Volltext: Der Weltbrand Band 3 (3; 1920)

gesteigert hatte, unternahm Cadorna einen Angriff 
mit allen Kräften. Der österreichisch-ungarische Heeres- 
bericht über den 23. lautste: 
„Seit gestern Mittag tobt die zehnte Isonzoschlacht neuerlich 
mit außergewöhnlicher Heftigkeit. Der Anprall der feindlichen 
Massen richtet sich nunmehr gegen die ganze 40 Kilometer breite 
Front von Plava bis zum Meere. An vielen Stellen erfuhren die 
Kämpfe auch in der Nacht keine Unterbrechung. Im Räume 
des Kukberges, bei Vodice und gegen den Monte Santo warf 
der Feind am Nachmittag seine Sturmkolonnen in die Schlacht. 
Was östlich des Kukberges vordrang, wurde ein Opfer unseres 
Vernichtungsfeuers. Bei Vodice brachen sich die feindlichen 
Anstürme an der Tapferkeit der zum großen Teil aus 
Ostgalizien und der Bukowina ergänzten Infanterie-Regi- 
menter Nr. 24 und 41. Beim Kloster Monte Santo vermochte 
der Feind unsere durch sein Trommelfeuer eingeebneten Grä- 
ben zu überschreiten. Er wurde aber von ungesäumt herbei- 
eilenden Versiärkungen gefaßt, auf seine Reserven zurückgeworfen 
und mit diesen zusammen durch unser Geschützfeuer den Hang 
hinabgetrieben. In derselben Stunde scheiterten östlich von 
Görz ^wei mächtige italienische Massenstürme, zum Teil schon 
im Wirkungsfeuer unserer Artillerie, zum Teil im Nahkampf 
gegen unsere brave Infanterie. Besonders erbittert und hart- 
näckig wurde auf den vielumstrittenen Kampfstellen der Karst- 
Hochfläche gerungen. Bei Tagesanbruch lagen unsere Stellungen 
und ihr Hintergelände im Trommelfeuer der feindlichen Ge- 
schütze aller Gattungen. Gegen Mittag kam bei Kostanjevica 
der erste feindliche Infanteneangrisf ins Rollen; er wurde 
zurückgeschlagen. Nachmittags brach der mächtige italienische 
Angriff gegen die ganze Front der Karsthochfläche los. Welle 
auf Welle trieb der Feind zwischen dem Fajti Hrib und dem 
Meere gegen unsere Linien vor. Wo eine feindliche Kolonne 
zusammengebrochen war, trat eine neue an ihre Stelle. An- 
griff und Gegenangriff prallten aufeinander. So hält das 
Ringen bis zur Stunde in unverminderter Stärke an. Raum- 
gewinn vermochte der Gegner nur in dem weitausladenden 
Abschnitt von Jamiano zu erzielen, wo wir unsere Truppen um 
einen Kilometer zurücknehmen mußten. Überall sonst wurden 
unsere Stellungen in ihrer ganzen Ausdehnung siegreich be- 
hauptet. Die ungarischen Heeresregimenter Nr. 39 und 61 und 
bewährte Honvedtruppen haben ihrer Geschichte neue glänzende 
Ruhmesblätter eingefügt. Aus Kärnten und Tirol nichts von 
Belang mitzuteilen." 
Am 24. wurde der Nordflügel des italienischen 
Angriffsheeres abermals gegen die Höhen von Vodice 
vorgetrieben. Besonders hartnäckig rvogte der Kampf 
um die Höhe 652 südlich von Vodice. Wieder wurde 
die Karsthochfläche der Schauplatz eines großangelegten, 
aber vergeblichen italienischen Durchbruchsversuches. 
Den ganzen Tag über wurde auf dem Fajti Hrib, 
bei Kostanjevica und südlich bis zum Meere hinab 
gekämpft. Uber die Vorgänge des 25. Mai meldete 
der österreichisch-ungarische Generalstab: 
„Die große Schlacht im Südwesten dauert fort. Wenn 
die Heftigkeit der Kämpfe vom 23. und 24. Mai noch einer 
Steigerung fähig war. so ist diese gestern eingetreten. Niemals 
in den soeben vollendeten zwei kampferfüllten Jahren stand 
die heldenmütige Isonzoarmee größeren Anstrengungen des 
Feindes gegenüber, als in diesen Tagen. Die Kampfstätten 
waren auch gestern wieder die allbekannten: Der Raum 
von Plava, die Höhe bei Vodice, der Monte Santo, das 
Hügelland von Görz. Überall rannte der Feind gegen unsere 
Linien an, stellenweise zwei- und dreimal. Immer wieder 
zerschellten seine Sturmkolonnen an unserer tapferen Gegen- 
wehr. Der gewaltigste Massenstoß galt abermals unserer Stel- 
lung auf der Karsthochsläche. Was in diesen Kämpfen die 
Verteidiger an Abwehr und Gegenangriff, in zähem Stand- 
halten unter stärkstem Geschützfeuer und im Ringen von Mann 
gegen Mann zu leisten hatten, gehört der Geschichte an. Deut- 
licher als alles andere spricht der Erfolg: Mag auch im äußersten 
Süden der Front der Kampf um schmale Abschnitte noch nicht 
abgeschlossen sein, das Geschick des Tages entschied sich völlig 
zu unseren Gunsten. Der feindliche Ansturm brach an der 
ganzen Front blutig und ergebnislos zusammen. Der Feind 
ist seinem Ziele, unsere Linie zu durchbrechen, am 15. Schlacht- 
tage nicht einen Schritt nähergekommen als ani ersten." 
