Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

Der Islam im Weltkrieg bis Ende 1914. 
großen und schnellen Erfolge, die das Osmanen- 
reich in den ersten Monaten seiner Beteiligung 
am Kriege errang, sind wesentlich dadurch zu erklären, 
daß es ihm gelang, die religiöse Begeisterung der 
Völker des Islam zu Heller 
Glut zu entfachen. Der Islam 
wurde in Europa von vielen 
für eine innerlich tote Größe 
gehalten, die in Zukunft nichts 
mehr bedeuten werde. In 
Wirklichkeit war er sehr leben- 
big und hatte sich gerade in 
den letzten Jahrzehnten in 
Afrika und Indien so aus- 
gebreitet, daß daneben die 
Fortschritte der christlichen 
Mission ganz geringfügig er- 
schienen. Kenner der Verhält- 
nisse behaupteten schon seit 
Jahren, Afrika stehe in 
fahr, ein mohammedanischer 
Erdteil zu werden, und sie 
wußten auch davon zu be- 
richten, daß in den Völkern 
des Islam überall eine starke 
religiöse Bewegung bemerk- 
bar sei. Wie richtig sie beob- 
achtet hatten, das zeigte sich 
jetzt. Der Sultan der Os- 
manen konnte wagen, was 
die Türkei seit Jahrhunderten 
nicht hatte wagen können. 
Er konnte den „Dschihad", 
den heiligen Krieg, verkünden lassen. Wenn die 
Religion in der höchsten Gefahr ist, darf der Kalif 
in Stambul alle Kinder, des Propheten zum Kriege 
gegen die Ungläubigen aufrufen, und bei Verlust 
seiner Seligkeit ist jeder Anbeter Allahs verpflichtet, 
diesem Rufe zu folgen. Auch Greise. Frauen, 
Kinder, Lahme, Krüppel sind davon nicht ausge- 
nommen. Nicht einmal in ihrer großen Bedräng- 
nis im Jahre 1877, hatten die Türken zu diesem 
Die deutsch-österreichisch-ungarische Waffenbrüderschaft. 
Nach einer Zeichnung des Sonderzeichners der „Jllustrirten 
Zeitung" Richard Aßmann. 
Mittel gegriffen; damals hatte wohl der Sultan 
gemeint, er werde dabei einen Schlag ins Wasser tun. 
Auch jetzt spotteten die englischen Zeitungen und er- 
klärten, es werde sich ja zeigen, daß diese Waffe 
stumpf und veraltet sei. War 
ihnen wirklich ernst mit 
dem Spott, so erwiesen sie sich 
als sehr schlechte Propheten, 
denn die Ankündigung des 
heiligen Krieges erwies sich in 
ihren Folgen als ein geschicht- 
liches Ereignis von wahrhaft 
unermeßlicher Bedeutung, und 
an den Tag seiner Verkün- 
dung wird sich die Welt noch 
lange zu erinnern haben. 
Am 14. November wurde 
in der Fatihmoschee in Kon- 
stantinopel das „Uetwa" 
Scheich ül Islam, des 
obersten Entscheiders über 
Glaubensfragen, verlesen. Es 
lautete: 
Wenn sich mehrere Feinde gegen 
den Jslamvereinigen, wenn Länder 
des Islam geplündert, die musel- 
manische Bevölkerung niederge- 
metzelt und gefangen genommen 
wird, und wenn in diesem Falle 
der Padischah des Islam nach den 
heiligen Worten des Korans den 
heiligen Krieg verkündigt, ist dieser 
Krieg Pflicht aller Muselmanen, 
aller jungen und alten musel- 
manischen Futz - Soldaten und 
Reiter, und müssen sich alle isla- 
mischen Länder mit Gut und Blut beeifern, den Dschihad zu 
führen? Antwort: Ja. 
Die muselmanischen Untertanen Nutzlands, Frankreichs 
und Englands und der Länder, die jene unterstützen, die auf 
diese Weise das Kalifat mit Kriegsschiffen und Landheeren 
angreifen und den Islam zu vernichten trachten, müssen auch 
sie den heiligen Krieg gegen die Regierungen, von denen sie 
abhängen, führen? Antwort: Ja. 
Jene, die statt den heiligen Krieg zu führen, in einem 
Zeitpunkte, wo alle Muselmanen dazu aufgerufen sind, daran 
teilzunehmen vermeiden, sind sie dem Zorne Gottes, dem großen 
Unheil und der verdienten Strafe ausgesetzt? Antwort: Ja. 
Gräber der bei Limanorva Gefallenen. lKilophot G. m. b. £>., Wien.) 
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