Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

Gebote standen, nunmehr schonungslos vorgehen wolle, 
was man bisher in weiten Kreisen vermißt hatte. 
Inzwischen war auch ein Friedensvorschlag von 
anderer Seite her erfolgt. Der amerikanische Ee- 
schäftsträger in Berlin überreichte am 21. Dezember 
dem Staatssekretär des deutschen Auswärtigen Amtes 
im Auftrage seines Präsidenten eine Note, die in der 
Übersetzung folgendermaßen lautete: 
Berlin, den 21. Dezember 1916. 
„Euer EXzellenz beehre ich mich mitzuteilen, daß der Präsi- 
dent der Vereinigten Staaten mir Weisung gegeben hat, 
durch Vermittlung Euer Exzellenz bei der Kaiserlich Deutschen 
Regierung ein Verfahren mit Bezug auf den gegenwärtigen 
Krieg in Anregung zu bringen. Der Präsident hofft, daß 
die Kaiserlich Deutsche Negierung es in Erwägung ziehen 
werde, als eine Anregung, die in freundschaftlichster Gesinnung 
gemacht ist, und zwar nicht nur von einem Freunde, sondern 
zugleich von einem Vertreter einer neutralen Nation, deren 
Interessen durch 
den Krieg ernst¬ 
lich in Mitleiden- 
schaft gezogen 
worden sind und 
deren Interesse 
an einer baldigen 
Beendigung des 
Krieges sich dar- 
aus ergibt, daß 
sie offenkundig 
genötigt wäre, 
Bestimmungen 
über den best- 
möglichen Schutz 
ihrer Interessen 
zu treffen, falls 
der Krieg fort- 
dauern sollte. 
Der Präsident 
hat sich schon 
lange mit dem 
Gedanken getra- 
gen, den Vor- 
schlag, den ich 
Weisung habe, 
zu übermitteln, 
zu machen. Er macht ihn im gegenwärtigen Augenblick nicht 
ohne eine gewisse Verlegenheit, weil es jetzt den Anschein er- 
wecken könnte, als sei er angeregt von dem Wunsche, im Zu- 
sammenhang mit dem jüngsten Vorschlag der Zentralmächte 
eine Nolle zu spielen. Tatsächlich ist der ursprüngliche Ge- 
danke des Präsidenten in keiner Weise auf diese Schritte zu- 
rückzuführen, und der Präsident hätte mit seinem Vorschlag 
gewartet, bis diese Vorschläge unabhängig davon beantwortet 
worden wären, wenn seine Anregung nicht auch die Frage 
des Friedens beträfe, die am besten im Zusammenhang mit 
anderen dahinzielenden Vorschlägen erörtert wird. Der Präsi- 
dent bittet nur, daß seine Anregung allein nach ihrem eigenen 
Werte und so beurteilt werde, als wäre sie unter anderen Ver- 
Hältnissen gemacht worden. 
Der Präsident regt an, daß baldigst Gelegenheit genommen 
werde, von allen jetzt kriegführenden Staaten ihre Ansichten 
über die Bedingungen zu erfahren, unter denen der Krieg 
zum Abschluß gebracht werden könnte und über die Vor- 
kehrungen, die gegen die Wiederholung des Krieges oder die 
Entfachung irgendeines ähnlichen Konfliktes in der Zukunft 
zufriedenstellende Bürgschaft leisten könnten, so daß sich die 
Möglichkeit biete, sie offen zu vergleichen. Dem Präsidenten 
ist die Wahl der zur Erreichung dieses Zieles geeigneten Mittel 
gleich. Er ist gerne bereit, zur Erreichung dieses Zweckes in 
jeder annehmbaren Weise seinerseits dienlich zu sein oder 
sogar die Initiative zu ergreifen; er wünscht jedoch nicht, die 
Art und Weise und die Mittel zu bestimmen. Jeder Weg 
wird ihm genehm sein, wenn nur das große Ziel, das er im 
Auge hat, erreicht wird. 
Der Präsident nimmt sich die Freiheit, darauf hinzuweisen, 
daß die Ziele, die die Staatsmänner beider kriegführenden 
Parteien in diesem Kriege im Auge haben, dein Wesen nach 
die gleichen sind; sie haben sie ja in allgemeinen Worten 
ihren eigenen Völkern und der Welt kundgegeben. 
