Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

120 
Reinhard Süring 
lichkeit, große Höhen zu erreichen und in dem völligen Versagen bei kleinen Be 
schädigungen der Hülle. ,Die Abmessungen scheinen bei ungefähr 12 000 cbm 
Inhalt ihre obere Grenze erreicht zu haben; die Versuche der Siemens-Schuckert- 
Werke mit einem Luftschiff dieser Größe, das aber zahlreiche technische Abwei 
chungen gegen das Parseval-System aufwies, sind einstweilen von mehr theore 
tischer als praktischer Bedeutung geblieben. Um die Geschwindigkeit und die 
Knickfestigkeit der gaüz unstarren Luftschiffe zu erhöhen, haben Oberst Groß 
und Ingenieur Basen ach das sogenannte halbstarre System, welches 1905 von dem 
Franzosen Julliot erfunden war, weiter ausgebildet. Ein Kielgerüst unter der 
Hülle sorgt hier für deren Versteifung und dient gleichzeitig zum Tragen der Gondel. 
Durch den Kiel werden Geschwindigkeit und ruhiger Gang des Schiffes verbessert, 
während Transport und Landung ungefähr ebenso günstig wie bei dem Parseval- 
Luftschiff sind. Der Nachteil einer verhältnismäßig geringen Größe ist natürlich 
der gleiche, und dies ist offenbar der Grund, daß sie im Kriege nicht die Bedeutung 
der Zeppelin- und Schütte-Lanz-Schiffe erlangt haben. 
4. Flugzeuge. 
Während sich die Fortschritte des Luftschiffbaus in den letzten Jahren nach 
gewissermaßen vorgeschriebenen Richtlinien vollzogen haben, hat sich das Flugzeug 
sprungweise und regellos, entsprechend den wechselnden Anforderungen entwickelt. 
Vor dem Kriege stand, wie schon eingangs erwähnt, das deutsche Flugzeug ganz 
überwiegend im Zeichen der Erhöhung der Flugsicherheit; selbst bei Wettbewerben 
standen Zuverlässigkeit und Dauerhaftigkeit an erster Stelle, Schnelligkeitsprü 
fungen traten dagegen zurück. Die Folge davon war, daß wir unseren Gegnern im 
Dauerflug überlegen waren, während Sie uns an Schnelligkeit ihrer Fahrzeuge 
übertrafen. Anfang 1914 waren mehr als % aller deutschen Flugzeuge nach dem 
Prinzip der „Taube“ gebaut, das sich aus rein wissenschaftlichen Beobachtungen 
und Untersuchungen über die beste Stabilität entwickelt hatte. Das natürliche 
Vorbild dieses Typus waren die fliegenden Samen der javanischen Palme Zanonia, 
deren Samenkorn zwei Flügel von je etwa 5 cm Spannweite hat, welche in bezug auf 
Wölbung und Ge wichts Verteilung das Ideal eines Gleitfliegers dar stellen. Hierauf 
hatte schon 1897 Professor F. Ahlborn-Hamburg in einer Abhandlung über die 
Stabilität der Flugapparate hingewiesen. Der österreichische Ingenieur Etrich 
in Oberaltstadt in Böhmen baute 1904 nach diesem Prinzip einen Gleitflieger von 
12 Meter Spannweite, ging aber 1908 zu einer Form über, welche äußerlich mehr 
einer Taube im Gleitfluge ähnelt. 1910 hatte er mit einem derartigen Flugzeug 
solche Erfolge, daß der Taubentypus seitdem in zahllosen kleinen Abänderungen 
gebaut ist und die Lieblingsform der Deutschen wurde. 
Der Hauptvorzug der „Taube“ besteht darin, daß durch die Verwindung 
der hinteren Flügelenden nach oben die Unbeständigkeit der seitlichen Lage, be 
sonders das seitliche Abrutschen und Verschieben in Kurven, nahezu ausgeglichen 
wird. Eine ähnliche Wirkung wird bei den sogenannten Pfeilfliegern — meist als 
Doppeldecker gebaut — dadurch erzielt, daß die vorderen Flügelkanten nicht in 
einer geraden Linie liögen, sondern wie ein liegendes V etwas nach rückwärts ge-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.