Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

Vorschläge gemacht. Statt dessen erklären sie einen Frie- 
den für unmöglich, solange nicht die Wiederherstellung der 
verletzten Rechte und Freiheiten, die Anerkennung des Grund- 
satzes der Nationalitäten und der freien Existenz der kleinen 
Staaten gewährleistet sei. Die Ausrichtigkeit, die der Gegner 
dem Vorschlag der vier verbündeten Mächte abspricht, wird 
die Welt diesen Forderungen nicht zubilligen können, wenn 
sie sich das Geschick des irischen Volkes, die Vernichtung der 
Freiheit und Unabhängigkeit der Vurenrepubliken, die Unter- 
werfung Nordafrikas durch England, Frankreich und Italien, 
die Unterdrückung der russischen Fremdvölker und schließlich 
die ohne Vorgang in der Geschichte dastehende Vergewalti- 
gung Griechenlands vor Augen hält. 
Auch über die angeblichen Völkerrechtsverletzungen der vier 
Verbündeten sind diejenigen Mächte nicht befugt, Beschwerde 
zu führen, die von Beginn des Krieges an das Recht mit 
Füßen getreten und die Verträge, auf denen es beruht, zer- 
rissen haben. England sagte sich schon in den ersten Wochen 
des Krieges von der Londoner Deklaration los, deren Inhalt 
seine eigenen Delegierten als geltendes Völkerrecht anerkannt 
hatten und verletzte im weiteren Verlauf des Krieges auch die 
Pariser Deklaration aufs schwerste, so daß durch seine will- 
kürlichen Maßregeln für die Kriegführung zur See der Zu- 
stand der Rechtlosigkeit eintrat. 
Der Aushungerungskrieg gegen Deutschland und der in 
Englands Interesse ausgeübte Druck auf die Neutralen steht 
mit den Regeln des Völkerrechts nicht minder in schreiendem 
Widerspruch wie mit den Geboten der Menschlichkeit. 
Ebenso völkerrechtswidrig und mit den Grundsätzen der 
Zivilisation unvereinbar ist die Verwendung farbiger Trup- 
pen in Europa und das Hineintragen des Krieges nach Afrika, 
das unter Bruch bestehender Verträge erfolgt ist und das An- 
sehen der weißen Rasse in diesem Weltteil untergräbt. Die 
unmenschliche Behandlung der Gefangenen, besonders in Af- 
rika und in Rußland, die Verschleppung der Zivilbevölkerring 
aus Ostpreußen, Elsaß-Lothringen, Galizien und der Buko- 
wina sind weitere Beweise, wie die Gegner Recht und Kul- 
tur achten. 
Am Schluß ihrer Note vom 30. Dezember verweisen die 
Gegner auf die besondere Lage Belgiens. 
Die Kaiserliche Regierung vermag nicht anzuerkennen, daß 
die Belgische Regierung immer die Pflichten beobachtet hat, 
die ihr ihre Neutralität auferlegte. Schon vor dem Kriege 
hat Belgien unter der Einwirkung Englands sich militärisch 
an England und Frankreich angelehnt und damit den Geist 
der Verträge selbst verletzt, die seine Unabhängigkeit und seine 
Neutralität sicherstellen sollten. Zweimal hat die Kaiserliche 
Regierung der Belgischen Regierung erklärt, daß sie nicht als 
Feind nach Belgien komme, und sie gebeten, dem Lande die 
Schrecken des Krieges zu ersparen. Sie hat sich für diesen 
Fall erboten, Besitzstand und Unabhängigkeit des Königreichs 
in vollem Umfang zu garantieren und allen Schaden zu er- 
setzen, der durch den Durchzug der deutschen Truppen verur- 
sacht werden könne. Es ist bekannt, daß die Königlich Groß- 
britannische Regierung im Jahre 1887 entschlossen war, sich der 
Inanspruchnahme eines Wegerechts durch Belgien unter diesen 
Voraussetzungen nicht zu widersetzen. Die Belgische Regierung 
hat das wiederholte Anerbieten der Kaiserlichen Regierung abge- 
lehnt. Auf sie und diejenigen Mächte, die sie zu dieser Hal- 
tung verführt haben, fällt die Verantwortung für das Schick- 
sal, das Belgien betroffen hat. Die Anschuldigungen wegen 
der deutschen Kriegführung in Belgien und die dort im In- 
teresse der militärischen Sicherheit getroffenen Maßnahmen hat 
die Kaiserliche Regierung wiederholt als unwahr zurückgewiesen. 
Sie legt erneut energische Verwahrung gegen diese Verleum- 
düngen ein. 
