Volltext: Der Weltbrand Band 2 (2; 1917)

zu tun übrig. Ich weiß, ich fühle es: Tapferkeit und Ausdauer 
wird es leisten. Soldaten der Südwestfront! Vergesset nicht 
im Kampfe, daß Italien an der Verlängerung des Krieges 
schuldig ist. Vergeßt nicht die Blutopfer, die er gekostet hat. 
Befreit eure Heimat von den Eindringlingen! Schaffet der 
Monarchie auch im Südwesten die Grenze, deren sie zur künfti- 
gen Sicherheit bedarf! Meine innigsten Wünsche, die innigsten 
Wünsche all eurer Kameraden begleiten euch!" 
Es war in der Tat ein wunderbares Stück Welt- 
geschichte und Weltgericht, das der Rückblick auf das 
vergangene Jahr des italienischen Krieges nachdenk- 
lichen Gemütern vor Augen stellte. Wie ungeheuer 
hatten sich die Dinge im Laufe dieses Jahres ver- 
wandelt! Nichts, nicht das geringste von dem, was 
die ruchlosen Kriegshetzer im Mai 1915 ihrem König 
und ihrem Volk in Aussicht gestellt hatten, war in 
Erfüllung gegangen. Italiens Eintritt in den Weltkrieg 
hatte ihn nicht entschieden, er hatte nicht einmal seinen 
Gang zu ändern vermocht. Der Verrat war umsonst 
begangen worden, umsonst waren Ströme italienischen 
Blutes vergossen, umsonst hatte sich das arme Land 
eine riesige Schuldenlast zu der schon vorhandenen 
aufbürden müssen. Das Volk war, obwohl es noch 
nicht ein Fünftel der Wahrheit wußte, tief nieder- 
gedrückt und verfluchte den Krieg. Der künstlich ge- 
schürte Haß gegen Osterreich und der noch künstlicher 
entflammte Haß gegen Deutschland trat jetzt ganz 
zurück hinter der Wut, die das verbündete England 
durch seine Bewucherung des Bundesgenossen im ita- 
lienischen Volke erregte. England verbot, italienische 
Waren einzuführen, da man Luaeuswaren jetzt aus 
Gründen der Sparsamkeit die Einfuhr in die ver- 
einigten Königreiche untersagen müsse. Dagegen ver- 
teuerte es den Italienern die Kohlen dermaßen, daß 
viele Fabriken nicht mehr zu arbeiten vermochten. 
Auf weit über eine Milliarde Lire wurde die Summe 
beziffert, die auf diese Weise der englische Geschäfts- 
geist in einem Jahre von Italien erpreßt hatte. So 
war die Stimmung des unglücklichen Landes, das 
nun wieder einen Frühling ohne den goldbringen- 
den Fremdenstrom erlebt hatte, derartig, daß an vielen 
Orten der Ausbruch ernster Unruhen, wenn nicht der 
Revolution, befürchtet werden mußte. Darum verlief 
der Jahrestag der Kriegserklärung sehr still. In 
Rom wurden natürlich tönende Reden gehalten, und 
die Hauptzeitungen des Landes brachten mit wenigen 
Ausnahmen schwülstige Artikel, in denen der alte 
Siegeskohl des vorigen Mai noch einmal aufgewärmt 
und das Banner der Hoffnung auf den endlichen 
Sieg wieder aufgepflanzt wurde. Aber die Minister 
reisten nicht, wie es ursprünglich geplant war, in die 
großen Städte des Landes, um dort das Volk zu 
begeistern, und die Leier des Nationalbarden d'An- 
nunzio blieb diesmal stumm. Die Schläge, die Italiens 
Heer von den Österreichern und Ungarn erhalten 
hatte, waren so gewaltig, und die Lage war so be- 
drohlich geworden, daß denen, die sie kannten, die 
Lust zum Festefeiern einigermaßen verging. Die 
folgenden Tage brachten noch härtere Schläge, denn 
der Siegeszug der Grazer und der Thronfolger- 
Heerestruppen war nicht aufzuhalten. Am 22. Mai 
rückte das siegreiche Heer nun auch beiderseits des 
Sugana-Tales vor. Burgen (Borgo) wurde von den 
Italienern fluchtartig verlassen. Das Grazer Korps 
überschritt die Grenze und verfolgte die Geschlagenen. 
