Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Die Botanik im Kriege 
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nicht lohnend. Es kommt dann noch dazu, daß bei manchen Bäumen sehr viele 
taube Früchte vorhanden sind, wodurch natürlich die Ausbeute noch erheblich 
herabgesetzt wird. Die Erfahrungen des Kriegsausschusses für Öle und Fette 
haben dementsprechend auch zur Einstellung der Ölgewinnung aus Lindensamen 
geführt. 
Mehle und Stärke. 
Im Frieden liefern uns in erster Linie unsere Getreidearten Stärke und Mehl; 
sie sind die seit Jahrtausenden geschätzten Kulturpflanzen. Im Norden hat sich 
seit einigen Jahrhunderten der Buchweizen, kein Gras, wie die Getreidearten, „ 
sondern ein Angehöriger der Familie der Knöteriche, hinzugesellt. 
Viel jünger ist die heute so unentbehrliche Kartoffel, bekanntlich amerikani 
schen Ursprungs und erst recht eigentlich durch Friedrich den Großen im Gefolge 
der Schlesischen Kriege in Deutschland als Nutzpflanze in weiterem Umfange 
eingeführt. Erst das 19. Jahrhundert aber ließ sie in Europa zu allgemeiner Aner 
kennung kommen. 
Getreide und Kartoffel haben auch im Kriege ihre alles beherrschende Stel 
lung als Stärke- und Mehllieferanten bewahrt, ja, die Kartoffel ist recht eigentlich 
zur bevorzugten Kriegspflanze geworden. Die nötige Rationierung — der Kartoffel 
brotgeist und die Brotkarte — haben über die schwersten Gefahren hinübergerettet. 
Dennoch hat es an Versuchen nicht gefehlt, auch andere kohlehydratliefernde 
Pflanzen zum Ersatz und zur Streckung der menschlichen Ernährung heranzuziehen, 
ohne aber daß diesen Versuchen mit einer einzigen Ausnahme ein allgemeinerer 
Erfolg beschieden gewesen wäre. Wir wollen die hauptsächlichsten Vorschläge und 
Versuche einer kurzen Betrachtung unterziehen. 
Zuerst wollte Friedenthal aus Stroh Mehl gewinnen. Durch die Untersuchungen 
von Zuntz (Kriegskost, herausgegeben von der Zentraleinkaufsgesellschaft, Berlin 
1915, Nr. 19) wurde aber gezeigt, daß solches Strohmehl für menschliche Ernäh 
rung nicht benützbar ist; Auch Kerp, Schröder und Pfuehl im Kaiserlichen Ge 
sundheitsamte lehnen das Strohmehl zur menschlichen Ernährung ab, während 
eine Vermahlung zu Mehl für Wiederkäuerernährung überflüssig, erscheint. 
Sodann hat Haberlandt versucht, die Verwertung von Holzmehl einzuführen. 
Es ist ja bekannt, daß Leopold von Buch beispielsweise von der Verwendung von 
Holzmehl zuzeiten von Hungersnöten in Norwegen berichtet, wobei allerdings die 
Beschreibungen der Erfolge am Menschen -nicht sehr erfreuliche sind. Haberlandt ' 
hat aber den Nährwert des Holzmehls näher untersucht. Es wurden Fütterungs 
versuche durch Zuntz angestellt, Holzmehl wurde in Brot verbacken usw. Trotz 
anscheinend günstiger Ergebnisse ist das. Holzmehl aber bislang noch nicht zu 
allgemeinerer Verwertung gekommen. 
Weiter empfahl Grädener das Rhizom des Rohrkolbens (Typha), welches 
im Frieden in einigen Gegenden Deutschlands-als Schweinefutter gebräuchlich ist. 
Der Stärkegehalt ist hier ziemlich hoch, sodaß seine weitere Nutzanwendung in 
Betracht gezogen werden konnte. Andererseits wurde von Lentz das Rhizom des 
Adlerfarns zur Verwendung vorgeschlagen (Apotheker-Zeitung 1916, S. 238), 
welches nach Diels das Hauptnahrungsmittel der Maoris gebildet haben soll.
	        
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