Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Orthopädie im Kriege 
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der Nervenoperation von ausschlaggebender Bedeutung ist, daß die Lösung 
oder Naht des Nerven möglichst früh vorgenommen wird, daß, je geringer die 
Schädigung des Nerven war, um so größer die Aussicht auf vollkommene Wieder 
herstellung ist. Endlich, daß die Armnerven und unter ihnen wieder der Speichen 
nerv die raschesten Operationserfolge gibt, während die Beinnerven, wenn sie ganz 
durchtrennt waren, ebenso widerspenstig gegen die Heilung sind, wie am Ellen 
nerven der Teil, der die Muskelbewegung versorgt; bei ihnen können die ersten 
Besserungen oft erst nach Jahr und Tag beginnen; aber auch hier beobachten 
wir nach einem längeren Zeitraum vollständige Heilungen! Ferner konnten wir 
aus unseren Erfolgen ableiten, daß die kleinen Muskeln 
der Hand viel längere Zeit brauchen, um sich zu erholen, 
als die langen Muskeln des Unterarmes, und daß im all 
gemeinen je weiter vom Rückenmark entfernt, desto geringer 
die Heilungstendenz der Nerven ist. Leider haben auch 
alle Versuche, zerstörtes Nervengewebe durch anderes zu 
ersetzen, in ihren Erfolgen nur den bescheidensten An 
sprüchen genügt. 
Wichtig für die Lähmungen ist ebenso wie für die 
Kontrakturen die Nachbehandlung, die sich in 2 Gruppen 
gliedert, in Behandlung zur Wiederkräftigung der Muskel 
bis zum Eintreten der willkürlichen Verwendbarkeit und in 
das Verhindern des Entstehens von Kontrakturen, die da 
durch begünstigt werden, daß eine bestimmte Muskelgruppe 
infolge der Lähmung für eine lange Zeit in ihrer Wirkung 
ausgeschaltet ist. Um aber solange, als die Lähmung besteht, 
das Glied möglichst funktionsfähig zu erhalten, sind für 
einzelne Lähmungsarten einfache Apparate angegeben 
worden, die gestatten, die noch erhaltenen Muskeln derart auszunützen, daß die 
Lähmung selbst fast kaum in Erscheinung tritt. So hat zuerst Spitzy-Wien bei 
Lähmung des Speichennerven seine ,,Radialisschiene“ zur Beseitigung der Fall 
hand angegeben und Er lach er-Graz-Wien die „Ulnarisspange“ bei Lähmungen 
des Ellennerven zur Beseitigung der Krallenhand. Diese ganz einfachen Apparate 
wurden dann unter Beibehaltung derselben Prinzipien von den verschiedensten 
Seiten (Riedl-Ullersdorf, Hagemann-Marburg, Muskat-Berlin usw.) ausgebaut. 
Von Stracker-Wien stammen gute Apparate für Lähmungen der Armbeuger 
und Armheber. Zur Beseitigung des herabhängenden Fußes wird fast überall 
derselbe Hebezugschuh gebraucht, wenn auch die Hebefeder oft ins Knöchel 
gelenk selbst eingebaut wird. 
Obwohl die Erfolge der Nervenoperationen noch nicht abgeschlossen sind, 
so hat sich doch bereits in vielen Fällen die Notwendigkeit ergeben, sei es, weil die 
Nervenoperation überhaupt nicht ausgeführt werden konnte, oder daß sie miß 
glückte, die bestehende Lähmung als unveränderlich zu betrachten und auf andere 
Mittel zu sinnen, um im Einzelfall Abhilfe zu schaffen. Auch da können wir auf 
Erfahrungen der Orthopäden in Friedenszeiten zurückgreifen und so wie dort haben 
wir bereits auch bei unseren gelähmten Soldaten durch Sehnenverpflanzungen 
Abb. 7. Erhöhungsschuh 
mit Kniekappe bei Ober 
schenkelverkürzung und 
Knieschlottern
	        
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