Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

Ungefähr in diesem Verhältnis standen die beider- 
seifigen Verluste Monat für Monat. Zuweilen war 
das Ergebnis für die Deutschen noch weit günstiger. 
Die Engländer und Franzosen verfügten zwar über 
viel mehr Flugzeuge, nicht aber über gleich gute 
Flieger, denn Bölcke war zwar gefallen, aber sein 
(Seift war in der deutschen Fliegerschaft nicht gestorben, 
und er hatte Nachfolger gefunden, die mit derselben 
Kühnheit und Gewandtheit wie er und mit noch 
größerem Glück den Luftkampf führten. Alle über- 
traf der Leutnant Manfred Freiherr von Richthofen, 
der jetzt schon fast soviel Gegner zur Strecke gebracht 
hatte wie Völcke, und der im Laufe des Sommers 
und Herbstes die Erfolge Bölckes und aller anderen 
weit hinter sich lassen sollte. Demgegenüber rühmten 
sich die Engländer und Franzosen zwar auch, Flieger 
zu besitzen, die 20 oder 30 Feinde im Luftkampf 
getötet hätten. Das ist jedoch schwer glaublich, wenn 
man die deutschen Verlustmeldungen für der Wahrheit 
entsprechend ansieht, denn dann hätten überhaupt 
alle deutschen Verluste nur von zwei oder drei feind- 
lichen Fliegern herrühren müssen. Ein deutscher Flieger, 
dessen Kühnheit und Gewandtheit noch vieles erwarten 
ließ, und dessen Fall um seines Namens und seiner Her- 
kunft willen allgemein große Teilnahme erregte, starb in 
diesen Apriltagen. Er war der Enkel des Prinzen 
Friedrich Carl von Preußen, des größten Feldherrn, 
den das Haus Hohenzollern nach Friedrich dem 
Großen hervorgebracht hatte. Der junge 24 jährige 
Prinz, der den Namen seines glorreichen Großvaters 
trug, geriet am 21.März schwer verwundet in Feindes- 
Hand und starb an den Folgen seiner Verwundung 
am 7. April in englischer Gefangenschaft. Mit ihm 
sank wieder ein deutscher Fürstensohn dahin, aus 
den sein Vaterland stolz sein konnte. Am 6. April 
zeitigte der Fliegerkampf an der deutschen Westfront 
ein Ergebnis, wie es bisher noch nicht dagewesen 
war: Die Deutschen verloren 5 Flugzeuge und2Fessel- 
ballons, ihre Gegner verloren 44 Flugzeuge, davon 
33 im Luftkampf, durch Abwehrkanonen 8, durch 
Notlandungen hinter den deutschen Linien 3, dazu 
noch einen Fesselballon. Leutnant Voß schoß sein 
24. Flugzeug und Leutnant von Berirab 4 Gegner 
auf einmal in der Luft ab. 
Die Franzosen und Engländer hatten stark zusammen- 
gefaßte Luftstreitkräfte eingesetzt, um Artilleriebeobach- 
tung und Aufklärung zu erzwingen, denn auf der 
Erde bereitete sich eine furchtbare Schlacht vor. Von 
Lens bis Arras hielt am 6. April der Geschützkampf 
in unverminderter Heftigkeit an. Die Franzosen 
beschossen St. Quentin. Längs der Aisne und am 
Aisne-Marne-Kanal nahm vielfach das Feuer an 
Stärke zu, auch Angriffe fanden schon statt — Vorläufer 
des großen Angriffes, der beabsichtigt war. Bei 
Laffaux, bei Sapigneul wurden die Franzosen zurück- 
getrieben. Im Walde von Malancourt stürmten 
sie dreimal an, jedesmal vergebens. Am 7. April 
scheiterten en-glische ErkMdungsvorstöße im Wytschaete- 
Bogen in Flandern. Die Franzosen beschossen St.Ouen- 
tin noch einmal. Ein französischer Vorstoß bei 
LaffauX wurde abgeschlagen. Zwischen Soissons und 
Reims schwoll der Geschützkampf zu ungeheurer 
Stärke an. 
