Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Ernst Lehmann 
Bakterien bezeichnete Gruppen gar nicht mehr den echten Bakterien zugerechnet 
werden, sondern zu der Pilzgruppe der Aktinomyceten in Beziehung gestellt werden. 
Wir betrachten zuerst die Angehörigen der Familie der 
Coccaceen. 
Charakteristisch für diese Familie ist, daß die Einzelbakterien rund oder 
oval sind. Endosporen oder Geißeln werden nur selten beobachtet. Unter sich 
sind diese Kokken morphologisch in der Hauptsache durch ihr verschiedenes 
Verhalten bei der Teilung verschieden. Die Angehörigen der ersten Untergruppe 
teilen sich nur nach einer Richtung des Raumes, und zwar senkrecht zur Wachstums 
richtung. Da die Teilprodukte häufig im Zusammsnhange bleiben, so bilden sich 
oft rosenkranzartige Ketten. 
Schon der berühmte Chirurg Billroth hat diese Formen unter der Gattung 
Streptococcus zusammengefaßt. Die Sarcinen, welche für unsere Betrachtung 
kaum heranzuziehen sind, teilen sich nach 3 Richtungen des Raumes und bilden 
paketartige, kubische Verbände. Endlich die Angehörigen der wichtigen Gattung 
Micrococcus teilen sich unregelmäßig nach verschiedenen Richtungen des Raumes, 
sodaß, wenn die Teilprodukte zusamm3nbleiben, was aber nicht immer der Fall 
ist, unregelmäßige klumpige Haufen entstehen. 
Streptococcen. 
Wir kennen ihren physiologischen Leistungen nach sehr verschiedene 
Streptococcenformen, die einander indessen morphologisch durchaus ähnlich sind. 
Manche von ihnen sind pathogen, andere apathogen. Über die Ursachen dieses 
für uns natürlich eminent wichtigen Unterschiedes wissen wir aber in sehr vielen 
Fällen nichts. Ja, es ist nicht einmal möglich, pathogene und nicht pathogene 
Streptococcen morphologisch auf irgendeinem chemischen bzw. biologischen Wege 
näher voneinander zu trennen, wenn wir nicht den Tierversuch zu Hilfe nehmen, 
und auch dieser versagt nicht selten. Dabei sind Streptococcen mancherlei Art 
in der Natur als Saprophyten außerordentlich weit verbreitet. 
Andererseits rufen Streptococcen sehr vielerlei Erkrankungen hervor. Ge 
sichtsrose, Bronchialkatarrh, Angina, Pneumonie, Kindbettfieber, Gehirnhaut 
entzündung und viele septische Prozesse lassen sich auf Streptococcus pyogenes 
zurückführen. Ihm gesellt sich dann der Streptococcus lanceolatus — auch Pneumo- 
coccus —- zu, der durch Ausbildung von Schleimhüllen charakterisiert ist und die 
verschiedensten entzündlichen Prozesse, wie Pneumonie, Pleuritis und vieles andere, 
hervorrufen kann. Dabei ist aber bemerkenswert, daß sich diese beiden Formen 
auch ziemlich häufig in der Mundhöhle gesunder Menschen vorfinden. Im Kriege 
haben diese Bakterien neben den schon im Frieden zu erhebenden Vorkommnissen 
vor allem Bedeutung als Eitererreger im Gefolge von Schuß Verletzungen mancherlei 
Art. Besonders gefährlich sind sie darm, wenn sie in den Gehirnrückenmarkskanal 
eindringen und eitrige Meningitiden veranlassen. 
Bei näherer Betrachtung der Streptococcen zeigt sich, daß die einzelnen 
Glieder der Zellketten recht verschiedenartig beschaffen sein können. Teils sind sie
	        
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