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Ernst Lehmann
gegeben habe, wo in Island die Korneinfuhr ausblieb und sich viele Leute aus
schließlich von dieser Flechte ernährten. Cetraria islandica wächst auch in Deutsch
land und Österreich-Ungarn in ziemlich großen Mengen. Zu ihr gesellt sich in noch
höherem Maße Cladonia rangiferina, die im Norden als Viehfutter Verwendung
findet. Cladonia rangiferina überzieht teilweise weite Moorflächen der Ebenen
Norddeutschlands, teilweise wächst sie mit Cetraria untermischt, beide, kommen
auch in den Mittelgebirgen Deutschlands (Abb. 7), in Alpen und Karpathen
streckenweise in großen Mengen vor, so daß der Vorschlag, diese Flechten auch zu
Zeiten dieses Krieges als Nähr- und Futtermittel zu nützen, nicht allzufern lag.
Abb. 7. Flechtenbestandenes Moor im württembergischen Algäu
Besonders Jacobj und später Hesse haben dieser Frage weitgehende Auf
merksamkeit entgegengebracht.
Schon Berzelius hatte die Zusammensetzung dieser Flechten näher unter
sucht. Er hatte einen hohen Gehalt an Flechtenstärke — zirka 80 Prozent -—■ fest
stellen können, auf dem die Nährkraft dieser Pflanzen beruht. Dazu aber kommt
ein Gehalt an Flechtenbitterstoff, welcher es bewirkt, daß diese Flechten nicht
ohne weiteres vom Menschen oder von Haustieren genossen werden können. Die
Flechten müssen erst entbittert werden, was aber relativ leicht durch Pottasche
gelingt.
Man kann dann Cetraria islandica als Zusatz zu Brot, für Suppen, Breie,
Puddings usw. benützen, für die Jacobj und andere zahlreiche Rezepte anführen,
wenngleich ihnen Hesse weniger das Wort redet. Wer sich dafür des näheren
interessiert, sei besonders auf Jacobjs Beiträge zur Verwertung der Flechten
1915 und 1916 hingewiesen.
Salate und Gemüse.
Unsere Salate und Gemüse, welche wir im Frieden verzehren, stammen fast
ohne Ausnahme aus der Kultur im, Gemüsegarten. Im Verhältnis dazu treten die
von unseren wildwachsenden Pflanzen bereiteten Gemüse und Salate wohl recht
zurück. Im Winter oder ersten Frühjahr sieht man häufig Kinder Ackersalat
sammeln, das sind die Rosetten der Rapunzelpflanzen oder Valerianella olitoria.
In manchen Gegenden spielt der Löwenzahn auch im Frieden als begehrtes Gemüse
noch eine Rolle, und die Brunnenkresse kommt besonders in Thüringen vielfach