Am 8. April begann die große Schlacht bei Arras 
„Seit heute vormittag", meldete der Heeresbericht, „ist 
nach mehrstündigem stärksten Trommelfeuer die 
Schlacht bei Arras im Gange". Am 10. hieß es: 
„Die Schlacht bei Arras dauert an. Nach mehrtägiger 
Wirkung starker Artillerie- und Minenwerfermassen griffen 
die Engländer gestern morgen nach heftigster Feuersteigerung 
in 20 Kilometer Breite unsere Linien an. In hartem jiampfe 
glückte es ihnen, in unsere Stellungen an den von Arras 
ausstrahlenden Straßen einzudringen; ein Durchbruch ist 
ihnen nicht gelungen. In zähem Ausharren gegen Überlegen- 
heit hatten zwei unserer Divisionen erhebliche Verluste. 
Südöstlich vou Dpern drangen Sturmtrupps bis über 
die dritte englische Linie vor, sprengten Unterstände und 
kehrten mit etwa 50Gefangenen, 7 Maschinengewehren und 
Minenwerfern zurück." 
Die Engländer waren etwa 4 Kilometer weit 
vorwärtsgekommen und hatten etwa 9000 Gefangene 
gemacht. Sie betrachteten den Tag als einen Sieg, 
und in gewisser Weise war er das auch, denn sie 
hatten die Deutschen weit zurückgedrückt. Aber 
es war ein Sieg, der ohne Frucht blieb. Sie hatten 
natürlich ungeheure blutige Verluste, wofür die 
Gefangenen, die sie gemacht hatten, keinen Ausgleich 
bedeuteten und, was das Schmerzlichste für sie war: 
der Durchbruch war wieder nicht geglückt. Es hatte 
sich nun schon so oft gezeigt, daß ein Durchbruch 
nur dann zu erzielen ist, wenn er sofort gelingt. 
Somit hätte der englische General die Schlacht lieber 
abbrechen sollen, da eine Eroberung blutüberströmter 
Trichterfelder, und wenn sie auch einige Quadrat- 
meilen umfassen mochten, an der gesamten Kriegslage 
doch nicht das mindeste ändern konnte. Aber mit 
der großen Zähigkeit, die ihrer Rasse eigen ist, stürmten 
die Engländer Tag für Tag, Woche für Woche immer 
wieder gegen die deutschen Linien an, die sie wohl 
hier und da zurückbiegen, aber nirgendwo durchbrechen 
konnten. Die Franzosen unterstützten die englischen 
großen Angriffe vorläufig durch eine Menge kleinerer 
Angriffsunternehmungen, die wohl nur den Zweck 
verfolgten, deutsche Kräfte zu binden. Sie waren 
sämtlich umsonst. 
Am 10. April wurde nördlich der Scarpe bei Givenchy- 
en-Gohelle, Farbus und FampouX gestritten, doch 
führten diese räumlich begrenzten Kampfhandlungen 
zu keiner Änderung der Lage. Zu beiden Seiten 
der Straße Arras-Eambrai setzten am Nachmittag 
die Engländer starke Kräfte in breiter Front zu neuen 
Kämpfen ein, wurden aber verlustreich abgewiesen. 
Dem deutschen Kronprinzen gegenüber nahm die 
Artillerieschlacht zwischen Vailly und Reims an Heftig- 
keit noch zu. Am 11. wurden bei heftiger Artillerie- 
Wirkung Angriffe der Engländer auf Vimy und bei 
FampouX abgewiesen. Südlich der Bachniederung 
führten die Engländer starke Massen zum Stoß gegen 
die deutschen Stellungen vor und eroberten Monchy. 
Südlich und nördlich des Ortes brachen englische 
Angriffe, an denen sich auch Reiterei und Panzer- 
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