Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

dem Gesetze verpflichtet war, abzuführen, auch wirk- 
tich der Allgemeinheit zukommen zu lassen. Aber 
das gelang nicht im Entferntestem Die Kontrolle bei 
den Erzeugern der Nahrungsmittel wurde in einer 
Weise ausgeübt, die nur durch äußerste Stupidität 
oder durch freundliche Rücksichtnahme der betreffenden 
Instanzen zu erklären ist. Dem Bauer aber war 
es nicht zu verdenken, daß er behielt, was er behalten 
konnte. Die Höchstpreise für seine Erzeugnisse waren 
so gering, daß er sie dafür nicht produzieren konnte, 
wenn er nicht zusetzen wollte. So behielt er denn ge- 
beengt, bedrückt und beschwert. Seine Milchkühe nahm 
man ihm zum Teil hinweg und zwar zu einem 
geringen Preise, seine Schweine mußte er größtenteils 
abschlachten. So fehlte es an Dünger, und auch der 
künstliche Dünger war teuer und schwer zu bekommen, 
denn die Kaliwerke waren von Leuten entblößt, und 
die Bahnen waren durch die Heerestransporte in An- 
spruch genommen. Die Arbeitskräfte auf seinem Hofe 
führte ihm der Staat hinweg. Erwachsene Söhne 
und Knechte wurden ins Heer eingereiht, selbst wenn 
sie von sehr zweifelhafter Körperbeschaffenheit waren, 
Die Eroberung des Kemme! bei Npern: Der Sturm des deutsch 
Morgen des 25. April 1918. Nach einer Zeichnung für die 
wisse Mengen — leider sehr beträchtliche Mengen — 
zurück und verkaufte sie zu den Preisen, die ihm die 
Städter boten. Warum sollte er die 10, 15 oder 
gar 20 Mark, die ihm die in sein Haus eindringenden 
Fremdlinge für ein halbes Pfund Butter anboten, 
nicht annehmen? Im Anfang sträubte sich mancher 
dagegen, es erschien ihm geradezu sündhaft, solche 
Preise zu nehmen. Aber wenn er dann in die Stadt 
kam und für ein Paar Stiefel 100 bis 150 Mark 
zahlen sollte, und das Fett, das er zum Schmieren 
seiner Wagenräder brauchte, teurer wurde als früher 
der teuerste Rheinwein gewesen war, da vergingen 
ihm die Eewissensbedenken, und er nahm mit, 
was ihm geboten wurde. Wie hätte es anders sein 
können? In jeder Weise sah der Bauer sein Leben 
en Alpenkorps auf den als uneinnehmbar bezeichneten Berg am 
„Jllustrirte Zeitung" von dem Kriegsteilnehmer Albert Neich. 
und die erwachsenen und halberwachsenen Mädchen 
strömten in die Munitionsfabriken, die überall wie 
Pilze aus dem Erdboden schössen. Dort verdienten 
sie einen sündhaft hohen Lohn, den Tag 8 oder 10 
Mark und mehr, und konnten in ihren Freistunden 
und an den Abenden und bis in die Nacht hinein 
tun, was sie wollten. Dazu kam, daß er seines Eigen- 
tums niemals sicher war. Jeden Tag konnte eine 
neue Verordnung erscheinen, die ihn zwang, von seinen 
Vorräten an Heu oder Hafer oder Kartoffeln wieder 
etwas abzuliefern, und die Schnüffeleien der Behörden 
in seinen Ställen, Kellern und Vorratsräumen hörten 
nicht auf. Wollte er nicht unter die Räder geraten, 
so mußte er zugreifen, wo etwas zu verdienen war, 
auch wenn ihm der Verdienst nicht ganz rechtlich 
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