Volltext: Der Weltbrand Band 2 (2; 1917)

Trieft, freie Hand in Albanien, den wertvollen Hafen Valona. 
Warum haben die Herren Salandra und Sonnino das nicht 
genommen? Wollen sie etwa auch das deutsche Tirol erobern? 
(Mit scharfem Ton:) Hände weg, meine Herren! (Stürmisches 
Vravo.) Oder will sich Italien an Deutschland reiben, an 
dem Lande, dem es doch bei seinem Werden zur Großmacht 
so manches zu verdanken hat (Sehr richtig!), an dem Lande, 
von dem es durch 
keinerlei Jnteres- 
sengegensätze ge¬ 
trennt ist? (Er- 
neute Zustim- 
mung.) 
Wir haben in 
RomkeinenZwei- 
fel gelassen, daß 
der italienische 
Angriff auf öfter- 
reichisch - unga- 
rische Truppen 
auch deutsche 
Truppen treffen 
werbe. (Sehr 
wahr!) Weshalb 
hat also Rom das 
weitgehende An- 
erbieten Oster- 
reichs zurückge¬ 
wiesen ? 
Das itali¬ 
enische Grün¬ 
buch, ein Doku- 
ment, das das 
schlechteGewissen 
mit hohlen Phra- 
senverbirgt(Sehr 
gut),^ bietet uns 
dafür keinen Auf- 
schluß. Man hat 
sich vielleicht doch 
gescheut, offiziell 
auszusprechen, 
was man durch 
die Presse und 
durch die Ge- 
spräche der par- 
lamentarischen 
Wandelgänge als 
Vorwand ver- 
breiten ließ: die 
österreichischen 
Angebote wären 
zu spät gekom- 
men und man 
habe ihnen nicht 
trauen können. 
Wie steht es denn 
in Wirklichkeit 
damit? Die rö- 
mischen Staats- 
männer hatten 
doch wohl kein 
Recht, an die Ver- 
trauenswürdig- 
feit anderer Na¬ 
tionen denselben 
Maßstab anzu- 
legen wie an ihre 
eigene. (Stür- 
mische Heiter- 
keü.) Deutschland 
bürgte mit seinem 
Wort dafür, daß 
die Konzessionen durchgeführt wurden, da war kein Raum 
für Mißtrauen. (Lebhafte Zustimmung und Sehr gut!) Also 
weshalb zu spät? Das Trentino, das am 4. Mai angeboten 
wurde, war kein anderes Land, als welches es im Februar ge- 
wesen wäre. (Heiterkeit.) Und im Mai waren dazu noch eine 
Reihe Konzessionen hinzugekommen, an die im Winter nicht 
einmal gedacht war. Nun, zu spät war es, weil die römischen 
Staatsmänner sich nicht gescheut hatten, lange vorher, während 
Italienische Soldaten und Arbeiter beim Verlassen des Hauptportals des von österreichisch- 
ungarischen Marinefliegern durch Bombenwürfe in Brand gesetzten Arsenals in Venedig 
in der Nacht vom 28. zum 29. Mai. 
Nach einer Skizze und Mitteilungen eines neutralen Beobachters für die „Jllustrirte Zeitung" gezeichnet 
von W. Gause. — Das Arsenal von Venedig bildet mit seinen Werften, Docks und Werkstätten aller Art 
einen kleinen Stadtteil für sich. 
der Dreibund noch leibte und lebte — derselbe Dreibund, von 
dem der König und die Regierung in Rom auch nach dem 
Ausbruche des Weltkrieges ausdrücklich anerkannt hatten, daß 
er weiterbestehe (lebhaftes Hört! Hört!) —, weil Sonnino sich 
lange vorher mit der Tripleentente so tief eingelassen hatte, 
daß er sich aus ihrem Arm nicht mehr loswurden konnte. 
Schon im Dezember waren Anzeichen da für eine Schwenkung 
desrömischenKa- 
binetts. Zwei Ei- 
sen im Feuer zu 
haben, ist ja im- 
mer nützlich, und 
Italien hatte uns 
auch früher schon 
seineVorliebefür 
Extratouren ge¬ 
zeigt. (Heiterkeit.) 
Aber hier war 
kein Tanzsaal, 
hier war die blu- 
tige Walstatt, auf 
der Österreich- 
Ungarn und 
Deutschland für 
ihr Leben fech- 
ten. (Lebhafte 
Zustimmung.) 
Dasselbe Spiel 
wie mit uns ha- 
bendie römischen 
Staatsmänner 
auch mit dem ei- 
genen Volke ge- 
spielt. (Sehrrich- 
tig!) Gewiß, das 
Landitalienischer 
Zunge an der 
Nordgrenze war 
von jeher ein 
Traum und 
Wunsch innigen 
Begehrens jedes 
Italieners. Aber 
doch ist dieser 
Krieg ein Kabi- 
nettskrieg. Das 
italienische Volk 
in seiner großen 
Mehrzahl wollte 
nichts vomKriege 
wissen: . Auch die 
Mehrheit des 
Parlaments 
wollte nichts vom 
Kriege wissen. 
Noch im Mai 
haben die besten 
Kenner der ita- 
lienischen Ver- 
Hältnisse feststel- 
len können, daß 
etwa vier Fünf- 
tel des Senats 
und zwei Drittel 
der Kammer ge- 
gen den Krieg 
waren. (Hört, 
hört!) Und dar- 
unter die besten 
und gewichtig- 
sten Staatsmän- 
ner der ganzen 
letzten italieni- 
schen Epoche. Aber die Vernunft kam nicht mehr zum Wort, es 
herrschte allein die Straße, und zwar unter der wohlwollenden 
Duldung und Förderung der leitenden Männer des italienischen 
Kabinetts, sie war von dem Golde der Tripleentente und 
unter der Führung gewissenloser Kriegshetzer in einen solchen 
Vlutrausch versetzt worden, daß sie dem König die Revolution 
und allen Gemäßigten, die sich noch ein ruhiges Urteil bewahrt 
hatten, Uberfall und Mord androhte, ebenso allen, die nicht 
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