Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

gesetzt. In ganz Serbien blühten 
fröhlich die Vereine, deren Zweck 
die Volksaufhetzung der bosni- 
schen Serben war. Hohe Be- 
amte, Staatsmänner und Offi- 
ziere gehörten zu ihren Mit- 
gliedern. Besonders hatte man 
es darauf abgesehen, österreichi- 
sche Heerespflichtige zur Deser- 
tion zu verleiten. Auch auf öfter- 
reichischem Boden suchte man 
geheime Vereinigungen zu grün- 
den, die im Falle kriegerischer 
Verwicklungen die Revolution 
entfesseln sollten. Die Bomben, 
die ins Land eingeschmuggelt 
waren und deren eine man 
nach dem Thronfolger gefchleu- 
dert hatte, stammten ihrer Ori- 
ginalverpackung nach aus den 
serbischen Waffenlagern in Kra- 
gujevac. Die Mörder wurden 
von den serbischen Offizieren in 
der Handhabung der Waffen 
unterrichtet. 
Dem allen konnte Osterreich 
nicht mehr zusehen. Seine Würde 
als Großmacht und seine Sicher- 
heit erforderten gebieterisch, daß 
dem verbrecherischen Treiben ein 
Ende gemacht wurde. So richtete 
denn die österreichische Regierung 
am 23. Juli eine Note an Ser- 
bien, die allerdings an Schärfe 
und Deutlichkeit nichts zu wün- 
schen übrig ließ. So wuchtig 
Generalleutnant Erich von Falkenhayn, preutzi- 
scher Kriegsminister. 
(Phot. Albert Meyer. Berlin.) 
Reichskanzler von Bethmann Hollrveg. 
(Hofphot. E. Bieber. Berlin.) 
klingen ihre Sätze, daß einen, der an die 
höfische und verbindliche Sprache der 
Diplomatie gewöhnt ist, ein Frösteln an- 
kommen kann, und wie ihr Ton, so 
ist ihr Inhalt. Da wird der serbischen Re- 
gierung ungeschminkt ins Gesicht gesagt, 
daß sie ihr Wort gebrochen und sich am 
Verbrechen beteiligt hat. Es wird von 
ihr gefordert, daß sie auf der ersten Seite 
ihres Regierungsblattes die großserbische 
Propaganda offiziell verurteile und be- 
daure, daß ihre Offiziere und Beamten 
an solchen Bestrebungen teilgenommen 
haben und daß sie in Zukunft alle Be- 
teiligung daran mit strengen 
Strafen bedrohe. Dasselbe 
soll der Armee durch König- 
lichen Tagesbefehl und durch 
Veröffentlichung in der Ar- 
mee-Zeitung bekanntgegeben 
Ferner sind 
Vereine sofort aufzulösen, 
die der großserbischen Pro- 
paganda dienen, und ihre 
Mittel sind zu konfiszieren. 
Jeder Lehrer und alle Lehr- 
mittel in den Schulen sind 
zu beseitigen, die der Pro- 
paganda gegen Osterreich 
Vorschub leisten. Die schul- 
digen Offiziere und Beamten 
sind abzusetzen. Gewisse, der 
Mitschuld am Morde von 
Serajewo überführte Perso- 
nen sind unverzüglich zu ver- 
haften. Zu weiteren Erheb- 
ungen und Nachforschungen 
auf serbischem Boden sind öfter- 
reichisch-ungarische Delegierte zu- 
zulassen. Binnen achtundvierzig 
Stunden hatte die serbische Re- 
gierung zu erklären, ob sie diese 
Bedingungen annehme oder 
nicht. Die Note war also ein 
Ultimatum in der allerschärfsten 
Form. 
Sie war natürlich in Belgrad 
unannehmbar. Nicht etwa der 
Demütigung wegen, die der ser- 
bischen Regierung zugemutet 
ward, denn Slawenstaaten haben 
sich, zum Beispiel vor den Tür- 
ken, manchmal noch viel tiefer 
gedemütigt. Aber die leitenden 
Männer sahen sich dadurch in 
ihren Stellungen bedroht, und 
wenn der König wirklich Miene 
gemacht hätte, die österreichi- 
schen Bedingungen anzunehmen, 
so hätten sie ihn schleunigst be- 
seitigt. Das wußte man in Wien 
natürlich ganz genau. Aber 
man wollte den Krieg, nämlich 
den Krieg mit Serbien, die end- 
liche Abrechnung mit den Mör- 
dern. Daran, daß Rußland zu 
Gunsten Serbiens eingreifen 
werde, zweifelte man und 
mußte man zweifeln. Der 
Zar, dessen Leben ständig von 
Mörderhand bedroht ist und der 
deshalb wie ein Gefangener 
leben muß, konnte doch nicht 
Großadmiral von Tirpitz, Staatssekretär des 
deutschen Reichsmarineamtes. 
(Hofphot. E. Bieber. Berlin.) 
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