Die Botanik im Kriege
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Zur Förderung der Pilzkenntnis in Lehrerkreisen wurden sodann durch die
Reichsgetreidestelle für Gemüse und Obst in Berlin und Bonn Pilzkurse ver
anstaltet.
Der Krieg hat aber noch weitere Anregungen dahin gegeben, die Pilze des
Waldes nicht nur zu sammeln, sondern auch die eßbaren in höherem Maße als bisher
zu kultivieren. Das Ministerium der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten
hat sich dieser Fragen angenommen und Sachkundige zur Förderung derselben
aufgefordert. Falck in Eberswalde ist es gelungen, praktisch nutzbares, reines
Zuchtmaterial für Champignons, welches sonst besonders in Frankreich erzogen
wurde, zu erlangen, und an manchen Stellen, wie beispielsweise in Erlangen, blüht
heute die Champignonkultur und wird sicher auch noch im Frieden den französischen
gewaltigen Züchtereien, von denen besonders große sich auch in Lille befanden,
erheblichen Abbruch tun.
Hefe.
Außer den Pilzen des Waldes spielt noch eine Reihe weiterer Pilze eine be
sondere Rolle bei der Herstellung menschlicher Nahrungsmittel und Futterstoffe,
das sind die Hefen. Die Hefen sind mikroskopisch kleine, einzellige, durch Sprossung
sich vermehrende Pilze. In großen Mengen beisammen sind diese Hefen besonders
von der Preßhefe her bekannt. Ihnen kommt eine außerordentliche Bedeutung im
Bäckereigewerbe, in der Brauerei und bei der Weinbereitung zu.
In mancherlei Weise hat der Krieg auf die Hefeverwendung eingewirkt.
Einmal versuchte man auch hier Ersparnisse zu machen. Im Bäckereigewerbe
hat das, wie Buchwald auseinandersetzt, dazu geführt, den Hefe verbrauch sehr
erheblich herabsetzen zu können. Es sind auch Verfahren ausgearbeitet worden,
um ganz ohne Hefe zu backen. Diese Versuche werden besonders dadurch wichtig,
daß die Hefen ja auf Kosten der Nährstoffe leben, welche sonst dem Menschen zuge
führt würden. Die Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung bemüht sich, diese
Verfahren in die Praxis einzuführen.
Schon im Frieden aber wurde die Hefe, die sich als Abfall bei der Bierbrauerei
ergibt, neben der Herstellung von Hefeextrakt, Suppenwürfeln usw. in größtem
Maßstabe als Trockenhefe zu Fütterungszwecken verwandt. Bei vollem Betrieb
der Brauereien im Frieden könnten nach Hayduck jährlich 200 000 Doppelzentner
Trockenhefe gewonnen werden. Solche Hefe wurde dann im Kriege auch zur Her
stellung von Ersatzpräparaten (Ersatzfleischextrakt!) herangezogen. Da man aber
bei der Trockenhefe vom Betriebe der Brauereien abhängig war, suchte man ein
neues Gewinnungsverfahren, zumal bei der Beschränkung des Brauereigewerbes
durch den Krieg die Menge der Trockenhefe stark herabgesetzt wurde, dennoch
aber Kraftfuttermittel in erhöhtem Maße dringend gebraucht wurden.
Der Nährwert der Hefen beruht auf ihrem Eiweißgehalt. Es handelte sich
also darum, Hefen zu erziehen, welche aus möglichst einfachen Substanzen möglichst
reichlich Eiweißstoffe bilden. Zur Ernährung der Hefe ist Zucker, Ammonium,
Kalium oder Magnesium nötig. Zucker liefert in erster Linie die Melasse, dann aber
auch verschiedene Abwässer, wie die Kartoffelsäfte bei der Stärkegewinnung,
Ablaugen aus Zellstoffabriken usw. Ammoniumsalze können einmal durch Stick-