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Ernst Lehmann
Dagegen dürfte es am Platze sein, hier noch einige Worte über das Vorkommen
des B. typhi außerhalb des Menschen zu sagen. Es ist heute zweifellos, daß der
Typhusbazillus unter für ihn günstigen Bedingungen im Wasser und im Boden sich
längere Zeit virulent halten kann und so auf diesem Wege Infektionen statthaben
können. So ist noch während dieses Krieges eine große Epidemie in Jena durch
Verseuchung der städtischen Wasserleitung durch B. typhi zustande gekommen,
und im Operationsgebiet sind zweifellos auch durch infiziertes Wasser, wie das ja
auch aus dem südafrikanischen Kriege bekannt geworden ist, Trinkwasserepidemien
hervorgerufen worden. Im allgemeinen aber pflegt der Typhusbazillus, wenigstens
in den gemäßigten Klimaten, außerhalb des Menschen nicht sehr beständig zu sein.
B. Paratyphi A.
Eine besondere Überraschung in diesem Kriege bot das mancherorts gehäufte
Auftreten des B. paratyphi A. Vom Frieden her kannte man dieses Bakterium als
Krankheitserreger in Deutschland nur an wenigen Orten. Kaum mehr als 20 Fälle
waren überhaupt bekannt geworden. Dabei war besonders auffallend, daß, abge
sehen von 2 Fällen von Paratyphus A, welche aus Leipzig beschrieben wurden,
die übrigen alle entweder der Südwestgrenze genähert, oder aber an der Elbe
mündung vorgekommen waren. In anderen Ländern hingegen war der Paratyphus A
häufiger beobachtet worden. So werden aus Britisch-Indien zahlreiche Fälle von
Paratyphus A mitgeteilt. Auch aus der japanischen Marine, von Nordafrika und
aus Nordamerika wurden Paratyphus-A-Erkrankungen gemeldet, doch kamen
sie in Deutschland wenig zur Beobachtung. Durch Literaturstudium könnte vom
Verfasser gezeigt werden, daß überall da, wo in den warmen Ländern auf Para A
geachtet wurde, derselbe auch gefunden wurde, während in den kälteren Gebieten
der B. paratyphi A nicht, oder nur, wie das die eingangs mitgeteilten Daten für
Deutschland zeigten, an Stellen gefunden wurde, die offensichtlich auf Einschleppung
beruhten.
Es war nun nicht wunderbar, daß durch die Verpflanzung von Hilfsvölker
schaften unserer Feinde nach nördlicheren Gegenden auch der Para-A-Bazillus dahin
häufiger verschleppt wurde. Aber auch frühere Fremdenlegionäre, welche bei Kriegs
beginn wieder in die deutsche Armee eintraten, brachten den B. paratyphi A mit
und verursachten, soviel bekannt ist, zweimal Epidemien von Paratyphus A. Anderer
seits gelangte der B. paratyphi A auch durch unsere Bundesgenossen wie Feinde
am Balkan, Türken, Bulgaren, Serben usw. aus südlichen Gegenden, wo er schon
vor dem Kriege war, zu unseren Truppen.
Unter epidemiologischen Gesichtspunkten hat sich weiterhin ergeben, daß
der Para-A-Bazillus, nicht, wie das früher in der überwiegenden Menge der deutschen
Literatur angenommen wurde, durch Nahrungsmittel weiterverschleppt wurde,
sondern daß er hauptsächlich, gerade wie bei Typhus, durch Kontakt, vor allem
durch Bazillenträger, verbreitet wurde.
B. Paratyphi B.
B. paratyphi B wurde vor dem Kriege recht häufig in Deutschland beobachtet.
Besonders häufig trat er als Nahrungsmittelvergifter auf. Er wurde auch in den