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Ernst Lehmann
Von Bedeutung sind weiter die
Bucheckern
mit 20—25 Prozent Ölgehalt. Die Verarbeitung von Bucheckern zu Buchelöl geschah
^schon im Frieden in verschiedenen Teilen Deutschlands, so in Thüringen, Hannover,
am Rhein. In der schwäbischen Alb werden die Buchein in Äckerichjahren ge
sammelt, und in zu diesem Zwecke vorhandenen Ölmühlen wird ein gutes Speiseöl
gepreßt (Oberamtsbeschreibung von Münsingen). Nach Freund (Pharmazeut. Zentral
halle 1915, Nr. 34) geben 100 Kilo Eckern 16—20 Kilo Öl.
Recht wichtig sind sodann die Samen der
Weinrebe,
welche zu 8—10 Prozent Öl enthalten, und die schon immer als Trestern zur Vieh
fütterung benützt wurden. Aber auch die Ölgewinnung wurde schon seit langem,
z.B. in Württemberg, betrieben. Demgemäß wurde während des Krieges eine all
gemeine Ausbeutung in Angriff genommen.
St einobst kerne.
Zuerst von dem Landesausschuß für Volksernährung in Dresden wurde dann
die allgemeine Verwertung von Steinobstfrüchten zur Ölgewinnung angeregt.
Ihm folgte bald der Kriegsausschuß für pflanzliche und tierische Fette in Berlin.
Der Ölgehalt der Kerne von Pflaumen, Pfirsichen, Kirschen usw. ist teilweise
recht beträchtlich. Er schwankt allerdings in weiten Grenzen. Nach einer Berech
nung von Freund sollten unsere Steinobstkerne pro Jahr 700 Tonnen Öl liefern
können. Die Ausbeute litt anfangs unter der Schwierigkeit der Öffnung und dem
Verluste großer Ölquantitäten durch Absorption durch die Frucht- und Samen
schalen. Erhebliche Verbesserung wurde dadurch erzielt, daß von Alpers eine
Knackmaschine erfunden wurde und zugleich ein vorteilhaftes Verfahren der
Ölabscheidung zur Anwendung kam.
Die Sammlung dieser Kerne wurde danach im großenUmfange aufgenommen
und organisiert. Nach der Süddeutschen Apothekerzeitung sollen beispielsweise
1916 durch den Vaterländischen Frauenverein in Berlin 100 000 Kilogramm Obst
kerne mit einem Ölwert von 80 000 Mark abgeliefert worden sein.
Von weiteren heimischen Ölquellen seien hier noch die Samen unserer Koni
feren genannt, auf deren Besprechung aber im forstlichen Teile näher eingegangen
werden wird. '
Mancherlei Enttäuschungen haben sich allerdings bei der Nutzung dieser
Ölfrüchte des Waldes auch ergeben. Besonders kommen solche bei den Linden
früchten in Frage. Die Linde enthält in ihren Früchten zirka 25 Prozent eines Öls,
auf das schon Markgraf, der Entdecker des Rübenzuckers, 1772 aufmerksam machte.
Aber die Einsammlung so großer Mengen von Früchten, daß darauf eine Groß
industrie gegründet werden könnte, begegnet selbst in den Jahren, in denen, wie 1916,
die Linde mancherorts besonders reichlich Früchte angesetzt hatte, erheblichen
Schwierigkeiten. Tschirch hat bei Bern den Versuch gemacht, Frauen und Kinder
zum Sammeln heranzuziehen. Da aber die Arbeiterin am Tage nur wenige Kilo
erhält und dabei riskiert, sich das Genick zu brechen, so waren die Erfolge dabei