Beide Parteien wünschen für die Zukunft die Rechte und 
Freiheiten schwacher Völker und kleiner Staaten ebenso gegen 
Unterdrückung oder Verneinung gesichert zu sehen, wie die 
Rechte und Freiheiten der großen und mächtigen Staaten, 
die jetzt Krieg führen. Jeder wünscht sich neben allen anderen 
Nationen und Völkern in Zukunft gesichert zu sehen gegen 
die Wiederholung eines Krieges wie des gegenwärtigen sowie 
gegen Angriffe und eigennützige Störungen jeder Art. Jeder 
glaubt der Bildung weiterer gegnerischer Vereinigungen, die 
unter wachsendem Argwohn ein unsicheres Gleichgewicht der 
Mächte herbeiführen würde, mit Mißtrauen entgegensehen zu 
sollen. Aber jeder ist bereit, die Bildung einer Liga von 
Nationen in Erwägung zu ziehen, die den Frieden und die 
Gerechtigkeit in der ganzen Welt gewährleistet. Ehe jedoch 
dieser letzte Schritt getan werden kann, hält jede Partei es für 
notwendig, zunächst die mit dem gegenwärtigen Krieg ver- 
knüpften Fragen unter Bedingungen zu lösen, die die Un- 
abhängigkeit, die territoriale Integrität sowie die politische und 
wirtschaftliche Freiheit der an dem Kriege beteiligten Nationen 
sicherlich gewährleisten. — Das Volk und die Regierung 
der Vereinigten 
Staaten haben 
an den Maßnah- 
inen, die in der 
Zukunft den Frie- 
denderWelt sicher¬ 
stellen sollen, ein 
ebenso dringen- 
des und unmittel- 
bares Interesse, 
wie die jetzt im 
Kriege befind¬ 
lichen Regierun¬ 
gen. IhrInteresse 
an den Maßnah- 
men, die ergriffen 
werden sollen, um 
die kleineren und 
schwächeren Völ- 
ker der Welt Vör¬ 
den Gefahren der 
Zufügung eines 
Unrechtes und der 
Vergewaltigung 
zu schützen, ist 
ebenso lebhaft 
und brennend, 
wie das irgendeines anderen Volkes oder einer anderen 
Regierung. Das amerikanische Volk und die Regierung sind 
bereit, ja, sie sehnen sich danach, nach Beendigung des Krieges 
bei der Erreichung dieses Zieles mit allem ihnen zu Gebote 
stehenden Einfluß und Mitteln mitzuwirken. Aber der Krieg 
muß erst beendet sein. Die Vereinigten Staaten müssen es 
sich versagen, die Bedingungen vorzuschlagen, auf Grund deren 
der Krieg beendigt werden soll. 
Aber der Präsident sieht es als sein Recht und als seine 
Pflicht an, das Interesse der Vereinigten Staaten an der Be- 
endigung des Krieges darzutun, damit es nicht einst zu spät 
ist, die großen Ziele, die sich nach Beendigung des Krieges 
auftun, zu erreichen, damit nicht die Lage der neutralen Staa- 
ten, die jetzt schon äußerst schwer zu ertragen ist, ganz uner- 
träglich wird, und damit vor allem nicht die Zivilisation einen 
nicht zu rechtfertigenden und nicht wieder gutzumachenden 
Schaden erleidet. 
Der Präsident fühlt sich daher durchaus gerechtfertigt, 
wenn er eine alsbaldige Gelegenheit zu einem Meinungsaus- 
tausch über die Bedingungen anregt, die den schließlichen Ver- 
einbarungen für den Weltfrieden vorausgehen müssen, die 
jedermann wünscht und bei denen die neutralen Staaten ebenso 
wie die kriegführenden bereit sind, in voll verantwortlicher 
Weise mitzuwirken. Wenn der Kampf bis zum unabsehbaren 
Ende durch langsame Aufreibung fortdauern soll, bis die eine 
oder die andere Gruppe der Kriegführenden erschöpft ist, wenn 
Millionen und aber Millionen Menschenleben weiter geopfert 
werden sollen, bis auf der einen oder der anderen Seite nichts 
mehr zu opfern ist, wenn Erbitterung angefacht werden soll, 
die niemals abkühlen kann, und Verzweiflung erzeugt wird, 
von der sich niemand erholen kann, dann werden die Hoff- 
nungen auf Frieden und freiwilliges Zusammenarbeiten freier 
Vlick auf die bulgarische Stadt Svistov. 
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