Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Robert Sommer 
unten im Sinne der Mehr- oder Minderleistung zeigt, und zwar ist es notwendig, 
bei diesen Versuchen nicht nur auf die Schulkenntnisse einzugehen, die naturgemäß 
nach den Lebensverhältnissen und dem Bildungsgrad der Einzelnen außerordentlich 
verschieden sind, sondern es handelt sich darum, zu prüfen, wie sich der Einzelne in 
bezug auf das Merken von neu an ihn herangebrachten Wahrnehmungen z. B. im 
optischen Gebiet verhält. Als sehr geeignet haben sich hierbei einfache oder kom 
binierte mathematische Figuren erwiesen, die, in Quadraten zu 9, 16 und 25 Karten 
geordnet, in gemessener Zeit mit der Aufgabe gezeigt werden, sie zu merken und 
dann zu reproduzieren. Versuche an Studenten haben dabei das Resultat ergeben, 
daß, wenn man 25 Figuren dieser Art 2y 2 Minuten, d. h. für jede Figur 6 Sekunden 
exponiert, die meisten Versuchspersonen durchschnittlich ungefähr 8 Figuren nach 
Form und Lokalisation richtig behalten haben. 
Zugleich läßt sich mit dieser Methode eine Übung des optischen Gedächtnisses 
erzielen und der Zuwachs messen. Da es nun im Militärleben für bestimmte Aufgaben 
sehr darauf ankommen kann, daß z. B. die Teilnehmer an einer Patrouille eine 
bestimmte optisch gegebene Situation rasch erfassen und richtig behalten, so kann 
man daran denken, die rein militärische Erziehung für solche Zwecke mit einfachen 
psychologischen Übungen zu verbinden. Es ist sehr wahrscheinlich, daß in der 
weiteren Entwicklung der Militärwissenschaft die Verbindung 
zwischen experimenteller Psychologie und militärischer Pädagogik 
immer enger werden wird. 
Abgesehen von diesen Fragen der Militärpsychologie im allgemeinen kommt 
bei der Wirkung des Kriegs auf die Kriegsteilnehmer sehr wesentlich in Betracht, 
daß diese mit Hilfe des Gedächtnisses und der Merkfähigkeit ein umfangreiches 
Vorstellungsmaterial erwerben, das einen noch gar nicht abzuschätzenden 
Reichtum an allgemeiner Volksbildung ausmacht. Unsere Truppen, die vielfach 
im Westen und Osten von Europa nacheinander Gelegenheit hatten, fremde Länder 
zu sehen, bringen einen außerordentlichen Schatz von Vorstellungen über geogra 
phische, soziale und kulturelle Verhältnisse in die Heimat mit oder vermitteln 
die Kenntnis dadurch schon durch Briefe. Wer Gelegenheit gehabt hat, viele Feld 
postbriefe auch von einfachen Soldaten zu lesen, ist oft erstaunt über den Reichtum 
des erworbenen Vorstellungsmaterials. Auch bei der Heimatbevölkerung, z. B. in 
ländlichen Kreisen, zeigt sich diese Erweiterung des geistigen Horizontes durch 
Kenntnisse über die Verhältnisse der uns feindlichen oder verbündeten Staaten, 
Länder und Völker, und zwar beruht diese Erweiterung der allgemeinen Volksbil 
dung in Deutschland nicht nur wie früher auf literarischer Belehrung durch die 
Tagespresse und Bücher, sondern auf der unmittelbaren Anschauung und dem Schatz 
von Erinnerungen, die unsere Soldaten aus den fremden Ländern in die Heimat 
übertragen 1 ). 
III. Assoziationen. 
Durch die vorstehenden Ausführungen ist das Thema der Assoziationen 
schon mehrfach berührt. Die Art der Assoziation, d. h. der Vorstellungsver- 
knüpf ung ist für den geistigen Zustand der einzelnen Menschen von entscheidender 
*) Vgl. „Krieg und Seelenleben 54 , 13. Kapitel „Krieg und Volksbildung 55 .
	        
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