Volltext: Der Weltbrand Band 2 (2; 1917)

schen Unterseebooten als Schlupfwinkel diene. Daraus 
hätte die Kriegserklärung erfolgen müssen, aber die 
wagte nicht der König und nicht das Volk, und wer 
gerecht sein wollte, konnte das auch gar nicht verlangen. 
Es mutz im Gegenteil dem König hoch angerechnet 
werden, daß er durch alle diese Demütigungen und 
Rechtsverletzungen sich wenigstens nicht bestimmen 
ließ, dem Vierverband beizutreten. 
In seiner Festigkeit bestärkt wurde er durch die 
militärischen Ereignisse, die sich in seiner nächsten Nähe 
abspielten. Der November hatte die völlige Vernichtung 
der serbischen Macht und die Eroberung ganz Serbiens 
durch die Mittelmächte gebracht. Der Dezember und 
Januar brachten das klägliche und unrühmliche Ende 
des englischen und französischen Abenteuers auf Ealli- 
poli. Nachdem die Berichte des türkischen Haupt- 
quartiers lange Zeit nur von Artillerie- und Minen- 
kämpfen und von unbedeutenden Gefechten an der 
Dardanellenfront zu erzählen gehabt hatten, kam am 
20. Dezember folgende hochbedeutsame Meldung: 
„Das türkische Hauptquartier teilt mit: An der Dardanellen- 
front begannen unsere Truppen in der Nacht vom 18. zum 
19. und am Morgen des 19. Dezember bei Anaforta und Ari 
Vurun nach heftiger artilleristischer Vorbereitung die Angriffs- 
bewegung gegen die feindlichen Stellungen. Um diese Ve- 
wegung aufzuhalten, unternahm der Feind nachmittags bei 
Sidd-ul-Vahr mit allen seinen Kräften einen Angriff, der voll- 
kommen scheiterte. Der Feind mußte einsehen, daß der Erfolg 
unseres nach Norden vordringenden Angriffs unvermeidlich 
mar, und schiffte in der Nacht vom 19. bis 20. Dezember in aller 
Eile einen Teil seiner Truppen ein. Nichtsdestoweniger konnte der 
Feind trotz des dichten Nebels die Verfolgung unserer Truppen 
mährend seiner Rückzugsbemegung nicht hindern. Die letzten Be- 
richte von heute besagen, daß unsere Truppen Anaforta und Ari 
Vurun von: Feinde so gründlich gesäubert haben, daß dort 
auch nicht ein feindlicher Soldat zurückgeblieben ist. Unsere 
Truppen drangen bis an die Küste vor und machten sehr große 
Beute an Munition, Zelten und Kanonen. Außerdem schössen 
mir ein feindliches Wasserflugzeug ab, das ins Meer fiel, und 
machten den Führer und den Beobachter zu Gefangenen. 
Der feindliche Angriff bei Sidd-ul-Bahr am 19. Dezember 
nachmittags nahm den folgenden Verlaus: Der Feind unter- 
hielt eine Zeitlang ein heftiges Feuer aus seinen Landgeschützen 
aller Kaliber und von seinen Monitoren und Kreuzern aus 
gegen unsere Stellungen. Dann griff er mit allen seinen 
Kräften nacheinander unseren rechten Flügel, das Zentrum 
und den linken Flügel an, aber unsere Truppen brachten den 
Angriff zum Scheitern und trieben die Angreifer mit ungeheuren 
Verlusten in ihre Stellungen zurück. An den anderen Fronten 
keine Veränderung." 
Ergänzt wurde diese Meldung durch den Bericht 
des folgenden Tages: 
„An der Dardanellenfront ist die Zählung des bei Ari Vurun 
und Anaforta zurückgelassenen Kriegsmaterials und der Militär- 
ausrüstungsgegenstände aller Art noch nicht abgeschlossen. 
Unter der bei Ari Vurun gemachten Beute befinden sich zwei 
schwere Geschütze und ein Schneider-Feldgeschütz, große Mengen 
von Munition, namentlich Gemehr- und Maschinengewehr- 
munition, eine große Zahl Maultiere, sowie Munitionswagen, 
Zelte voll Lebensmittel, Telephon- und Pioniermaterial. Die 
feindlichen Schiffe beschossen gestern bis zum Abend mit Heftig- 
keit die verschiedenen Lagerstellungen, um die von ihnen preis- 
gegebene Beute zu vernichten, was ihnen aber nicht gelang. 
Bei Sidd-ul-Bahr auf dem linken und auf dem rechten Flügel 
nichts von Bedeutung. Das feindliche Zentrum unternimmt 
hin und wieder Angriffe, die jedesmal zurückgeschlagen werden." 