Das italienische Werk Monte Verena fiel in den 
Besitz der Österreicher und Ungarn, die auch im 
Brandtal einen Angriff auf Ehiesa einleiteten. Die 
Zahl der erbeuteten Geschütze stieg an diesem Tage 
auf 188. Am 23. wurde es deutlich, daß die öiter- 
reichisch-ungarischen Heere ihre Absicht auf die Erobe- 
rung der italienischen Grenzfestungen Arsiero und 
Asiago gerichtet hatten. Nördlich des Sugana-Tales 
nahmen sie die Höhenrücken von Lubinio bis Borgo 
in Besitz. 
Das auf der Höhe zwischen Arsiero und Asiago 
gelegene Panzerfort Campolongo wurde nach artil- 
leristischer Vorbereitung von ihnen gestürmt und der 
ganze Gebirgskamm über dem Assatale einschließ- 
lich des über 2300 m hohen Kempelberges von den 
italienischen Truppen gesäubert. Der k. u. k. General- 
stab machte bekannt, daß seit dem Beginn des An- 
griffes 24400 Italiener, darunter 524 Offiziere, ge- 
fangen worden seien, und daß die Beute 251 Ge- 
schütze, 101 Maschinengewehre betrage. Darunter 
waren viele sehr schwere Geschütze, die eingebaut und 
aus der Flucht nicht mitgenommen worden waren. Ihr 
Verlust war den Italienern besonders schmerzlich, denn 
sie konnten im Laufe dieses Krieges nicht ersetzt wer- 
den. Am 24. nahmen die Österreicher und Ungarn 
den Eorno di Eampo Verde in Besitz und rückten in 
Ehiesa ein. An demselben Tage bombardierte ein 
österreichisches Luftgeschwader die militärischen An- 
lagen von Bari mit gutem Erfolg. Sehr beträchtlich 
waren die Fortschritte der Österreicher und Ungarn 
am 25. 
Der Wiener Bericht meldete darüber: 
„Im Suganerabschnitt eroberten unsere Truppen den Ci- 
varon (südöstlich Burgen) und erklommen die Elferspitze (Cima 
Undici). Im Räume nördlich von Asiago erkämpften Teile des 
Grazer Korps einen neuen großen Erfolg. Der ganze Höhen- 
rücken vom Corno di Campo Verde bis Meata ist in unserem 
Besitz. Der Feind erlitt auf seiner Flucht in unserem wirkungs- 
vollsten Geschützfeuer große blutige Verluste und ließ über 
2500 Gefangene, darunter einen Oberst und mehrere Stabs- 
offiziere, 4Geschütze, 4 Maschinengewehre, 300 Fahrräder und 
viel sonstiges Material in unseren Händen. 
Nördlich Arsiero wurden die Italiener zuerst aus ihren 
Stellungen westlich Baccarola vertrieben. Sodann säuberten 
unsere Truppen in siebenstündigem Kampfe die Waldungen 
nördlich des Monte Cimone und besetzten den Gipfel dieses 
Berges. Im oberen Posinatal ist Bettale genommen. 
Unsere Landflieger bewarfen die Bahnhöfe von Peri, Schio, 
Thiene und Vicenza, unsere Marineflieger die Luftzeughalle 
und den Binnenhafen von Grado mit Bomben. Nachts 
warf ein feindliches Luftschiff zahlreiche Bomben auf Trieft 
ab, die jedoch niemand verletzten und auch keinen Schaden ver- 
ursachten." 
Am 26. gelang es ihnen, in die Befestigungsgruppe 
von Arsiero Bresche zu legen. Das dazugehörige 
Panzerwerk Easa Ratti wurde durch den kühnen 
Handstreich eines jungen Offiziers gewonnen. Leut- 
nant Albin Mlaker vom 14. Sappeur-Bataillon 
drang mit seinen Leuten, ungeachtet des heftigen 
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