Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

sowie nördlich und westlich eines 60 Seemeilen breiten 
Streifens längs der nordafrikanischen Küste beginnend auf 
2 Grad Westlänge. 
Zur Verbindung dieses Seegebiets mit Griechenland führt 
ein 20 Seemeilen breiter Streifen nördlich bezw. östlich fol- 
gender Linie: 38 Grad Nord und 6 Grad Ost nach 38 Grad 
Nord und 10 Grad Ost nach 37 Grad Nord und 11 Grad 
30 Minuten Ost nach 34 Grad Nord und 11 Grad 30 Minuten 
Ost nach 34 Grad Nord und 22Grad 30 Minuten Ost. 
Von hier führt ein 20 Seemeilen breiter Streifen westlich 
22 Grad 30 Minuten östlicher Länge in die griechischen 
Hoheitsgewässer. 
Neutrale Schiffe, die Sperrgebiete befahren, tun dies 
auf eigene Gefahr. Wenn auch Vorsorge getroffen ist, daß 
neutrale Schiffe, die am 1. Februar auf der Fahrt nach Häfen 
der Sperrgebiete sind, während einer angemessenen Frist ge- 
schont werden, so ist doch dringend anzuraten, daß sie mit 
allen verfügbaren Mitteln gewarnt und umgeleitet werden. 
Neutrale Schiffe, die in Häfen der Sperrgebiete liegen, 
können mit gleicher Sicherheit die Sperrgebiete noch ver- 
lassen, wenn sie vor dem S. Februar auslaufen und den 
kürzesten Weg in freies Gebiet nehmen. 
Der Verkehr der regelmäßigen amerikanischen Passagier- 
dampfer kann unbehelligt weitergehen, wenn 
a. Falmouth als Zielhafen genommen wird, 
d. auf dem Hin- und Rückwege die Scillys sowie ein 
Punkt 50Grad Nord, 20 Grad West angesteuert wird. Auf 
diesem Wege werden keine deutschen Minen gelegt werden, 
c.die Dampfer folgende besondere in den amerikanischen 
Häfen ihnen allein gestattete Abzeichen führen: Anstrich des 
Schiffsrumpfes und der Aufbauten 3 Meter breite Vertikal- 
streifen abwechselnd weiß und rot und an jedem Mast eine 
große weiß- und rotkarierte Flagge, am Heck amerikanische 
Nationalflagge. Bei Dunkelheit müssen Nationalflagge und 
Anstrich der Schiffe nach Möglichkeit von weitem gut erkenn- 
bar und die Schiffe durchweg hell erleuchtet sein, 
ä. ein Dampfer wöchentlich in jeder Richtung geht, dessen 
Ankunft in Falmouth Sonntags, Abfahrt aus Falmouth 
Mittwochs erfolgt, 
s. Garantie der amerikanischen Regierung gegeben wird, 
daß diese Dampfer keine Bannware (nach deutschen Bann- 
warelisten) mit sich führen. 
Karten, in welchen die Sperrgebiete eingezeichnet sind, sind 
in je zwei Exemplaren beigefügt. 
Den Negierungen der anderen neutralen Staaten sind 
entsprechende Noten übermittelt worden. 
Diese Note führte in allerkürzester Frist einen Bruch 
mit Amerika herbei, ward also der Anlaß zu einem 
der bedeutungsvollsten Ereignisse des Krieges. Gern 
griff Wilson nicht in den Krieg ein, das kann man 
ihm schon glauben. Ohne Blutvergießen und ohne 
jedes Wagnis hatte Amerika bisher Milliarden Dollars 
verdient — hätte das so bleiben können, so wäre es 
den betenden und psalmensingenden Friedenspredigern 
jenseits des Ozeans recht gewesen. Aber es konnte 
nicht so bleiben, denn nun mit einem Male geriet 
das ganze schöne Geld, das die Jankees den eng- 
lischen Vettern geborgt hatten, in die allergrößte Gefahr. 
