Volltext: Der Weltbrand Band 2 (2; 1917)

Wenn auch alle diese Ereignisse nicht von großer 
Bedeutung waren, so trat denn doch die deutsche 
Überlegenheit der Seekriegführung sichtbar zutage. 
Noch viel deutlicher zeigten die Deutschen ihre Uber- 
legenheit im Luftkriege. Dreimal rvurde England im 
August von deutschen Luftangriffen schwer heimgesucht. 
In der Nacht vom 9. zum 10. erschienen deutsche 
Marineluftschiffe über befestigten Küsten- und Hafen- 
platzen der englischen Ostküste, bombardierten englische 
Kriegsschiffe auf der Themse, bewarfen die Docks von 
London, den Torpedostützpunkt Harwich und wichtige 
Anlagen von Humber erfolgreich mit Bomben. Als 
sie von den Docks von London wegfuhren, konnte 
ihre Besatzung starke Explosionen hören und mächtige 
Brände auf- 
leuchten sehen. 
Nach den Lon- 
doner Zeitun- 
gen freilich war 
der angerich- 
tete Schaden 
sehr gering, es 
waren nur ei- 
nigeHäuserbe- 
schädigtund die 
üblichen Greise, 
Frauen und 
Kinder ums 
Leben gebracht 
worden. Auch 
als die deut- 
scheu Luftschif- 
fe am 13. den 
Angriff erneu- 
erten und die 
militärischen 
Anlagen von 
Harwich wie- 
derum mit Bomben belegten, war das nach englischen 
Angaben „ein Schlag ins Wasser", obwohl die Deut- 
scheu, wie man durch neutrale Zeitungen erfuhr, sehr 
beträchtliche Werte zerstört hatten. Aber die Tonart 
der englischen Blätter änderte sich bedeutend, als am 
18. August nicht nur Fabrikanlagen und Hochöfen- 
werke bei Woodbridge und Jpswich erfolgreich mit 
Bomben beworfen wurden, sondern die deutschen Luft- 
schiffe auch über der City von London erschienen und 
dort ihre Zerstörungswerke verrichteten. Jedermann 
weiß, daß die Londoner City das Herz des englischen 
Eeschäftslebens ist, und jedermann kennt die Enge ihrer 
Straßen. Es war also niemand weiß zu machen daß 
hier die deutschen Bomben, ohne schweren Schaden an- 
gerichtet zu haben, zu Boden gefallen waren. Die 
Stellen, wo die Zerstörungen stattgefunden hatten, 
wurden zwar dem großen Publikum gesperrt, und 
wiederum hieß es in der Presse, der Schaden sei nicht 
allzu groß. Aber wie groß er war, konnte man an 
dem erregten Ton erkennen, mit dem alle Zeitungen 
von der Regierung forderten, daß nun endlich ein 
Mittel gesunden werden müsse, die Fahrten der deutschen 
Luftpiraten in Zukunft unmöglich zumachen. Die Re- 
gierung aber mußte sich in Schweigen hüllen, denn sie 
besaß kein Mittel gegen die deutsche „Luftpest". Die 
Zeppeline wurden zwar mit einer Menge Kanonen mit 
Schrapnells beschossen, uud Flieger stiegen auf, sie zu 
bekämpfen, aber sie waren bisher jedesmal ohne Be- 
schädigung heimgekehrt. Diesen Fahrzeugen gegenüber 
befanden sich die Engländer in derselben üblen Lage, 
wie den deutschen Unterseebooten gegenüber, auch die 
trieben munter ihre Arbeit in der Nordsee, im Kanal 
und sogar in der Irischen See. Von Zeit zu Zeit brachten 
die englischen Blätter geheimnisvolle Andeutungen, es 
sei ein Mittel dagegen gefunden, aber kein Mensch 
merkte etwas 
davon; es ver- 
ging kein Tag, 
an dem nicht 
ein oder meh- 
rere englische 
Dampfer den 
deutschen Unter- 
seebooten zum 
Opfer fielen, 
und das übte 
auf die Preise 
in England die 
fatalste Wir- 
hing aus. Am 
30. August gab 
die „Times"zu, 
seit Juli 1914 
seien die Preise 
bis zum An- 
fang des zwei- 
ten Kriegs- 
jahres gestie- 
gen: um 45°/, 
für Brot, 40°/« für Fleisch, 30°/« für Mehl, 60°/» 
für Zucker, und das war noch Schönfärberei, in 
Wahrheit waren sie noch höher gestiegen und stiegen 
langsam immer höher. Es war gar nichts dagegen 
zu tuu. Die einzige Hoffnung Englands, das be- 
kanntlich die Meere beherrscht, war eine Einmischung 
Amerikas, und diese Hoffnung flammte mächtig em- 
por, als am 19. August ein deutsches Unterseeboot den 
Dampfer „Arabic" von der White-Star-Line, der sich 
auf der Fahrt nach dem Lande des Dollars und der 
Freiheit befand, rücksichtslos torpedierte. Besatzung 
und Fahrgäste wurden zwar gerettet, es waren keine 
kostbaren Dankeeleben verloren gegangen, aber sie 
hätten doch verloren gehen können, und so wurde 
denn die amerikanische Volksseele, wie bei solchen Fällen 
üblich, von der englandfreundlichen Presse zum Kochen 
gebracht. Es kam zu einem erneuten Notenwechsel 
zwischen Washington und Berlin, und der erforderte 
Zeit, und vor der Hand, bis zum Ende des Monats, 
war von einem Nachlassen der deutschen Unterseeboots- 
tätigkeit nichts zu verspüren. 
Armeekommandant Pflanzer-Valtin, der Rückkehr einer Flugmaschine harrend. (Photo az est.) 
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