Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Paul Eversheim 
aus unmagnetischem Material besteht, eine Forderung, die wir heute im Kriege 
überhaupt nicht erfüllen können. Der Mutterkompaß ist auf elektrischem Wege 
mit einem Tochterkompaß — oft auch mit mehreren —- verbunden, der auf der 
Kommandobrücke oder an sonst einem geeigneten Ort aufgestellt ist und dessen 
Anzeigen durch den Mutterkompaß geleitet werden. 
Schon vor dem Kriege wuchs indessen infolge der stetig wachsenden Aus 
rüstung, verbunden mit der zunehmenden Menge beweglicher Eisenmassen, die 
Schwierigkeit, für den Mutterkompaß einen geeigneten Standort im Schiff zu 
finden. Es war deshalb ein sehr verdienstvolles Unternehmen der Firma Dr. An 
schütz -Kaempfe in Kiel, einen anderen Weg zur befriedigenden Lösung des Pro 
blems aufzusuchen. Dieser bot sich in der Ausnutzung der Eigenschaften des 
Kreisels. Ein Kreisel, in hohe Umdrehungen versetzt, hat bekanntlich das Be 
streben, die Lage seiner Achse im Raume unverändert beizubehalten, auch wenn 
der Unterstützungspunkt seine örtliche 
Lage ändert. Bei den ersten Versuchen 
mit dem Kreiselkompaß wurde sorg 
fältig darauf geachtet, daß der Schwer 
punkt mit dem Unterstützungspunkt 
zusammenfiel. Die Schwankungen und 
Stöße des Schiffes hatten so ihren 
Angriffspunkt lediglich im Unter 
stützungspunkt , den sie wohl ver 
schieben konnten, ohne indessen 
irgendwelchen Einfluß auf die Lage 
der Achse auszuüben. Weist z. B. die 
Achsenrichtung auf einen bestimmten 
Fixstern hin, so bleibt diese Richtung 
auch bei Drehung der Erde unverändert, und da die Richtung bestimmend ist für 
das sogenannte Azimut, so hat man derartige Kreisel Azimutkreisel genannt. Der 
Azimutkreisel hat aber den großen Nachteil; daß er keine korrigierenden Eigen 
schaften besitzt, die seine Achse in eine bestimmte Lage zurückführen, falls diese 
durch irgendeinen Umstand verändert wurde, daß er überhaupt unfähig ist, eine 
bestimmte Erdrichtung unabhängig von der Bewegung des Erdkörpers anzugeben, 
sobald der Kreiselmechanismus in Gang versetzt wird, also so, wie wir es beim 
Magnetkompaß infolge der richtenden Kraft des Erdfeldes antreffen. Daher 
fehlt jede Möglichkeit, einem derartigen System eine bestimmte Richtung zu 
erteilen, ohne den Magnetkompaß oder sonstige astronomische Hilfsmittel um 
Rat zu fragen. 
Der Azimutkreisel-Kompaß hat aus diesem Grunde keine allgemeine Ein 
führung erhalten, er wurde eigentlich vollständig verdrängt, als Dr. Anschütz 
im Jahre 1906 mit seinem Meridiankreisel erschien, der die Drehung der Erde 
verbunden mit der Schwerkraft benutzte, um der Kreiselachse eine automatisch 
wirkende Richtkraft zu erteilen, so, daß diese sich stets in den astronomischen 
Meridian einstellt. Im folgenden sei der interessante Vorgang kurz erläutert, so 
weit dies ohne mathematische Entwicklungen möglich ist.
	        
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