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Zeltlager in -e« nördlichen Karpathen. Gezeichnet von K. Pippich.
Das Zelt im Kriege.
Es dürfte von allgemeinem Interesse sein, einen
kurzen Überblick über die Bedeutung der Zelte für den
Krieg in der Vergangenheit und in der Gegenwart zu
geben. Sie spielten bei den alten Römern eine große
Rolle, weil diese die Gewohnheit hatten, ihre Lager
(castra) mit starker Umwallung zu versehen und die
Truppen für lange Zeit darin unterzubringen. Das
Zelt bestand aus gespannten Tüchern (tentorium)
oder aus Fellen (pelles), die mehr geschätzt wurden,
weil das Tuch aus jener Zeit nur geringen Schutz gegen
Regen bot. Die Anlage und Verwendung der Lager
ward zu einer technischen Wissenschaft (Castrametrie),
die im 17. Jahrhundert wieder auftrat. Während des
Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit behielten die
Lager und mit ihnen die Zelte, in den Formen vielfach
wechselnd, ihre Bedeutung bei. Diese ward erst ver¬
ringert, als die langsame methodische Kriegführung des
18. Jahrhunderts durch die Strategie Napoleons mit
ihrer großen Beweglichkeit abgelöst wurde. Die Heere
lagerten nicht mehr so lange und bedurften der Zelte
deshalb nicht mehr so dringend. Der Troß mußte ver¬
mindert werden und konnte nicht mehr so umfangreiche
Zeltausrüstungen mitführen. Denn das Charakteristische
früherer Zeiten war die Beförderung der Zelte auf den
Fahrzeugen der Truppenbagage. In den Befreiungs¬
kriegen führten die deutschen Heere gar keine Zelte,
mit. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts kamen
bei den Franzosen die Kriegszelte (tentes d’abri) wieder
auf, und zwar wurden sie zum erstenmal von den
Mannschaften getragen. Die deutsche Heeresleitung
führte nach dem Kriege 1870/71 ebenfalls die trag¬
bare Zeltausrüstung für die Fußtruppen und die
Artillerie ein.
Im gegenwärtigen Kriege, wo Millionen von
Kämpfern zusammengezogen sind und die Ortschaften
zur Unterbringung nicht ausreichen, wo der Stellungs¬
krieg erhöhte Bedeutung erlangt hat, ist die „Zeltbahn"
eins der wichtigsten und unentbehrlichsten Ausrüstungs¬
stücke des Soldaten. Sie dient nicht nur dem Aufbau
von Zelten im Biwak, sondern hat mannigfache Auf¬
gaben zu erfüllen. Den hohen Wert gibt ihr der wasser¬
dichte Stoff. Bei Regen benutzt der marschierende,
der rastende und der auf Wache befindliche Soldat die
Zeltbahn als Umhang, der ruhende Soldat als Decke.
Sie schließt in den Schützengräben und Unterständen
alle Öffnungen, ersetzt Türen, Vorhänge, Dächer, auch
Bodenbretter und Tische, schützt vor allen Unbilden der
Witterung, erhält eine erträgliche Temperatur in allen
Erddeckungen, macht Heizung entbehrlich und ermöglicht
allein, daß die Truppen bei jeder Witterung monate¬
lang mit guter Gesundheit im Schützengraben leben
können. Mit Hilfe der Zeltbahnen wird häufig Ver¬
pflegung und Munition herangeschafft. Wenn hinter
der Front Gebäude fehlen, werden durch Zusammen¬
knüpfen einer Anzahl von Bahnen große Zelte für die
verschiedensten Zwecke errichtet: für Verwundete und
Kranke, für Vorräte jeder Art, für den Bäckereibetrieb,
für Pferde und Vieh. Selbst das Überschreiten von
Der Krieg 1914. II.