Volltext: Freiw. Feuerwehr der Landeshauptstadt Linz - Festschrift zur Feier des 65jährigen Bestandes 1931

Wehrmannstod 
(Gottfried Scheck f beim Brande in der Solo-Fabrik am 10. Jänner 1920). 
Ein Wehrmann tödlich verunglückt. 
Am 10. d. Nk., um */a6 Uhr abends, 
verunglückte der Humboldtstraße 10 
wohnhafte Feuerwehrmann Gottfried 
Scherb bei den Abräumungsarbeiten 
auf der Brandstätte der Solo-Fabrik 
durch eine einstürzende Decke und erlitt 
am ganzen Körper Brandwunden zwei¬ 
ten Grades. Der verunglückte Wehr¬ 
mann ist gestern nachmittags im All¬ 
gemeinen Krankenhause gestorben. (Zei¬ 
tungsnachricht vom 11. Farmer 1920 
in den Linzer Tagesblättern.) 
Friedsame Ruhe liegt über der Stadt. Noch 
schläft alles in den Häusern, weiß und weich ist eine 
Schneedecke über die Straßen und Fluren gebreitet. 
— Vor der Solo-Fabrik rattert ein Auto, denn 
der Direktor der Fabrik, Herr Stitz, muß zum 
Bahnhof gebracht werden, um eine Reise anzu¬ 
treten. Wie er von seiner Wohnung über den Hof 
schreitet, spürt er merkwürdigen Rauch in der Luft 
und kann es sich als gewissenhafter Beamter nicht 
versagen, dem Grunde nachzugehen. Er entdeckt, 
daß im sogenannten alten Bau an der Straße 
gleich an zwei Stellen im Erdgeschoß Feuer ausge¬ 
brochen ist. Von der Portierloge aus verständigt 
er die Feuerwehr. 
In der Wohnung der Feuerwehrfamilie Scherb, 
des Zeugstättenverwalters der Feuerwache Neu¬ 
stadt, schliefen die Familienmitglieder den tiefen 
Schlaf des Gerechten. Plötzlich: Vater, aufstehen, 
die Feuerklingel geht, ruft Frau Scherb, eilt gleich¬ 
zeitig ins Nebenzimmer und weckt auch die zwei 
Söhne Rudolf und Gottfried. Schon steht der alte 
Scherb am Telephon und empfängt die Nachricht: 
Großfeuer in der Solo-Fabrik. Dritter Zug mit 
allen Geräten ausführen! Er und feine zwei Söhne 
eilen über den Hof in die Zeugstätte, schnell sind 
die Türen geöffnet, das Licht angedreht und, dieweil 
die ersten Feuerwehrkameraden herbeieilen, find die 
drei Scherb schon in der Uniform und richten die 
Wagen zur Abfahrt. 
Schauriger als ein schönes Morgenrot leuchtet 
ihnen vom Rande der Stadt die Brandröte auf 
ihrem Weg. Auf der Brandstätte arbeitet schon 
die Feuerwehrzentrale und rasseln gleichzeitig andere 
Züge der Feuerwehr herbei. Bundeöbahnfeuerwehr, 
Feuerwehr Urfahr, ja selbst die Feuerwehr von 
Hart kommen mit ihren Geräten, und im Nu 
stehen drei Motorspritzen und eine neue Autospritze 
in Tätigkeit. 
Es prasselt und zischt, denn die aufgestapelten 
Vorräte an Halb- und Ganzfabrikaten geben dem 
Feuer reichliche Nahrung. Flüssig gewordene 
!Wichse kriecht schleimig über den Estrich, Fett, 
Wachs und Paraffin schwimmen, halb flüssig, 
halb brennend, auf dem Erdboden und ver¬ 
spritzen glühend heiße Tropfen. Der Zug Neu¬ 
stadt erhält vom Kommandanten den Befehl, aus 
einem Brunnen in der Mitte des Hofes Wasser 
zu entnehmen. Aber leider, leider ist der Wasser¬ 
vorrat viel zu wenig, und auch von der Straßen¬ 
seite her können die Motorspritzen nur recht spär¬ 
liche Strahlen liefern, weil nur eine Sackleitung 
der städtischen Wasserleitung Wasser führt und 
daher alle Augenblicke die TLasserzufuhr stockt. 
2Lie ein Teufel geht der alte Scherb mit dem 
Strahlrohr in der Hand gegen den heißen Feind 
vor. Ein paarmal wird er zurückgeschlagen, doch 
immer und immer wieder dringt er durch Rauch 
und Vlualm bis an den Brandherd. Elf Schlauch¬ 
linien arbeiten neben der seinigen. Aber das flüssige 
Fett schwimmt brennend mit dem Löschwasser in 
noch nicht vom Brande betroffene Räume und ver¬ 
breitet das Feuer. Schon greift es auf den Neubau 
über, in dem hauptsächlich Lederfett erzeugt wird. 
Hinter dem alten Scherb Rudolf, der Sohn. Er 
scheint von seinem Vater den Feuerteufelgeist ge¬ 
erbt zu haben und hat in seinem Vater den besten 
Lehrmeister für den schwierigen Feuerlöschdienst. 
Hinten bei der Pumpe steht der jüngste, Gott¬ 
fried. Noch ist seine Ausbildung nicht so weit, daß 
er zum Angriff in das Feuer geschickt werden kann, 
aber nichtsdestoweniger ist auch er vom Wehr¬ 
mannsgeist beseelt und arbeitet, was er kann. 
Ein Knall, eine ungeheure Stichflamme fährt 
aus dem ersten Stock und es wird festgestellt, daß 
das Feuer bereits zu den Kohlensäurebehältern vor¬ 
gedrungen ist und sie zur Explosion gebracht hat. 
Damit ist aber auch die Kraft des Feuers gebrochen. 
Grau wälzt sich die Morgendämmerung von der 
Welser Haide herein, Nebel stockt auf, frierend 
und naß bedienen die Feuerwehrleute ihre Geräte 
weiter. Noch zweimal wird ihre Ausdauer auf die 
höchste Probe gestellt. Es droht das Feuer auf die 
Kraftzentrale überzugreifen, und schon beginnen 
einzelne Stichflammen, sich gegen das Wohn¬ 
gebäude zu strecken. Ein Vordringen ist äußerst 
schwer, denn Schwefelsäure und Benzin sind gar 
gefährliche Gegenstände in der Nähe von Feuer! 
Erschwert wird das Vordringen auch durch auf¬ 
gestapelte Kisten und Packmaterial. Aber es ge¬ 
lingt, das Feuer von diesen beiden Teilen fern¬ 
zuhalten. 
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