Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Emst Lehmann 
studieren. Die Pflanzenphysiologie hat sich dieser Aufgabe seit langer Zeit mit 
Sorgfalt gewidmet. In erster Linie handelt es sich hierbei naturgemäß um die 
Ernährungslehre, welche praktische Bedeutung erlangt. Die zur Ernährung der 
verschiedenen Pflanzen nötigen Stoffe, die im einzelnen Falle notwendigen Quanti 
täten und ähnliches mußte festgestellt werden. Es war wichtig, zu erfahren, woher 
die Pflanzen ihre einzelnen Nährstoffe beziehen, insbesondere die wichtigsten unter 
ihnen, den Kohlenstoff, Stickstoff und einzelne Mineralsalze. Diese Fragen sind heute 
im großen und ganzen für die wichtigsten Kulturpflanzen gelöst. Der bedeutendste 
Erfolg dieser Kenntnisse liegt für die Praxis darin, daß es möglich wurde, eine 
rationelle Düngungslehre auszuarbeiten, wodurch der Ertrag unserer Felder in 
früher ungeahnter Weise gesteigert w er cl e] i ‘konnte. Wir werden indessen sehen* 
daß im Kriege die Kultur neuer Nutzpflanzen auf tauchte und notwendig wurde. 
Wollte man sich hier vor großen Enttäuschungen bewahren, so wurde es nötig* 
botanische Erfahrungen als Grundlagen für die Kultur heranzuziehen. Wir werden 
sehen, daß dies in manchen Fällen mit ausgezeichnetem Erfolge geschehen ist* 
während in anderen Fällen die Unterlassung zu erheblichen Mißerfolgen geführt hat. 
Von erheblicher Bedeutung ist weiter die" Beschaffung geeigneten Saatgutes. 
Um solches zu erzielen, wird die Züchtung besonders ertragsreicher und widerstands 
fähiger Rassen nötig. Die Ergebnisse pflanzlicher Vererbungsforschung, die Kennt 
nis von Bestäubung und Befruchtung, geben hier die Mittel an die Hand, bei alten 
und neuen Kulturpflanzen günstige Ergebnisse und nötigenfalls Ertragssteigerungen 
zustande zu bringen. 
Naturgemäß ist es weiter für den Landwirt von weittragender Bedeutung* 
zu wissen, daß er einen gesunden Pflanzenbestand erzieht. Pflanzenkrankheiten 
sind ebenso häufig wie menschliche Krankheiten. Die Schädigungen, die der 
Ertrag durch sie erleidet, sind oftmals außerordentlich groß. Es handelt sich 
also darum, durch eingehendes Studium diese Krankheiten in ihrem Wesen zu 
erkennen und nötigenfalls ihr Auftreten zu verhüten. Das spielt auf jedem Gebiete 
der Pflanzenkultur eine sehr große Rolle. Es ist wohl verständlich, daß im Kriege 
diesen Verhältnissen besondere Aufmerksamkeit zu widmen sein wird, damit nicht 
durch Umsichgreifen von Pflanzenseuchen, zu Zeiten, wo das geschulte landwirt 
schaftliche Personal zumeist im Felde steht, unermeßlicher Schaden entsteht. 
Das gilt besonders auch wieder für die neu in Kultur genommenen Pflanzen* 
wenn nicht durch Seuchen aller Art der Erfolg von vornherein in Frage gestellt 
werden soll. 
Damit nähern wir uns schon den Aufgaben, die der Krieg selbst an die Botanik 
stellt. Eine Ertragssteigerung der schon im Frieden gebauten Gewächse läßt sich 
im Kriege auf wissenschaftlicher Grundlage nicht so schnell erzielen. Es tut also 
not, neben den schon im Frieden feldmäßig angebauten Pflanzen noch Ersatz für 
früher von auswärts eingeführte und auf dem Gebiete der Zentralmächte nicht vor 
handene pflanzliche Produkte zu suchen, bzw. Nutzungsquellen bei heimischen Pflanzen 
aufzufinden, welche im Frieden nicht erschlossen wurden. Es ist durchaus nicht 
etwa eine Sondererscheinung dieses Krieges, daß im Gefolge desselben bestimmte 
Nahrungs- und Genußmittel oder Rohstoffe für die kriegführenden Länder sowohl 
als für die Neutralen knapp werden oder gar ausfallen, und daß für das Ausbleibende
	        
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