Deutschland und seine Bundesgenossen haben einen ehr- 
lichen Versuch gemacht, den Krieg zu beendigen und eine Ver- 
ständigung der Kämpfenden anzubahnen. Die Kaiserliche Re¬ 
gierung stellt fest, daß es lediglich von dem Entschluß ihrer 
Gegner abhing, ob der Weg zum Frieden betreten werden 
sollte oder nicht. Die feindlichen Regierungen haben es ab- 
gelehnt, diesen Weg zu gehen, auf sie fällt die volle Verant- 
wortung für den Fortgang des Blutvergießens. Die vier ver- 
bündeten Mächte aber werden den Kampf in ruhiger Zuver- 
ficht und im Vertrauen auf ihr gutes Recht weiterführen, bis 
ein Friede erstritten ist, der ihren eigenen Völkern Ehre, Da- 
sein und Entwicklungsfreiheit verbürgt, allen Staaten des euro- 
päischen Kontinents aber die Wohltat schenkt, in gegenseitiger 
Achtung und Gleichberechtigung gemeinsam an der Lösung der 
großen Kulturprobleme zu arbeiten." 
Der kraftvolle, selbstsichere Ton der Note, der Hin- 
weis auf Belgiens Verschuldung, die Gegenüber- 
stellung der beiderseitigen Art der Kriegführung, 
das alles konnte seinen Eindruck auf Leute, die noch 
nicht wie Wilson auf England eingeschworen waren, 
nicht verfehlen und hat ihn nicht verfehlt. An das 
deutsche Volk richtete der Kaiser am 12. Januar einen 
markigen Aufruf, in dem es hieß: 
„Unsere Feinde haben die Maske fallen lassen. 
Erst haben sie mit Hohn und heuchlerischen Worten von 
Freiheitsliebe und Menschlichkeit unser ehrliches Friedensan- 
gebot zurückgewiesen. In ihrer Antwort an die Vereinigten 
Staaten haben sie sich jetzt darüber hinaus zu einer Erobe- 
rungssucht bekannt, deren Schändlichkeit durch ihre verleum¬ 
derische Begründung noch gesteigert wird. 
Ihr Ziel ist die Niederwerfung Deutschlands, die Zerstücke- 
lung der mit uns verbündeten Mächte und die Knechtung der 
Freiheit Europas und der Meere unter dasselbe Joch, das 
zähneknirschend Griechenland jetzt trägt. 
Aber was sie in dreißig Monaten des blutigsten Kampfes 
und des gewissenlosesten Wirtschaftskrieges nicht erreichen konn- 
ten, das werden sie auch in aller Zukunft nicht vollbringen. 
Unsere glorreichen Siege und die eherne Willenskraft, mit der 
unser kämpfendes Volk vor dem Feinde und daheim jedwede Müh- 
sal und Not des Krieges getragen hat, bürgen dafür, daß unser 
geliebtes Vaterland auch fernerhin nichts zu fürchten hat. Hell- 
flammende Entrüstung und heiliger Zorn werden jedes deut- 
schen Mannes und Weibes Kraft verdoppeln, gleichviel ob sie 
dem Kampfe, der Arbeit oder dem opferbereiten Dulden ge- 
weiht ist. 
' Der Gott, der diesen herrlichen Geist der Freiheit in unseres 
tapferen Volkes Herz gepflanzt hat, wird uns und unseren 
treuen sturmerprobten Verbündeten auch den vollen Sieg über 
alle feindliche Machtgier und Vernichtungswut geben." 
Wieder wie im Anfang des Krieges richtete sich 
der Zorn des Volkes vornehmlich gegen England. 
Mochten immerhin die Eroberungsgier der russischen 
Großfürsten und die Revanchelust Frankreichs den 
Krieg entfacht haben, jetzt, das sah so ziemlich jeder 
in Deutschland und den ihm verbündeten Ländern 
ein, war England der größte Feind, der den Frieden 
unmöglich machte, und der niedergerungen werden 
mußte, ehe an ein Aufhören des Blutvergießens auch 
nur zu denken war. Auch Kreise, die bisher noch 
gewarnt hatten, „England bis aufs Äußerste zu reizen", 
sahen ein, daß gegen den Vernichtungswillen der 
Briten nunmehr jedes Mittel in Anwendung ge- 
bracht werden mußte, das Erfolg versprach. 
Die Ereignisse im Orient vom 1. Juli bis Ende 1916. 
^7^ as zweite Halbjahr des Orientkrieges im Jahre 1916 
^/war überaus arm an bedeutenden Ereignissen, 
und von großen Ereignissen war überhaupt nicht die 
Rede. Im ganzen waren die Türken vom Glück 
begünstigt und machten ihren Gegnern weidlich zu 
schaffen. Das gilt vor allem von den Kämpfen 
an der Kaukafus-Front, von denen zuerst berichtet 
werden soll. Nur die verhältnismäßig bedeutendsten 
Gefechte auf diesem Nebenkriegsschauplatz sollen Er- 
wähnung finden. 
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