stunde, da dies geschrieben wird, 
noch nicht zu übersehen. 
Von Veles am Wardar fährt das Auto über Prilep 
in sechs Stunden nach Monastir. Es gilt, zwischen Veles 
und Prilep den Babunapaß, an dem 1915 harte Kämpfe 
Ansicht von Monastir. 
slawischen Stamm, und den nach ihnen kommenden stattfanden, zu , überwinden. Die Nachschübe für die 
Bulgaren finnisch-ugrischer Herkunft zusammensetzt, deutschen und bulgarischen Truppen waren durch die 
Die Sprache bildete sich großenteils nach den über- üblen Verkehrsverhältnisse sehr erschwert, und es mußten 
wnndenen Slowenen, während die bulgarischen Er- erst Straßen gebaut werden, um diesen Nachschub 
oberer dem neuen Volke feinen Namen gaben. Durch überhaupt zu ermöglichen. Auch in Monastir selbst 
die byzantinischen Kaiser und später durch die Türken ist inzwischen Ordnung geschaffen worden. Die 
unterjocht, begannen die Bulgaren nach ihrer Befreiung Serben haben die Stadt in wesentlich besserem Zu- 
durch die Russen 1877 ein neues nationales Leben, stände vorgefunden, als sie sie verlassen hatten. Es 
Zunächst auf das Land zwischen Balkan und Donau sind Straßen gepflastert, Wegweiser errichtet, Gebäude 
beschränkt, dehnte sich das neue Fürstentum 1883 auch ausgeräuchert, Ärzte herbeigeholt und die Sicherheits- 
über den Balkan hinüber auf Ostrumelien aus. Die Verhältnisse gebessert worden. 
Streitigkeiten Bulgariens mit seinen Verbündeten nach Wenn nun auch die Bulgaren Monastir eine bul- 
dem Balkankriege 1912 sind noch in Erinnerung. Serbien garische Stadt nennen, so muß man sich doch keine ein- 
hatte infolge des österreichisch-ungarischen und italieni- heitliche Bevölkerung vorstellen. So ziemlich alle Rassen 
schen Einspruchs Nordalbanien nicht erringen können; des Balkans sind hier vertreten, Bulgaren, Serben, 
nun forderte es, von Griechenland und Rumänien Griechen, Juden, Türken, Albanesen, auch versprengte 
unterstützt, als Entschädigung Nordmazedonien, das Rumänen. Im ganzen zählte die Stadt vor dem Kriege 
Bulgarien wegen seiner dort lebenden Volksgenossen 50—60 000 Einwohner. Es wird noch viel zu tun geben 
nicht preisgeben wollte. Von allen Seiten angegriffen, für die Bulgaren, wenn sie, wie zu erwarten steht, nach 
mußte es verzichten, und so entstand das unnatürlich dem Kriege hier dauernd Fuß fassen werden. Man darf 
langgestreckte Gebilde des neuserbischen Königreiches, von jedoch bei dem tüchtigen Charakter dieses begabten Volkes 
der Donau hinab bis nach Monastir. Die Bevölkerung darauf rechnen, daß die reizend gelegene Stadt dann 
war stärksten Unbilden seitens ihrer serbischen Herren einen neuen Aufschwung nehmen wird, besonders, wenn 
ausgesetzt, die die Bulgaren weit härter behandelten, die Bahn Saloniki—Monastir bis an die albanische Küste 
als die Türken es in Jahrhunderten getan hatten. fortgeführt sein wird. v. St.
	        
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