Uber den 26. lautete der österreichisch-ungarische 
Bericht: 
„Das Schwergewicht der Schlacht ruhte gestern völlig auf 
dem Südflügel der Jnsonzoarmee. Nördlich des Wippach lales 
kam es, von einem durch Gegenstoß rasch abgeschlagenen An- 
griff auf die Höhen bei Vodice abgesehen, nur zu Geschütz- 
kämpfen wechselnder Stärke. Auf der Karsthochfläche ballte 
der Feind abermals gewaltige Massen zum Stoß zusammen. 
Auf dem Fajti Hrib und bei Kostanjevica kam der Kampf 
ausnahmslos vor den vordersten Gräben zum Stehen; hier 
brachen alle Anstürme zusammen. Zwischen Jamiano und 
dem Meere wogte die Schlacht bewegter. Einige Höhen wechselten 
mehrmals des Tages ihre Besitzer, aber ungebrochen fest blieb 
auch hier die Front des Verteidigers. 
Die Hauptlast des Kampfes trägt wie immer die über alles 
Lob erhabene Infanterie. Die Honvedregimenter 12 und 31 
und das Honvedbataillon 111/20 wiesen in 48 Stunden 17 
feindliche Angriffe zurück, das ungarische Heeres-Regiment 37 
deren 18 an einem Tage, an dem es überdies dreimal eine 
Höhe stürmte. Die Regimenter 11, 55, 91 und 98». in deren 
Reihen zur Zeit Söhne aller österreichischen Völker stehen, 
erkämpften bei Jamiano dauernden Rnhm. 
Die Artillerie wetteifert mit der Hauptwaffe an Tapferkeit 
und zähem Ausharren. Artillerieleutnant Erzherzog Leopold 
schloß sich mit einer Handvoll Kanonieren einem Infanterie- 
regiment an, stürmte in vorderster Linie mit und brachte 
zwei italienische Maschinengewehre als Beute zurück. 
Land- und Seeflieger lieferten nicht nur für das Erkennen 
der Feindlage wertvolle Erkundungsergebnisse, sie unterstützten 
aufopfernd die Artillerie und Infanterie in allen Phasen des 
Kampfes. 
Die Kraftfahrtruppe führte im wirksamsten italienischen 
Feuer Tag und Nacht Kriegsbedarf bis knapp hinter die vor- 
dersten Linien. 
Die Zahl der seit dem 23. Mai auf der Karsthochfläche ein- 
gebrächten Gefangenen ist auf 250 Offiziere und über 7000Mann 
gestiegen. Insgesamt wurden seit Beginn der 10. Isonzo- 
schlacht über 13000 unverwundete Italiener an Gefangenen 
eingebracht." 
Am 27. Mai ließen die Jsonzokämpfe wesentlich 
nach. Nördlich des Wippachtales blieb die Gefechts- 
tätigkeit beiderseits auf Geschützkämpfe beschränkt. Auf 
der Karsthochfläche löste sich der italienische Angriff 
in örtlich und zeitlich voneinander unabhängige Teil- 
vorstöße auf. Zwei dieser Vorstöße in ansehnlicher 
Stärke wurden bei Jamiano abgeschlagen. 
Aber noch einmal raffte der italienische Feldherr 
seine Kräfte zu einer gewaltigen Anstrengung auf. 
Vom 28. Mai berichtete der österreichisch-ungarische 
Generalstab: 
„Nach dem ruhigeren Pfingstsonntage flammte gestern 
die Insonzoschlacht zum dritten Male auf. Die neue große An- 
griffswelle des Feindes richtet sich zunächst wieder gegen die 
Höhen von Vodice und des Monte Santo. Der italienische 
Ansturm setzte zu Mittag gegen den Nordflügel ein. Er er- 
streckte sich nachmittags, durch mächtiges Artilleriefeuer einge- 
leitet, auf den ganzen vorgenannten Abschnitt. Vielfach kam 
es zu. erbitterten Nahkämpfen, die auch die Nacht über weiter- 
tobten. Besonders heftig wurde im Bereiche der Kuppe 652 
gerungen. Unsere Front hielt in ganzer Ausdehnung allen 
Anstrengungen des Feindes eisern stand. Die Infanterieregi- 
menter Nr. 9, 24 und 77 haben sich besonders hervorgetan. 
Nordöstlich von Görz nahmen wir den Italienern bei Abwehr 
eines von ihnen verursachten Werfalles 200 Gefangene ab. 
Südlich von Jamiano stieß der Feind gestern neuerlich vier- 
mal gegen unsere Stellungen vor. wobei er nebst großer blutiger 
Einbuße 15 Offiziere und 800 Mann an Gefangenen verlor. 
Die Gesamtzahl der seit Beginn der 10. Isonzoschlacht einge- 
brachten Gefangenen beläuft sich auf 14500 Mann." 
Das war das Ende der zehnten Isonzoschlacht. 
Die beiden letzten Tage des Mai brachten noch Vor- 
stöße bei Vodice, Jamiano, San Giovanni, südöstlich 
von Manfalcone. 
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