Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Krieg und Kultur 
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Geistes nur durch neue Bereicherung und innere Tiefe mitwirken. Die Unmoralität 
des Geschmacks an einer seichten Operettenmusik wird freilich auch in der Zukunft 
nicht schwinden; im Vorhof zum Tempel der Kunst sitzen eben überall die Geld 
wechsler. Der ethischen Bedeutung der Musik in unserer Gesamtbildung gilt es 
vor allem reichere Wirkungsmöglichkeit zu schaffen. Moralische Wirkungen des 
Krieges erhoffen wir überall, nicht zum mindesten in der Musik als der tiefsten 
Offenbarung der deutschen Seele. 
August Spanuth, Musik. (Der Kampf des deutschen Geistes. S. 134—142.) 
Frz. Bachmann, Der Krieg und die deutsche Musik. Stuttgart 1915. 
P. Marsop, Öffentliche Unterhaltungsmusik in Deutschland. München 1914. (Flugschrift des Dürer- 
Bundes Nr. 138.) 
6. Krieg und Sittlichkeit. 
Das Thema ,,Krieg und Sittlichkeit 44 richtet sich nach zwei Seiten hin; es 
liegt in ihm die Aufgabe der philosophischen Ethik, dem Kriege seine Stellung in 
der sittlichen Ordnung des Lebens anzuweisen, die Frage nach dem Recht des Krieges 
prinzipiell zu entscheiden. Andererseits kann es sich um die Wirkung des Krieges 
auf die sittlichen Kräfte des Volkes, um seinen gestaltenden Einfluß auf Willen 
und Tat handeln. Nach beiden Seiten hin hat sich der Krieg als ein machtvoller 
Anreger erwiesen. Gewiß löst er im einzelnen auch die wilden Instinkte barbarischer 
Roheit aus. Das Lebensgefühl, das mit der Nähe der Gefahr eine gewaltige Stei 
gerung erfährt, reißt leicht die Schranken der durch Rechtsordnung, Sitte und 
gesellschaftliches Urteil gebändigten Natur nieder. Eine unvergleichliche, oft 
jauchzende Lebensfreudigkeit, tapferste Lebensbejahung bildet den einen Grundton 
im Leben des Krieges. Neben ihm aber steht die gebietende Macht der Pflicht, 
die hier mit einer Selbstverständlichkeit und Sicherheit erfaßt wird, wie nicht 
immer im Frieden. 
Es ist oft gesagt worden, daß der Krieg alle edelsten Tugenden, Selbstlosigkeit, 
Opferfreudigkeit, Tapferkeit, Hingabe des ganzen Menschen wecke und zu einer 
Größe erhebe, die weithin über die Jahrhunderte sichtbar bleibt. In einer Welt, 
die allzu leicht in Selbstsucht und Genußsucht, in Eitelkeit und Oberflächlichkeit 
versinkt, haben harte Zeiten immer wieder das Edle und Große erhoben. Längst 
sind wir vor allem dessen gewiß, daß der Krieg nur dann der unermeßlichen Opfer 
wert ist, wenn sich durch ihn eine seelische Erhebung, eine Festigung und Läuterung 
im Charakter der Nation vollzieht. Nicht wenige Stimmen haben den ,,Krieg als 
Erzieher 44 verkündet. Und von hier aus ist auch der Jugendbildung vielfältige 
Förderung erwachsen. 
Stärkste Anregungen hat vor allem die philosophische Ethik vom Kriege 
gewonnen. Dafür ist vielleicht keine Erscheinung so bezeichnend, wie das vertiefte 
Verständnis für die Ethik Nietzsches, deren ernster, männlicher, ja harter Charakter 
vordem zugunsten einer in Willkür sich ergehenden „Herrenmoral 44 mißverstanden 
und mißbraucht wurde. Was Max Brahn über Nietzsche und den Krieg gesagt 
hat, führt uns auf den Bahnen, die Raoul Richter betreten hat, weiter. Daß Nietz 
sches „Zarathustra 44 nach der Bibel und Goethes ,,Faust 44 das am meisten begehrte 
Buch des gebildeten Soldaten geworden ist, wird stets als ein Zeichen der Zeit 
gelten müssen neben der Schundliteratur, mit der auch die Schützengräben über
	        
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