So war den Engländern und Franzosen das eine 
Gebiet auf Eallipoli, das sie besetzt hatten, ganz ent- 
rissen, das andere behaupteten sie nur noch mit größter 
Mühe. Die Stellung auf der Halbinsel war schon 
lange unhaltbar geworden und gewichtige Stimmen 
in England, z. V. die Lord Kitcheners, hatten zur Auf- 
gäbe des ganzen Abenteuers geraten. Aber sie waren 
unbeachtet geblieben, obwohl die englische und fran- 
zösische Heeresleitung schon längst nicht mehr in der 
Lage war, die Lücken wieder auszufüllen, die durch 
die fortwährenden Kämpfe in ihren Reihen entstanden 
waren. Saloniki, Ägypten, Mesopotamien und vor 
allen Dingen die Front den Deutschen gegenüber 
erforderten unausgesetzte Verstärkungen der dortigen 
Truppenkörper. Für Eallipoli blieb da zu wenig 
übrig. Das machten sich die Türken nun zunutze, 
und das Schlachtenglück war den Tapferen hold. 
Natürlich suchte die Vierverbandspresse sofort den Rück- 
zug von der Halbinsel Eallipoli als einen freiwilligen 
hinzustellen, aber sie fand damit nirgendwo Glauben. 
Jedermann, auch in den neutralen Ländern, wußte, 
daß sie dort eine schwere Niederlage erlitten hatten. 
Sie wurde vollendet am 9. Januar. Der türkische 
Heeresbericht darüber lautete: 
„Die auf offener See bei Sidd-ul-Vahr am 8. Januar und 
in der Nacht vom 8. zum 9. Januar stattgefundene Schlacht, 
die mit der Niederlage des Feindes bei Sidd-ul-Bahr endete, 
spielte sich folgendermaßen ab: Die verminderte Tätigkeit der 
feindlichen Landartillerie, an deren Stelle die Schiffsartillerie 
getreten war, die Anwesenheit zahlreicher Transportschiffe bei 
der Landungsstelle, sowie der Umstand, daß der Feind neuer- 
lich Hospitalschiffe zur Wegschaffung von Truppen während 
des Tages mißbrauchte, ließ auf die bevorstehende Flucht des 
von unserem heftigen Artilleriefeuer beunruhigten Feindes 
schließen, und es wurden alle Maßregeln getroffen, um diese 
Flucht diesmal für den Feind verlustreicher zu gestalten. Diese 
Maßregeln wurden auch mit vollem Erfolge durchgefübrt. Seit 
dem 4. Januar begannen die Vorbereitungen zum Angriff. 
Die für den Angriff gewählten Abschnitte wurden von unserer 
Artillerie und von Vombenwerfern heftig beschossen. Am 
8. Januar verstärkten wir unser Feuer, ließen Minen springen 
und schickten schließlich an der ganzen Front starke Aufklärungs- 
abteilungen vor. Im Hinblick auf dieses Vorspiel zu unserem 
Angriff versammelte der Feind in der Gegend seines linken 
Flügels zahlreiche Kriegsschiffe, die unsere Abteilungen auf den 
vorgeschobenen Stellungen heftig beschossen. Unsere Abteilung 
kam stellenweise an die feindlichen Schützengräben heran, wurde 
dort vom Feinde mit Jnfanteriefeuer und Handgranaten emp- 
fangen, hielt aber diese Stellungen bis Mittag. In der 
Nacht vom 8. zum 9. Januar warfen wir neuerdings unsere 
Erkundungsabteilungen gegen die feindlichen Schützengräben 
vor. Um 3 Uhr morgens war der Beginn der feindlichen Rück- 
zugsbewegung im Zentrum fühlbar geworden, wir ließen des- 
halb unsere ganze Front vorgehen. Ein Teil der zurückgehen- 
den feindlichen Truppen floh unter dem Schutze der heftig 
feuernden feindlichen Schiffe zu den Landungsstellen, ein 
anderer Teil ließ zahlreiche selbsttätige Minen springen und 
versuchte so unseren Vormarsch Schritt für Schritt aufzuhalten. 
In diesem Augenblick eröffneten unsere weittragenden Geschütze 
ein heftiges Feuer gegen die Landungsstege, während unsere 
Landbatterien die Nachhuten des Feindes stark beschossen und 
ihm zahlreiche Verluste beibrachten. Unsere Gebirgsgeschütze 
gingen mit der Infanterie vor und beunruhigten den Feind 
aus der Nähe. Unsere Truppen trotzten tapfer dem Feuer der 
feindlichen Schiffe und der selbsttätigen Minen. Mit freudigem 
Mute und der Hölle voll Gefahren ringsum nicht achtend, 
machten sie die feindlichen Soldaten nieder, die dem wirksamen 
Feuer unserer Artillerie nicht mehr entfliehen konnten und 
verzweifelten Widerstand leisteten. Bei Tagesanbruch befanden 
sich unsere Truppen auf dem Schlachtfelde unter zahlreichen 
feindlichen Leichen. Wir stellten schon kürzlich fest, daß unsere 
Artillerie sehr wirksame Treffer erzielte, und daß der Feind, 
den wir auf der ganzen Front mit allen zur Verfügung stehen- 
den Mitteln bedrängten, bei den Angriffen unserer starken 
Abteilungen nicht mehr imstande war, selbst unter dem Schutze 
seiner vielen Schiffsgeschütze den Widerstand in diesem Ab- 
schnitte fortzusetzen. 
486
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.