Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

Entbehrungen und mögliches Verderben." Das war 
getmji wahr gesprochen, aber wo war das Mittel, 
ein Weitergehen der bisherigen Verluste zu vermeiden? 
Es stellte sich mit jedem Monat deutlicher heraus, 
daß es keins gab. Die Engländer strengten sich ja 
gewaltig an, soviel I^I-Voote wie möglich zu versenken, 
und sie trugen auch wirklich manchen Erfolg davon, 
sowohl durch ihre Wasser- und sonstigen Flugzeuge, 
als durch ihre t/-Voolzerstörer, Aber entscheidend 
waren ihre Erfolge doch nicht, denn sie vermochten 
nicht die Zahl der deutschen I^-Boote zu verringern, 
im Gegenteil nahm die deutsche 11-Bootflotle an Zahl 
der Schiffe immer, wenn auch nicht eben schnell, zu, 
und zudem baute Deutschland immer leistungsfähigere 
Boote. Aus 
den kleinen 
Kästen, mit 
deren einem 
Weddigen seine 
Heldentaten 
vollbracht hat- 
te, wurden all- 
mählich Unter- 
seekreuzer, die 
viele tausend 
Seemeilen weit 
fahren, wochen- 
lang in See 
bleiben konn- 
ten. So 
schoß am 4.Juli 
ein deutsches 
Unterseeboot 
Punta Del- 
gada auf den 
Azoren, ein 
zweites am 
30. Juli die 
militärischen 
Anlagen von 
Homs in Tripolis, und das Feuer der Abwehrbatterien 
auf dem Lande blieb dagegen wirkungslos. Auf eine 
gewaltsame Niederringung der deutschen l^-Voote war 
demnach gar nicht zu rechnen, und wenn Leute wie 
Churchill und Lloyd George trotzdem fortfuhren, ihr 
Volk zu versichern, „es bestehe alle Aussicht, der 
tl-Bootgefahr Herr zu werden", so konnten sie das 
unmöglich selbst glauben. Sie glaubten es auch wirklich 
nicht, sondern die eigentliche Rettung aus der immer 
drohender vor ihnen aufsteigenden Gefahr sahen die 
englischen Staatsmänner in dem vermehrten Bau 
von Schiffen. Es müssen so viele Schiffe gebaut 
werden, daß die Hunnen mit allen ihren Booten 
uns die Versorgung unseres Landes mit Lebensmitteln 
und die Weiterführung des Uberseekrieges nicht un- 
möglich machen können — das war jetzt der Leit- 
gedanke aller der Reden, die über den Seekrieg in 
England gehalten wurden. Aber auch in dieser Hin- 
ficht waren die Aussichten für das meerbeherrschende 
Admiral Scheer, der Chef der deutschen Hochseeflotte, begrüßt an Bord eines Kriegsschiffes 
in Wilhelmshaven den türkischen Marineininister Dschemal-Pascha. 
Albion sehr düster. Was England unter Anspannung 
aller Kräfte selbst bauen konnte, das wurde in zwei, 
bestenfalls drei Monaten von den Deutschen versenkt. 
Rußland, Italien, Japan kamen überhaupt nicht in 
Betracht. Frankreich konnte nicht einmal seine eigenen 
Abgänge ersetzen. Die Neutralen in Europa konnten 
auch nicht viel leisten, ja sie wurden hier und da 
sehr bedenklich, ob sie ihren verfügbaren Schiffsraum 
noch im Sperrgebiete fahren lassen sollten und taten 
es nur, weil die Engländer einen harten Druck auf 
sie ausübten. So blieb allein Amerika als Rettung?- 
anker übrig, und mit dem Hinweis auf seine Hilfe 
vertrösteten die führenden Männer immer wieder 
ihr Volk. Wilson erklärte beständig aufs neue. 
er werde die 
Schwesterna- 
tion nimmer- 
mehr im Stich 
lassen und nicht 
bis die 
Freiheit der 
Welt gerettet 
sei, die von 
dem furchtba- 
Wilhelm II. 
und seiner blut- 
lechzenden 
Kriegerkaste in 
Deutschland be- 
droht sei. Auch 
die Presse Ame- 
rikas stellte die 
großartigste 
Hilfe in Aus- 
ficht. EinMil- 
lionenheer und 
Schiffe, soviel 
ihrer das eng- 
lische Herz be° 
gehrte — zwei 
Millionen, drei, vier Millionen Tonnen jährlich, 
es kam ihnen gar nicht darauf an. Und eine große 
Handelsflotte wollten die Dankees ja auch wirklich 
bauen, denn nach dem Kriege wollten sie dieselbe 
Rolle als Großverfrachter im Welthandel spielen, die 
Großbritannien vor dem Kriege gespielt hatte. Sie 
erkannten, daß dazu jetzt die Zeit gekommen sei, ge- 
rade wie Japan seine Zeit aufs klügste erkennen und 
auszunutzen wußte, aber sie mußten die Erfahrung 
machen, daß sich weder Flotten noch Heere aus der 
Erde stampfen lassen, auch nicht von einem Volke, 
das unleugbar über große Hilfsmittel gebot. Viel 
langsamer als Wilson sich das gedacht hatte, ging 
die Aufstellung und Ausbildung des Heeres vonstatten, 
obwohl die Franzosen Offiziere über den Ozean 
schickten, die dem großen Bundesgenossen die An- 
fangsgründe des Militärwesens beibringen -sollten. 
Von einer wirksamen Hilfe auf dem europäischen 
Kriegsschauplatze war im ganzen Sommer 1917 noch 
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