Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

Truppenmassen nach Europa zu werfen. Er wußte 
auch, unterstützt durch eine ausgezeichnet geschulte und 
verständnisvolle Presse, die Ententevölker mit der Zu- 
verficht zu erfüllen, daß die amerikanische Hilfe trotz 
aller Schwierigkeiten und Niederlagen sie schließlich 
aus aller Not herausreißen werde. Auf Wilsons 
Kriegswillen konnte er sich ja verlassen. Der Prä- 
sident hielt am 6. April in Baltimore eine Rede, in 
der er erklärte, der Krieg sei nur hervorgerufen durch 
die Weltherrschaftspläne der deutschen militärischen 
Führer, die Deutschland beherrschten, und so müsse 
die amerikanische Union den Kampf aufnehmen, um 
ihrer Stellung als großer Nation und „um ihrer 
Mission" willen. Die Rede schloß mit den Worten: 
„Gewalt bis zum Äußersten". 
Den Worten entsprachen die Taten. Amerika hob 
rücksichtslos gewaltige Menschenmassen aus und schickte 
sie nach Frankreich hinüber. Dort wurden sie aus- 
gerüstet, notdürftig einezcerziert und dann an die 
Front geworfen. Sie hatten nur den Wert von Mi- 
liztruppen, aber die Mehrzahl der deutschen Er- 
fatztruppen war auch nicht viel besser geübt und 
gedrillt, und die Amerikaner waren nicht kriegsmüde 
oder kriegsverdrossen, sondern ganz erfüllt von der 
Überzeugung, daß sie die Sache der Freiheit, des 
Fortschritts, der Kultur und des Christentums gegen 
eine barbarische, kulturfeindliche, unchristliche Macht 
vertraten. Die ungeheure Mehrzahl dieser Leute 
wußte nicht, daß die Deutschen unter ihren angeb- 
lichen Tyrannen viel freier waren als die Bürger 
der Union, hatten überhaupt kaum eine Ahnung von 
den Zuständen in Deutschland, während ihr Präsi- 
dent bewußt die Unwahrheit sprach, als er Deutsch- 
land herabsetzte. Denn früher hatte er es das best- 
regierte Land Europas genannt. 
Im April war die amerikanische Hilfe noch wenig 
fühlbar. Die große Schlacht in Frankreich war zum 
Slehen gebracht worden, weil die franzöfisch-englische 
Führung noch in letzter Stunde große Reserven her- 
angebracht hatte, und weil die Deutschen allzugroße 
Schwierigkeiten hatten, Kriegsbedarf an die Front 
heranzubringen und ihre Truppen genügend zu ver- 
pflegen. Darum stellten sie ihren Großangriff ein, 
aber im einzelnen errangen sie im April noch manchen 
schönen Erfolg. Am 6. erzwangen sie den Ubergang 
über die Oise, erstürmten die Vorstädte von Chauny 
und brachten mehr als 1400 Gefangene ein. , Am 
7. fielen mehrere Ortschaften und die Höhen von 
Folembray in ihre Hand, am 8. eroberten sie Landri- 
court und Eoucy-le-Ehäteau, Die Franzosen wurden 
über den Aisne-Oise-Kanal zurückgeworfen. 
Zwischen Armentieres und dem La-Bassee-Kanal 
begann vom 9. April an eine neue Schlacht. Sie 
bezweckte nicht den Durchbruch der englischen Stel- 
lungen, sondern diente der Verbesserung der deutschen 
Stellungen und der Vorbereitung der deutschen An- 
griffsfront. Am ersten Tage erstürmten die Deut- 
schen die erste Linie, wo neben Engländern auch 
Portugiesen standen, eroberten 100 Geschütze und 
brachten 6000 Gefangene zurück. Das Vorgehen 
der Deutschen verlangsamte sich am Abend, auch 
am folgenden Tage kamen sie nur wenig vorwärts. 
Aber am 11. April fiel Armentieres, und auch Mer- 
Dille wurde von ihnen erobert. Bisher hatte der 
Sieg den Deutschen 20000 Gefangene eingebracht. 
Um die Engländer zu zwingen, die Verstellung 
zu räumen, richteten die Deutschen ihre Absicht auf 
die Eroberung der Höhen im Norden der Lpsebene. 
Sie gelang in langsamem, zähem Ringen. Tag für 
Tag rückten die deutschen Linien vorwärts; franzö- 
fische Gegenangriffe an der Somme, die zur Ent- 
lastung der Engländer unternommen wurden, schei- 
terten unter schweren Verlusten der Angreifer. Am 
10. April gelangten die Deutschen in den Besitz von 
Bois Grenier, Neuve - Ehapelle, Hollebeke, am 13. 
gewannen sie Merris und VieuX Berquin, am 15. 
Wulvergem, am 16. Passchendaele, Eappelynde, Bail- 
leul und Meteren, am 17. Poelcapelle, Langemarck 
und Zonnebeke, alles Ortschaften, die fast scit Beginn 
des Krieges heiß umstritten waren, d. h. die Ruinen 
dieser Ortschaften, denn in Wahrheit war in ihnen 
kein Haus mehr heil und ganz. Mit besonderer Ge- 
nugtuung verzeichnete der deutsche Heeresbericht am 
20. April eine blutige Niederlage der Amerikaner bei 
Seichepreey. Am 25. April gelang den Deutschen ein 
Hauptschlag. Sie eroberten den gewaltigen Kemmel- 
berg, der die Gegend weithin beherrschte. Dabei 
machten sie 6500 Gefangene. Die Engländer sahen 
sich nun genötigt, emen Teil des Geländes von Ipern 
zu räumen, machten aber selbstverständlich mit den 
Franzosen gemeinsam die heftigsten Anstrengungen, 
den Kemmel zurückzuerobern. Die nächsten Wochen 
vergingen unter diesen erbitertten Kämpfen, die ihnen 
viel Blut kosteten, aber erfolglos blieben. 
Erwähnt fei noch, daß die Deutschen am 22. April 
ihren erfolgreichsten Kampfflieger verloren. Rittmeister 
Freiherr Manfred von Richthofen fiel durch einen 
Schuß ins Herz bei der Verfolgung eines feindlichen 
Flugzeugs, nachdem er kurz zuvor seinen 80. Luft- 
sieg errungen hatte. Die Franzosen begruben ihn 
ehrenvoll und legten Kränze auf sein Grab, davon 
einer die Inschrift trug: „Einem tapfern und würdigen 
Feinde". In Deutschland erregte der frühe Tod des 
Helden tiefe Teilnahme und große Trauer. 
Vis gegen Ende Mai unternahmen die Deutschen 
keine Großangriffe mehr, und ihre Feinde waren 
nicht in der Lage, fie zu unternehmen. Die Hälfte 
der französischen Dioisonen war abgekämpft, da sie 
den Engländern hatten Hilfe leisten müssen, und von 
den 59 englischen Divisionen, die in Frankreich und 
Flandern standen, hatten 53 an der Schlacht teil- 
genommen, die Hälfte davon war mehrmals einge- 
setzt gewesen. So konnte Foch nur Teilangriffe un- 
ternehmen, die sich alle um die Rückeroberung des 
Kemmels drehten, alle ergebnislos, aber für beide Teile 
sehr verlustreich. 
Am 27. Mai begann ein neuer deutscher Durch- 
bruchsversuch. Da möge denn hier des Mannes
	        
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