Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

Fej$#. 
*1 
an das französische Vaterland geschmiedet, das heldenmütige 
Belgien. . . wiederhergestellt und den preußischen Militaris- 
mus zerbrochen haben wird, um auf Grundlage der Gerechtig- 
keit endlich ein neugeborenes Europa aufbauen zu können. . 
Gegen diese unverhüllte Proklamation des Kampfes bis 
zum Weißbluten hatten weder die sozialistischen Minister, noch 
auch die sozialistische Kammerfraktion, noch endlich auch der 
sozialdemokratische Parteivorstand auch nur ein Wort des 
Widerspruchs zu erheben! Warum sie schwiegen, erklärten sie 
kurz darauf in einem Manifest an die Partei' (Humanite vom 
23. Dezember 1914): 
,Getreu der Disziplin der Einigkeit, die die Nation sich dem 
Feinde gegenüber anferlegt, hat die sozialistische Fraktion im 
Parlament auch nicht mit einem Wort die von allen Franzosen 
beschlossene Einheit 
trüben wollen. Sie 
hat sich jeder Erklä- 
rung enthalten. Sie 
hat bei dem allge- 
meinen Zusammen¬ 
schluß die Losung ak- 
zeptiert, die die ver¬ 
antwortliche Regie- 
rung formuliert hat/ 
Und der Vertreter 
der belgischen Genos- 
sen, der Vorsitzende 
des Internationalen 
Sozialistischen Bu- 
reaus, Genosse Van- 
dervelde, der in die 
Regierung seines 
Landes eingetreten 
war, hat am 18. April 
1915 in einem Vor- 
trage in Paris aus- 
geführt: 
,Jch komme heute, 
um über den Krieg 
und für den Krieg 
zu sprechen ... Als 
internationaler und 
sozialistischer Frie- 
densfreund bin ich 
für den Krieg bis 
ans Ende ... ich 
fühle Zorn gegen 
jene unserer Gesin¬ 
nungsgenossen, die 
möchten, daß man 
Frieden schließe. Ach 
nein! Dem Verbre- 
chen muß die Sühne 
folgen!' 
Gern stellen wir 
fest, daß es sowohl 
in England wie in 
Frankreich sozialisti- 
sehe Gruppen gibt, 
die ebenso wie die 
deutsche sozialdemo- 
kratische Gesamtpar¬ 
tei und ihre Leitung 
für den Friedensge- 
danken wirken. Das 
kann uns aber nicht über die betrübende Tatsache hinweg- 
täuschen, daß die große Masse der dem Internationalen So- 
zialistischen Bureau angeschlossenen Sozialisten Englands und 
Frankreichs, ihre Organisationen und Leitungen, mit ihren 
Regierungen den Krieg fortführen wollen bis zur völligen 
Niederwerfung Deutschlands. 
Unverantwortliche Irreführung der deutschen Genossen ist 
es, wenn in anonymen Flugblättern und Pamphleten die 
internationale Lage und Vorgänge in der Partei in entstellter 
oder völlig wahrheitswidriger Weise dargestellt werden und der 
Vorwurf erhoben wird, die Parteileitung tue nicht genug, um 
den Friedenswillen der Arbeiterklasse zur Geltung zu bringen. 
Wer es mit der besonders in dieser ernsten Zeit und auch 
nach dem Kriege so bitter nötigen Einheit und Geschlossenheit 
der deutschen Arbeiterbewegung ernst meint, muß sich mit 
Laden eines Torpedorohres. Nach einer Zeichnung von Felix Schwormstädt. 
Entschiedenheit gegen dieses parteizerrüttende Treiben wenden. 
— Die Neichstagsfraktion und der Parteivorstand der deutschen 
Sozialdemokratie haben stets einmütig die Eroberungs- und 
Annexionspolitik bekämpft. Sie erheben erneut den schärfsten 
Prolest gegen alle Bestrebungen und Kundgebungen zu- 
gunsten der Annexion fremder Landesteile und der Verge- 
waltigung anderer Völker, wie sie insbesondere durch die 
Forderungen großer wirtschaftlicher Verbände und die Reden 
führender bürgerlicher Politiker der Öffentlichkeit bekannt 
wurden. Schon die Geltendmachung solcher Bestrebungen 
schiebt den voin ganzen Volke heiß ersehnten Frieden immer 
weiter hinaus. Das Volk will keine Annexionen, das Volk 
will den Frieden! — Soll der täglich neue Opfer fordernde 
Krieg nicht ins Endlose sich hinziehen, bis zur völligen 
Erschöpfung aller 
Völker dauern, so 
muß eine der betei- 
ligten Mächte die 
Hand zum Frieden 
bieten. Deutschland, 
das von einer großen 
Übermacht angegrif¬ 
fen, sich aller seiner 
Feinde bisher sieg- 
reich erwehrt, den 
Aushungerungsplan 
zuschanden gemacht 
und bewiesenhat, daß 
es unbesiegbar ist, 
sollte den ersten 
Schritt zur Herbei- 
führung des Frie- 
dens tun. 
Im Namen der 
Menschlichkeit und 
der Kultur, gestützt 
auf die durch die 
Tapferkeit unserer 
Volksgenossen in 
Waffen geschaffene 
günstige Kriegslage, 
fordern wir die Ne- 
gierung auf, ihre Be- 
reitwilligkeit kundzu¬ 
tun, in Friedensver¬ 
handlungen einzutre¬ 
ten, um dem bluti- 
gen Ringen ein Ende 
zu machen. 
Wir erwarten von 
unseren Parteigenos- 
sen in den anderen 
kriegführenden Län- 
dern, daß sie in 
gleichem Sinne auf 
ihre Regierungen 
einwirken." 
JndiesenSätzen 
war für Leute von 
gesundem Men- 
schenverstande so 
ziemlich alles ver- 
blüffend. Sie wa- 
ren geradezu eine Bestätigung des Wortes „Wir 
lernen aus der Weltgeschichte nur das Eine, daß die 
Menschen nie etwas aus ihr gelernt haben". Die 
halbe Welt war in Waffen gegen Deutschland. Eine 
Flut des Völkerhasses war emporgeschäumt, wie er 
ekelhafter in seinen Äußerungen und furchtbarer in 
seiner Kraft gar nicht zu denken war. Und diese 
Leute träumten unentwegt den Traum von der inter- 
nationalen Völkerverbrüderung weiter und forderten, 
daß Deutschland um dieses Traumes willen auf alle 
Sicherheiten verzichte. Es sollte in Europa kein 
767
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.