Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

Christi Abschied von Maria. 
(Landschaft in Bethanien. Im Vordergrunde links der Eingang ins 
Landhaus des Lazarus. Es geht gegen Abend.) 
(Jesus tritt mit Maria aus dem Hause ins Freie.) 
Christus: Ich will dich heute haben ganz für mich. 
Maria: Dann ist's was Großes, was du von mir willst. 
Christus :DerMenschheit Stunde kommt, der Vater ruft mich. 
Maria: Sie ist schon da, die eine fürchterliche, 
> Die mich vom Herzen meines Sohnes reißt? 
Christus: Die Gnadenvolle wird zur Schmerzensreichen. 
Maria: So mußt du jetzt schon sterben geh'n, mein Jesus? 
Christus: Die Jahre meines Lehramts sind zu Ende 
Und es beginnt für mich das priesterliche. 
Von allen Frauen aus dem Volke Gottes 
Weißt du allein, was ihm das Osterlamm 
Im Bilde jährlich vorverkündet hat. 
Maria (erschüttert): 
Den Henkertod des gottverheiß'nen Heilands, 
Der mein Sohn ist, mein heißgeliebter, Einer. 
Christus: Du kennst die erz'ne Schlange in der Wüste? 
Maria (aufschluchzend): 
Barmherziger! Das Kreuz, das allverhaßte! 
Christus: Du weißt, wer's dem Messias zimmern wird? 
Maria: Sein Volk, so melden uns die heil'gen Schriften. 
Christus: Und das ich liebe, weil es mein Volk ist. 
Maria: Dein Vater ist allmächtig und barmherzig, 
Wie oft hat er's nicht diesem Volk gezeigt! 
O fleh' ihn an, daß er es dir erspare. 
Als ein Verworfner lebt im Mund des Volkes, 
Wer so geendet hat und selbst die Bibel 
Spricht über ihn das grausam harte Wort: 
Verflucht ist, wer an solchem Holze hängt. 
Christus: Hast du nicht selber jubelnd einst geweissagt: 
Von nun an preisen mich die Völker selig? 
Das aber kann und wird erst dann gescheh'n, 
Wenn sich dein Sohn am Kreuz verblutet hat.