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Paul Eversheim
finden wir freilich Feldherren, mit dem langen Fernrohr ausgerüstet, vielfach ver
treten, heute hat das unbequeme Instrument längst dem kurzröhrigen Feldstecher
Platz gemacht.
Eine einfache Art, das Bild aufzurichten, hat schon um das Jahr 1610 Galilei
eingeführt (Galileisches oder holländisches Fernrohr). Ersetzen wir nämlich nach
Fig. 9 die Lupe L 2 in der vorigen Figur durch die Konkavlinse L 2 , die sich vor
a"
der Bildebene des Gegenstandes befindet, so erkennt man leicht aus dem Verfolg
des Strahlengangs, daß der Punkt d an der Stelle a", der Punkt V an der Stelle b"
erscheint, man erblickt also das Bild wieder auf gerichtet und vergrößert. Der ein
fache Bau, also die geringe Zahl der Linsen verleihen dem Galileischen Fernrohr
noch einen weiteren Vorteil, nämlich große Helligkeit der Bilder, während die viel-
linsigen aufrichtenden Systeme einen großen Teil des Lichtes durch Absorption
und Reflexion vernichten. In der Dämmerung und bei unsichtigem Wetter ver
wendet der Seemann mit Vorliebe diesen Fernrohrtyp, der unter dem Namen
Nachtglas bei der Marine allgemein bekannt ist.
Ein großer Nachteil haftet dem Galileischen Fernrohr aber insofern an, als
bei starker Vergrößerung das Gesichtsfeld sehr, klein ausfällt, und daß man nicht
imstande ist, an die Stelle des von der Objektivlinse entworfenen reellen Bildes
(d b', Fig. 9) ein Fadenkreuz, das als Marke dient, anzubringen und dieses mit
dem Bilde durch das Okular zu betrachten. Dieses Fadenkreuz, eine auf Glas
geritzte Teilung oder dergleichen, findet sich z. B. am Gewehrzielfernrohr, sowie
im Zielrohr der Geschütze. Das Gewehr respektive Geschütz wird so gerichtet, daß
das Bild des zu treffenden Punktes in den Kreuzungspunkt der Fäden fällt. Natürlich
muß das Fernrohr auf dem Lauf ebenso auf das Ziel ein justiert werden, wie die
Visier Vorrichtung mit Kimme und Korn.
i Bis zum Jahre 1850 wurde in solchen Fällen, in denen Wert auf großes Ge
sichtsfeld gelegt werden mußte, das astronomische Fernrohr mit bildaufrichtendem
Linsensystem benutzt, und man nahm die unbequeme Länge mit in Kauf. Um
jene Zeit gelang es dem piemontesischen Offizier Porro, das einfache astronomische
Fernrohr gewissermaßen zu verkürzen und das Bild in seiner natürlichen Lage zur
Anschauung zu bringen, indem er die Umkehrwirkung der Spiegel benutzte.
Gewöhnliche Metallspiegel, wie wir sie täglich benutzen, eignen sich aber nicht
zu dem Zweck. Selbst die besten Silberspiegel verlieren bald durch die Einwirkung
der Luft, durch Feuchtigkeit, Staub und dergleichen ihr hohes Reflexionsvermögen
und nehmen einen großen Teil der auffallenden Strahlen durch Absorption hinweg.
Für optische Zwecke werden deshalb die sogenannten Prismen benutzt, die auf