Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

Und gegen dich in deinem eig'nen Land 
Er predigt schamlos offene Empörung. 
Herodes (zu Christus): Du bist zu klug, als daß es wahr sein kann, 
Was dieser Eif'rer zornig vorgebracht! 
Sprich doch ein Wort nur zur Verteidigung, 
Au meinem Hof herrscht volle Redefreiheit. 
Ein Hosherr: Er wird schon grob durch sein beständiges 
Schweigen. 
Eine Hofdame: Langweilig wird er uns, das sag' ich dir. 
Kaiphas: Unwürdig kommt mir diese Szene vor. 
Herodes: Laß du die Hand vom Spiele, Hoherpriester, 
Wo du eingreifst, verwirrt sich das Gespinst. 
Kaiphas: Ich greife ein für deines Hauses Größe, 
Ich greife ein für uns'res Landes Ehre, 
Weil du zu harmlos ernste Dinge nimmst. 
Herodes: Die Patrioten deiner Sorte kenn' ich, 
Die sind so käuflich worden wie dein Amt. 
Kaiphas: Was hat dich heute so verblendet, König, 
Daß deine besten Freunde du beleidigst 
Und den verschonst, der dir dein Reich gefährdet? 
Weißt du, wie der zur Herrschaft kommen will? 
Er hofft, daß dich dein eig'nes Volk erschlägt, 
Dann rollt von selbst ihm deine Krone zu. 
Darum verleumdet er dich überall 
Als einen fluchbeladenen Tyrannen, 
Der Gottes Zorn in reichem Maß verdient. 
Herodes: Das ist die Sprache, die ihr selber redet, 
Wenn im geheimen ihr beisammen seid, 
Du und die Priester und die Schriftgelehrten. 
Denn euer Haß gen mich und unser Haus, 
Das ist das einzig Ehrliche an euch. 
Ihr habt ja meinen Vater schon gehaßt 
Und ihm, dem Zwang erliegend, nur gehuldigt. 
(Auf Christus deutend.) 
Dem Mann da, der kein Wort sür sich verliert, 
Sprech' ich das Urteil nicht trotz eures Droh'ns, 
Ich will nicht lächerlich vor ihm erscheinen. 
Herodias: Sei froh, daß er nicht spricht. Sein Blick besagt, 
Daß er noch strenger als Johannes ist.