Die Washingtoner Staatsmänner wußten es so gut 
wie die Londoner, was der uneingeschränkte l^-Boot- 
krieg bedeutete, nämlich die schwerste Bedrohung nicht 
nur der englischen Weltstellung, sondern des eng- 
lischen Daseins. England kam in Gefahr, zu einer 
Macht zweiten Ranges zu werden und vor allen 
Dingen aufzuhören, ein zahlungsfähiger Schuldner 
zu sein. Das mußte um jeden Preis verhindert 
werden, auch schon deshalb, weil die Amerikaner bei 
der zukünftigen Auseinandersetzung mit Japan, die 
ja früher oder später einmal kommen mußte, ein 
starkes, seebeherrschendes England brauchten. 
Neben diesen rein verstandesmäßigen Erwägungen 
aber fielen doch auch Gefühlswerte bei den Ameri- 
kanern für England ins Gewicht. Nicht nur die 
Blutsverwandtschaft verband beide Völker miteinander, 
sondern gemeinsam war ihnen auch die Sprache, die 
äußere Kultur, die gesellschaftliche Sitte, die Welt- 
anschauung, vor allem die Religion, nämlich drüben 
die Anbetung des Dollars, hüben die des Sovereigns 
unter den Formen des Christentums, und die Ver- 
fassung, die in beiden Ländern dem Volke anscheinend 
viel Freiheit gewährte, in Wahrheit die Herrschaft 
einer Gruppe von Geldleuten sicherte, ebenso wie in 
Frankreich. Das alles trug dazu bei, daß die Ame- 
rikcmer den Engländern trotz ihrer Abneigung gegen 
das geschäftstörende Abenteuer des Krieges nun auch 
mit den Waffen zu Hilfe kamen. Dazu kam noch 
etwas anderes. Deutschland war ihnen das Land, 
das von einer Junkerkaste und einem kriegswütigen 
Tyrannen beherrscht wurde. Das redeten ihnen ihre 
Zeitungen täglich vor. England dagegen war das 
Land der bürgerlichen Freiheit, das nur für den 
Schutz Belgiens in den Krieg gezogen war. Die 
Engländer führten den Krieg mit der größten Mensch- 
lichkeit, während die Deutschen in Belgien unsagbare 
Greuel verübt hatten. Man las ja davon in jeder 
Zeitung und sah die Bilder der zerstörten Städte und 
Dörfer, der geschlachteten Männer und Frauen in 
jedem Lichtspielhaus. Ein Teil des Volkes war aller- 
dings trotzdem deutschfreundlich, die Deutsch-Ameri- 
kaner — Bindestrich - Amerikaner, wie sie Wilson 
höhnisch benannte. Ein anderer Teil war wenigstens 
englandfeindlich, die Iren, aber die Macht und der 
Einfluß beider Gruppen waren in Deutschland weit 
überschätzt worden. Die Deutsch-Amerikaner, an Zahl 
gar nicht gering, waren nirgendwo geeint und zu- 
sammengeschlossen und hatten deshalb zwar für das 
Kulturleben des Volkes viel, für das politische Leben 
dagegen gar nichts zu bedeuten. Sie waren des 
besten Willens, Deutschland zu nützen und betätigten 
ihre Neigung zu dem alten Vaterlande durch Samm- 
lungen, freundliche Zeitungsartikel und Zustimmung?- 
erklärungen, aber die Politik Wilsons vermochten sie 
in keiner Weise zu beeinflussen. Ihre Ohnmacht war 
in Deutschland von Anfang des Krieges an ebenso- 
wenig erkannt worden, wie die Wesens- und Den- 
kungsart des amerikanischen Staatslenkers und der 
großen Masse des amerikanischen Volkes. Durch- 
blättert man die deutschen Zeitungen der ersten Kriegs- 
jähre, so muß man jetzt lächeln, wenn man liest, 
welche Wichtigkeit den Auslassungen deutsch-ameri- 
kanischer Zeitungen beigemessen wurde, und ein 
grimmiges Lachen befällt einen, wenn man sieht, 
wie falsch ein großer Teil der Presse und vollends 
die leitenden deutschen Staatsmänner den Präsidenten 
und sein Volk eingeschätzt haben. Was auch Amerika 
tun mochte, Deutschland zu schädigen und den Eng- 
ländern das Ubergewicht zu sichern, der leitende 
deutsche Staatsmann von Bethmann-Hollweg war 
in den Tiefen seiner ehrlichen Seele fest davon über- 
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