Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

Die Russen in Ostpreußen. — Große Siege Hindenburgs. 
längst feststehende Kriegsplan des deutschen 
^/Generalstabes für den seit Jahren voraus- 
geahnten Zweifrontenkrieg war der: Die Hauptmacht 
sollte gegen Frankreich geworfen werden und ver- 
suchen, den Feind im Westen mit möglichst raschen 
und wuchtigen Schlägen zu Boden zu schmettern. 
Inzwischen sollte das österreichisch-ungarische Heer den 
Einbruch der Russen 
durch Polen aufhal- 
ten, und eine kleine 
deutsche Armee sollte 
sie von der Grenze 
Ostpreußens abweh- 
ren. War das der 
Überzahl wegen un- 
ausführbar, so mußte 
der östliche Teil der 
Provinz den ein- 
dringenden Feinden 
preisgegeben werden, 
die dann an Königs- 
bergs Wällen sich 
die Zähne ausbeißen 
mochten, bis von 
Westen Hilfe heran- 
kommen konnte. 
Nach diesem Plane 
ward gehandelt. Die 
große Masse der deut- 
scheu Armee mar- 
schierte gegen Frank- 
reich, im Osten stan- 
den nur schwache 
Kräfte. Wieviele Ar- 
meekorps es waren, 
weiß man bis jetzt 
noch nicht, es scheint, 
als ob es nicht mehr 
als drei gewesen 
wären. Im Anfang 
war es nur eins. 
Zur Abwehr der rus- 
sischen Kosakenban¬ 
den und Grenztrup- 
pen genügte diese 
Macht in den ersten 
beiden Wochen des Krieges so ziemlich, konnte aber 
freilich nicht verhindern, daß die Russen da und dort 
über die Grenze brachen und deutsche Dörfer in Brand 
steckten. Aber als Mitte des Monats zwei russische 
Armeen heranrückten, die Narew-Armee von Südosten 
her, die Njemen-Armee von Norden her, da ward die 
Lage der Deutschen schwierig. Sie siegten zwar in einem 
heißen Gefecht bei Stallupönen (17. August), wobei 
sie über 5000 Gefangene und sechs Maschinengewehre 
erbeuteten, sie trugen bei Gumbinnen am 20. August 
einen noch viel größeren Erfolg davon, denn über 8000 
Generaloberst von Hindenburg. 
Nach einer Zeichnung für die ..Jllnstrirte Zeitung" von E. Fröhlich. 
Gefangene fielen in ihre Hände. Aber der gewaltigen 
Uberzahl waren sie doch nicht gewachsen und mußten 
sich, um nicht nutzlos aufgerieben zu werden, zurück- 
ziehen. Die von Süden heranrückende russische Armee 
drang bis über Allenstein vor, die russische Nordarmee 
kam bis Jnsterburg, Kosakenbanden streiften bis 
Wehlau, Friedland und Uderwangen. Somit kam 
ein sehr beträchtlicher 
Teil der Provinz 
in feindliche Hände 
und verfiel damit 
einem schweren Ge- 
schick, denn die Russen 
zeigten, daß sie noch 
dieselben Bestien wa- 
ren, wie ihre Väter, 
die im siebenjährigen 
Kriege Ostpreußen 
barbarisch verwüstet 
hatten. Wie eine 
Herde von Mord- 
brennern und Folter- 
knechten hausten sie 
in dem unglücklichen 
Lande. Wenn sie in 
ein Dorf einfielen, 
so wurde die Ein- 
wohnerschast, soweit 
sie nicht geflohen 
war, auf einen Hau- 
fen zusammengetrie- 
ben. Unter dem Vor- 
wände, es sei auf 
sie geschossen worden, 
oder auch ohne jede 
Begründung, stellten 
dann die Russen die 
männlichen Einwoh- 
ner, oft auch Knaben 
und Greise, in Reihen 
auf und schössen sie 
nieder, während ihre 
jammernden Ange- 
hörigen das blutige 
Schauspiel mit an- 
sehen mußten. Dann 
ging es an das Ausrauben der Gehöfte und endlich an 
das Niederbrennen der Häuser, Scheunen und Ställe. 
Das wurde oft so gründlich besorgt, daß von einem 
ganzen Dorfe'nichts übrig blieb als ein rauchender 
Schutthaufen. Sogar kleine Städte, wie Friedland 
und Neidenburg, legten sie in Asche. Immerhin konnte 
eine Ortschaft sich glücklich schätzen, wenn nichts weiter 
geschah. Denn in vielen Dörfern begnügten sie sich 
nicht mit diesen Greueln, sondern fielen auch über die 
Frauen und Kinder her. Scheußlichkeiten, wie sie 
uns alte Kirchenbücher aus den Zeiten des dreißig- 
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