Volltext: Säuglingsfürsorge in Oberösterreich

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Landeskommission, wieder von dem Entgegenkommen des Staatsamtes 
für Volksgesundheit unterstützt, Oberösterreicherinnen' zur Aus 
bildung in die Reichsanstalt für Mütter- und Säuglingsfürsorge nach Wien. 
Es konnten im Schuljahre 1918/19 vier , in den diesjährigen Kurs 
,1919/20 ebensoviele Kandidatinnen aufgenommen werden. 
Der Dienst der Fürsorgerinnen auf dem Lande leidet weniger 
darunter, daß sich ihrer Arbeit Hemmungen entgegenstellen; denn ihr 
Wirken erweist sich als notwendig und ist deshalb erwünscht und findet 
das Vertrauen der Bevölkerung, aber die Lebensumstände, unter denen 
die Fürsorgerinnen den Dienst versehen müssen, gestalten sich ungemein 
schwierig. Wir sind noch nicht in der Lage, die für die Fürsorgeorgane 
notwendige Unterbringung und Verpflegung klaglos durchzuführen. Diesem 
Punkte wird man in nächster Zukunft ganz besondere Auftnerksamkeit 
zuwenden müssen. Erst dann können wir ohne Schaden für die Gesund 
heit der Fürsorgerinnen vollwertige Arbeit für die Dauer erwarten. Die 
Fürsorge braucht mehr als jeder andere Berufszweig ständige Arbeiter, 
die unter völliger Hingabe ihre ganze Person in den Dienst der Sache 
stellen. Jeder Wechsel eines Fürsorgeorganes bedeutet für den Moment 
wenigstens einen kleinen Rückschlag. 
, Es ist nur zu wünschen, daß den infolge der schwierigen Lebens 
umstände berechtigten Bestrebungen der in Oberösterreich angestellten 
Fürsorgerinnen nach Aenderung ihres Wirkungskreises rechtzeitig Ver 
ständnis entgegengebracht wird. 
VI. M MW« Mm W Müller uni) M. 
Die offene Säuglings- und Kleinkinderfürsorge hat in Oberösterreich 
einen guten Anfang genommen und es sprechen alle Zeichen für ein weiteres 
Wachstum und Gedeihen. 
Eines aber wird noch die Anspannung aller Kräfte fordern, das ist, 
für die aufblühende, offene Fürsorge die nötigen Stützpunkte in der ge 
schlossenen Fürsorge zu schaffen. 
Leider mangelt es in Oberösterreich, abgesehen von einer kleinen 
Säuglingsstation des Jsabellen-Kinderspitales, völlig an Anstalten, wo 
wir kranke, schwächliche Säuglinge unterbringen könnten. Es fehlt an 
Nebergangsheimen, wo Säuglinge in der Zwischenzeit verbleiben, wenn 
ein Pflegeplatzwechsel rasch stattfinden muß. 
Dieser Umstand wird bei Handhabung der Pflegekinderaufsicht, 
wie sie das Gesetz vom 4. Februar 1919 über den Schutz von 
Ziehkindern und unehelichen Kindern verlangt, noch mehr in die Er 
scheinung treten. Ein Säugling, der inr Erkrankungsfall der Mutter nur 
für einige Tage sachgemäß verpflegt zu werden brauchte, findet nirgend ' 
Aufnahme, wodurch sehr oft ernstliche Gefährdung für sein ganzes Leben 
zu erwarten ist. Säuglings-Tageskrippen, wo die Kinder außerhäuslich 
arbeitender Mütter tagsüber untergebracht werden könnten, fehlen ganz. 
Ein Heim für Wöchnerinnen, ein Heim für stillende Mütter mit ihren 
Kindern, welche keine Zufluchtsstätte haben, wäre eine dringende Rot-
	        
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