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Die Tiermedizin. 
Von von Su'ßdorf. 
B is zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts war die Tiermedizin eine zwar 
willkommene, aber weder von den wissenschaftlichen Kreisen noch von der 
Gesellschaft entsprechend gewürdigte Gehilfin der Landwirtschaft, ein Gutgenug 
in der Bekämpfung der dem Besitzer landwirtschaftlicher Nutztiere durch Seuchen 
und Einzelschäden der letzteren drohenden Verluste. Von der zweiten Hälfte des 
verflossenen Zentenniums ab hat sich die Tiermedizin fortschreitend eine Stellung 
zu erobern gewußt, die ihr bis nun die volle Würdigung der wissenschaftlichen 
und staatsmännischen Kreise und ihren Vertretern die Aufnahme unter die hoch- 
schulmäßig gebildeten Klassen der Bevölkerung, die Aufnahme in die „gesellschaft 
lichen 4 ‘ Kreise als deren gleichberechtigte Mitglieder eingetragen hat. 
Dieser Wandel hat sich unter der angestrengten, unermüdlichen und oft genug 
bitter enttäuschten Mitarbeit der Tierärzteschaft in aller Stille vollzogen, aus 
schließlich dank dem Wirken der an ihrer Spitze stehenden wissenschaftlichen 
Forscher, dank der Nutzanwendung der aus den Arbeiten dieser sich ergebenden 
Lehrsätze und Theorien für die tägliche Praxis seitens der die Tierheilkunde aus 
übenden praktischen Vertreter derselben und nicht zuletzt dank der Einsicht und 
dem Mitwirken verständnisvoller Männer aus den Reihen der Großgrundbesitzer, 
der Vertreter des Volkes in den gesetzgebenden Körperschaften und der die Hand 
habung der Gesetze ausübenden Organe der Zivil- und Heeresverwaltung. 
So steht die Tiermedizin heute als eine gleichberechtigte, aber auch gleich 
verpflichtete Wissenschaft und Kunst an der Seite ihrer Schwesterwissenschaft, 
der Menschenmedizin, im Kampfe gegen die gemeingefährlichen Gewalten der 
Kleinlebewesen und der aus der Benutzung ihrer Objekte im Völkischen Erwerbs 
leben entspringenden äußeren Schädigungen zum Besten der leidenden und den 
täglichen Angriffen jener ausgesetzten Tierwelt. ~ * 
Wie die Errichtung von Pflege- und Bildungsstätten der Tiermedizin in 
erster Linie dem Bedürfnis nach einer wirksamen Bekämpfung der noch vor einem 
Säkulum unzählige Opfer unseres wertvollen Besitzstandes an Haustieren dahin 
raffenden Tierseuchen entsprungen ist, so haben sich auch die Vertreter der Tier 
medizin zuerst der Ergründung und Vernichtung von deren Erregern zugewendet. 
Teils für sich allein, teils in Gemeinschaft mit den Vertretern der Menschenmedizin 
beteiligten sie sich vom Anbeginn des Aufschwungs der Tierheilkunde zu einem wissen 
schaftlichen Forschungsgebiet an der Auffindung der Erreger der mannigfachen 
Tierseuchen. Die Geschichte der Medizin nennt unter den Entdeckern jener eine 
ganze Anzahl von Männern, die teils als Lehrer an tierärztlichen wissenschaftlichen 
Anstalten, teils als Vertreter der tierärztlichen Praxis sich der Erforschung des 
Wesens der Tierseuchen und ihrer Bekämpfung widmeten und sich namentlich 
auch an der Fernhaltung solcher durch die Ausbildung serologischer Methoden 
in Form von prophylaktischen Impfungen große Verdienste erworben haben. 
Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege. 57