Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

lrotz ihrer unleugbar großen Tapferkeit nicht vor- 
rockte. Das Ziel der russischen Angriffe war Lem- 
berg, aber auch in den gewaltigen und furchtbaren 
Kämpfen des 6. und 8. Juli bei Konjuchy, Vatkow 
und Zwyzyn, bei Vrzezany und Stanislaus konnte 
der Durchbruch nicht erzwungen werden. Wohl 
drückte Kornilow mit 
seinen Massen Böhm- 
Ermolli am 8. Juli 12 
Kilometer weit gegen 
die Waldhöhen des Cza- 
ryalas zurück, und am 
9. mußten die Deutschen 
und ihre Verbündeten 
hinter den Unterlauf 
des Bukowiza-Baches 
zurückgehen. Aber von 
entscheidender Bedeu- 
tung war das alles nicht. 
Am 11. drang Korni- 
low nach Kalufz vor, 
mutzte es aber am 16. 
Juli wieder räumen, 
und das war nur das 
Vorspiel zu dem großen 
deutschen Gegenangriff, der am 19. Juli begann 
und den Russen nicht nur die geringen Vorteile 
wieder entriß, die sie unter Aufopferung riesiger 
Menschenmassen in den letzten Wochen erkämpft 
hatten, sondern der ihnen die ganzen Eroberungen 
der vorjährigen Brussilowschen Offensive kostete. 
Dieser Durchbruch durch die russischen Kampflinien 
war dem zu vergleichen, den Mackensen bei Eor- 
lice—Tarnow nach 
Hindenburgs und 
Ludendorffs Plä- 
nen ausgeführt hat- 
te. Die beiden gro- 
ßen deutschen Feld- 
Herren hatten auch 
hier in aller Stille 
die großen Schläge 
vorbereitet, die nun 
auf das russische 
Heer niedersausten. 
Am 19. Juli bra- 
chen deutsche Ar- 
meekorps gegen die 
russischen Stellun- 
gen zwischen Sereth 
und Zlota Lipa vor 
und stießen die Ver- 
teidigungszonen durch. Am 20. folgten sie den 
weichenden Russen ungestüm nachdringend und 
überschritten in 40 Kilometer Breite die Straße Zloc- 
zow—Tarnopol. Brennende Dörfer bezeichneten den 
Weg des fluchtartigen Rückzuges der Russen, denn 
die Truppen der glorreichen Republik verfuhren 
bei ihren Rückzügen genau so wie einst die 
Blick auf Riga vom Turme der Petrikirche aus. 
Deutsche Truppen an der Fährstelle des Dünakais. 
Truppen des Zaren. Zugleich mit diesem Angriff 
der Deutschen unter dem Prinzen von Bayern 
hatte auch Böhm-Ermolli vorzugehen begonnen 
und schlug den Hauptteil der 11. russischen Armee. 
Am 21. erreichte das Böhm-Ermollische Heer in 
seinem unaufhaltsamen Vordringen schon die Bahn 
Vrzezany — Tarnopol, 
und unter dem wach- 
senden Drucke aus ihre 
Flanken begann nun 
auch die 7.russische 
Armee sich rückwärts 
zu bewegen. 
„Westlich von Tarno- 
pol", so sagte der russische 
Heeresbericht des 21. Juli, 
„setzte der Feind seineOffen- 
sive in der allgemeinen Rich- 
tung Tarnopol und mehr 
südlich längs der Strypa 
fort. Unsere Truppen, die 
den Befehlen ihrer An- 
führer jeden Gehorsam ver- 
weigerten, zogen sich weiter 
über den Sereth zurück 
und ergaben sich hier und 
da dem Feinde. Allein die 
155. Infanteriedivision lei- 
stete dem Gegner Wider- 
stand in der Gegend Doljowke—Douonwytscha, desgleichen 
Panzerautomobile, die die deutsche Kavallerie auf dem Wege 
nach Tarnopol beschossen. Am Abend des 21. Juli hielten sich 
unsere Truppen auf der Front Zalocze —Tarnopol—Nasch- 
kowtse. Das Dorf Zagrabela, ein Vorort Tarnopols, ist in 
die Hände des Feindes übergegangen. Trotz unserer er- 
drückenden Überlegenheit an Streitkräften und technischen 
Mitteln in allen Angriffsabschnitten dauert unser Rückzug 
ununterbrochen an. Unfern Truppen fehlt es völlig an Stand- 
haftigkeit. Sie erörtern unaufhörlich die Frage, ob diese 
oder jene Staatsform durchzuführen sei und leihen aufmerk- 
sam Gehör dem ver- 
brecherischen Pro- 
gramm der maXimali- 
stischen Sozialdemo- 
kraten usw." 
Mit verblüffen- 
der Offenheitwurde 
somit die völlige 
Zerrüttung des 
Heeres und ihre 
Ursache zugegeben, 
während früher die 
russischen Heeres- 
berichte an Verlo- 
genheit alle anderen 
übertroffen hatten 
— und das wollte 
etwas sagen — und 
selten eine Nieder- 
läge eingestanden 
oder einen Schaden beim rechten Namen genannt 
hatten. Wahrscheinlich sollte damit den Engländern 
gesagt werden, daß Rußland nicht lange mehr die 
Waffen führen könne, auch beim besten Willen 
nicht, auch dann nicht, wenn die Verbündeten, 
wie es jetzt geschehen war, Kanonen, Schieß- 
bedarf, alle technischen Hilfsmittel, sogar Offiziere 
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