8 Kanonen, 13 Maschinengewehre, große Mengen von
Munition und viele Lebensmittel erbeutet. Auch sonst
hatten sie auf diesem Kriegsschauplatze verschiedene Vor-
teile davongetragen, 2 Munitions- und Truppenzüge in
ihre Gewalt gebracht, ein russisches Bataillon in einer
Schlucht überrascht und vernichtet. An demselben Tage
schlugen türkische Truppen im Verein mit den zu ihnen
übergegangenen Perserstämmen 4000 Russen 50 km
nordöstlich vonSautschbulak und erbeuteten KKanonen
und viel Kriegsmaterial. Wichtiger aber war der Er-
folg, den sie errungen hatten durch die Eroberung der
Stadt Ardagan im Gebiete Kars im russischen Trans-
kaukasien. Sie hatten damit einen Ort zurückerobert,
der bis 1878 türkisch gewesen war, und dessen Be-
völkerung schwer unter der russischen Herrschast geseufzt
hatte. Ihr Einzug wurde daher mit besonderem Jubel
begrüßt, mit umso größerem, als die Russen vor ihrer
Flucht noch alle Roheiten und Schändlichkeiten an
den Bewohnern Ardagans verübt hatten. Es zeigte
sich immer mehr, daß die muselmanischen Völker des
Kaukasus die Russenherrschaft als ein furchtbares Joch
empfunden hatten — wie alle Völker, die unter die
Zarenknute gekommen sind — und daß sie ihre ein-
rückenden Glaubensgenossen als Befreier begrüßten.
Wo immer die türkischen Truppen erschienen, schlössen
sich ihnen Hunderte und Tausende an, um den
„Heiligen Krieg" gegen die Unterdrücker zu führen.
Wenn freilich der Scheich-ül Islam am 6. Januar be¬
hauptete, 320 Millionen Mohammedaner hätten sich
bereits erhoben, so durfte man hinter diese Worte
ein großes Fragezeichen setzen. Denn dann wären
mehr Mohammedaner im Aufruhr gewesen als
es in der ganzen Welt gibt. Aber das schnelle
Vordringen der Türken im Kaukasusgebiet ergibt sich
ohne Frage mit aus der Haltung der Bevölkerung,
die ihnen jeden Vorschub leistete. Am 7. Januar er-
oberten die Türken Midan-Dulbi in der von den
Russen besetzten persischen Provinz Aserbeidschan. Am
13. zog ihre Vorhut in Täbris ein, am 20. wurde
im ganzen Kaukasus der Angriff der Russen zum
Stehen gebracht Von da an scheinen Regengüsse,
Stürme und Schneefälle beide Parteien eine Woche
lang gezwungen zu haben, sich des Kampfes zu ent-
halten. Die Nachrichten über russische Erfolge, die in
diesen Tagen verbreitet wurden, haben sich als völlig
erfunden herausgestellt. Am 27. setzte der türkische
Angriff von neuem ein, sie rückten auf Olty vor,
warfen die Russen zurück und erbeuteten eine Menge
Kriegsmaterial. Diese Erfolge erregten in Persien,
wo man bisher die Russen für unbesiegbar gehalten
hatte, so große Freude und Begeisterung, daß sich
viele Tausende von Freiwilligen dem Türkenheere an-
schlössen. Auch bei Ehoi, dem letzten Zufluchtsorte
der Russen in Aserbeidschan, waren die Türken sieg-
reich. Schon mußte ein russisches Blatt, die „Nußkoje
Wjedomosti", berichten, daß in Persisch-Kurdistan und
im Bulaker Kreise eine für Rußland verhängnisvolle
Bewegung ausgebrochen sei, die Panislamitische Agi-
tation reiße alles mit sich fort, Rußland habe eine
türkische Armee vernichtet (was vollkommen erlogen
war), aber es werde außerstande sein, eine fanatisch
für den heiligen Krieg eintretende Bevölkerung von
vielen hunderttausend Seelen zu vernichten.
Der Februar brachte keine Änderung der Kriegs-
läge auf diesem Gebiete; sie blieb für die Türken
einen ganzen Monat über günstig. Am 3. siegten
sie im Gefecht bei Artwin, am 4. räumten die Russen
Aserbeidschan, nachdem sie noch im Abziehen die
schändlichsten Untaten an der islamitischen Bevölke-
rung verübt hatten. Die „Nowoje Wremja" erklärte
dazu: „Wir verlassen die Provinz freiwillig, um
unsere Achtung vor der Neutralität Persiens zu be¬
weisen". Am 7. wurden zwei Vorstöße der Russen
bei Egriklissa und bei Lespik unter schweren Verlusten
für die Angreifer zurückgeworfen, und wieder erbeu-
teten die Türken beträchtliche Mengen von Kriegs-
Material. An demselben Tage zwang ein türkisches
Kriegsschiff vier russische, in den Hafen von Batum
zu fliehen, erschien dann selbst vor der Stadt und
beschoß sie. „Die russische Schwarze-Meer-Flotte ist
so klein, daß sie sich keinen Verlusten aussetzen darf",
damit erklärte ein sehr hoher russischer Offizier die
üble Haltung seiner Landsleute zur See. Wahrschein-
lich war das wirklich so. Die russischen Kapitäne
hatten Befehl, ihre Schiffe zu schonen, ebenso wie die
Führer der englischen Nordseeflotte, und deshalb
spielten beide, die große wie die kleine Flotte, eine
erbärmliche Nolle.
Auch in Mesopotamien waren die Türken siegreich.
Dort hatten schon Anfang Dezember Kämpfe mit
englischen Truppen stattgefunden, die für die Briten
unglücklich und verlustreich ausgefallen waren. Am
19. Januar wurden die Engländer am Schatt-el Arab
in der Nacht überfallen und erlitten erhebliche Ver-
luste. Am 20. und 21. fanden Kämpfe bei Korna
statt, die ebenfalls unglücklich ausfielen und den Eng-
ländern über 1000 Tote kosteten. Auch das Eingreifen
englischer Schiffe vermochte nicht, einen Erfolg herbei-
zuführen, sie mußten sich vielmehr vor dem türkischen
Feuer zurückziehen. In der Nacht des 30. Januar
machten die Engländer an derselben Stelle einen
Landungsversuch, wurden aber nach schweren Ver-
lusten Zurückgeschlagen. Auch im folgenden Monat
waren sie in Mesopotamien nicht glücklicher. Die
Türken zwangen sie bei Bagdad zum Rückzüge und
eroberten die Festung Piringi.
Auf den Gang des Weltkrieges im großen hatten
alle diese Erfolge zunächst nur geringen Einfluß. Der
Kaukasus und Mesopotamien waren Nebenkriegs-
schauplätze. Die große Bedeutung der Türkei für die
kriegführenden Großmächte lag darin, daß sie den
Suezkanal zu bedrohen, die Dardanellen zu sperren
vermochte. Ein Durchbruch der Dreiverbandsmächte
durch die Dardanellen oder die Eroberung des Suez-
kanals durch die Türken konnte zur Entscheidung des
Krieges wesentlich mit beitragen.
Aus die Bedrohung des Suezkanals war die Ab-
ficht der Türken vom ersten Tage ihrer Kriegführung
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