Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

richteten sie sogar an der holländischen Küste vier 
deutsche Torpedoboote auf einmal. Am 21.Oktober 
brachten sie das deutsche Lazarettschiff „Ophelia" auf, 
indem sie es beschuldigten, Minen gelegt zu haben. 
Sie konnten dafür zwar nicht den geringsten Beweis 
beibringen, hatten aber doch die Freude, einige deutsche 
Arzte und Krankenschwestern in Gefangenschaft führen 
zu können. Eine Freude war ihnen auch der Unter- 
gang des großen deutschen Kreuzers „Jork", der am 
4. November im Nebel auf eine deutsche Mine in der 
Jade-Mündung geriet und unterging. Endlich hatten 
fie noch am 23. November das Glück, eins der ver- 
haßten deutschen Unterseeboote, „U 18", vernichten zu 
können. Es wurde an der Nordküste Schottlands 
zum Sinken gebracht. Aber was wollten diese Glücks- 
fälle besagen gegen all das Unglück, das Old-England, 
die Königin der Meere, in den beiden Monaten zur 
See erleiden mußte! 
Am 15. Oktober wurde der englische Kreuzer „Hawke" 
in der Nordsee durch einen Torpedoschuß eines Unter- 
seebootes zum Sinken gebracht, wobei 350 Mann er- 
tranken. 1 Offizier und 49 Mann wurden gerettet. 
Am 18. Oktober wurde das englische Unterseeboot 
„E 3", das sich vorwitzig in die deutsche Bucht der 
Nordsee gewagt hatte, dort zerstört. Am 21.Oktober 
wurde der englische Dampfer „Elitra" an der nor- 
wegischen Küste von einem deutschen Unterseeboot 
versenkt, nachdem die Besatzung vorher aufgefordert 
worden war, das Schiff in Booten zu verlassen. Der 
Vorgang stimmte die Skandinavier sehr nachdenklich. 
In einer ihrer angesehensten Zeitungen erklärte ein 
Fachmann, das Unterseeboot schaffe ganz neue Ver- 
Hältnisse zur See und gestalte den Seekrieg völlig 
um. In Zukunft würden die kleinen Staaten durch 
diese furchtbare Waffe, die sie sich leicht verschaffen 
könnten, unabhängiger sein von der Gnade der großen 
seegewaltigen Staaten als bisher — sehr peinliche 
Worte für das Volk, das den Vau von Dreadnoughts 
und llberdreadnoughts eifrig betrieben, den Vau der 
Unterseeboote sehr vernachlässigt hatte. Daß jenes 
skandinavische Urteil wohl richtig sein könnte, bewies 
einige Tage später (31. Oktober) ein deutsches Unter- 
feeboot, das den englischen Kreuzer „Hermes" ver- 
nichtete. Der Kreuzer war alt, sein Untergang an 
sich kein großer Verlust. Aber die Tat war im Kanal 
geschehen, im Kanal, der doch von Gottes und Rechts 
wegen den Engländern ganz allein gehörte, und 
dieses Unterseebot kehrte noch dazu ganz heil und 
unversehrt zurück, ohne von einem rächenden Strahl 
getroffen zu sein. Das war eine bittere Pille, die 
der englische Seehochmut schlucken mußte. Aber es 
kam noch ganz anders. Am 1. November wurde die 
erste Seeschlacht des Krieges geschlagen, und sie war 
ein glänzender Sieg der Deutschen. Der Kontre- 
admiral Graf Friedrich von Spee hatte es verstanden, 
das unter seinem Befehl stehende Kreuzergeschwader 
an der chilenischen Küste durch Funkentelegramme zu 
sammeln und ein englisches Geschwader anzugreifen, 
■bas mit japanischen Schiffen Jagd auf die deutschen 
Kreuzer machen sollte. Der Graf sandte über Nord- 
amerika folgenden Bericht nach Berlin: 
„Am 1. November trafen auf der Höhe von Coronel 
S. M. Schiffe „Scharnhorst", „Gneisenau", „Leipzig" und 
„Dresden" die englischen Kreuzer „Good Hope", „Mon- 
mouth", „Glasgow" und den Hilfskreuzer „Otranto". S. M. 
Schiff „Nürnberg" war während der Schlacht detachiert. Bei 
schwerem Seegang wurde das Feuer auf große Entfernung 
eröffnet und die Artillerie der feindlichen Schiffe in 52 Minu¬ 
ten zum Schweigen gebracht. Das Feuer wurde nach Ein- 
bruch der Dunkelheit eingestellt. „Good Hope" wurde, durch 
Artilleriefeuer und Explosionen schwer beschädigt, in der 
Dunkelheit aus Sicht verloren. „Monmouth" wurde auf der 
Flucht von der „Nürnberg" gefunden. Sie hatte starke 
Schlagseite, wurde beschossen und kenterte. Die Rettung der 
Besatzung war wegen schweren Seeganges und aus Mangel 
an Booten nicht möglich. „Glasgow", anscheinend leicht be- 
schädigt, entkam. Der Hilfskreuzer flüchtete nach dem ersten 
Treffen aus dem Feuerbereich. Auf unserer Seite keine Ner- 
luste. Unbedeutende Beschädigung." 
Der englische Panzerkreuzer „Monmouth" war 1901 
erbaut, hatte 10000 Tonnen Wasserverdrängung und 
eine Besatzung von 678 Mann, von der niemand ge- 
rettet wurde. „Good Hope" war 1901 erbaut, hatte 
14330 Tonnen Wasserverdrängung, auch er ist ge- 
sunken. Der kleine Kreuzer „Glasgow" lief schwer 
beschädigt in Rio de Janeiro ein, wo ihm sieben Tage 
zur Ausbesserung eingeräumt wurden. Da er die 
Frist nicht innehielt, wurde er abgerüstet. 
Der Donner der Geschütze von Coronel hallte in 
der ganzen Welt wider. Selbst die deutsch-feindlichen 
Zeitungen Amerikas mußten den Mut, die Umsicht 
und das Geschick der Deutschen anerkennen. Auch in 
der gesamten europäischen Presse kam zum Ausdruck, 
daß die deutsche Flotte sich großartig gezeigt habe. 
Nur in der Dreiverbandspresse tat man die Sache 
kurz ab und hüllte sich in ein verlegenes Schweigen. 
Die englischen Zeitungen schoben den Mißerfolg ihrer 
Flotte darauf, daß die Deutschen in Südamerika einen 
besseren Nachrichtendienst durch Spione eingerichtet 
hätten als die Engländer. 
Wenn nun die wohldisziplinierte englische Presse der 
verlorenen Seeschlacht gegenüber eine Ruhe heuchelte, 
die nicht echt sein konnte, so kam ihr diese Ruhe ganz 
und gar abhanden, als einige Tage nach der Nieder- 
läge bei Coronel ein Ereignis eintrat, das den Traum 
der unbedingten Herrschaft Englands zur See noch 
viel grausamer zerstörte. Am 3. November erschien 
eine deutsche Flotte an der englischen Ostküste. Das 
deutsche Hauptquartier meldete darüber: 
„Am 3. November machten unsere großen und kleinen 
Kreuzer einen Angriff auf die englische Küste bei Mrmouth. 
Sie beschossen die dortigen Küstenwerke und einige kleinere 
Fahrzeuge, die in der Nähe vor Anker lagen und äugen- 
scheinlich einen Angriff nicht erwarteten. Stärkere englische 
Streitkräfte waren zum Schutze dieses wichtigen Hafens nicht 
zur Stelle. Das unseren Kreuzern scheinbar folgende englische 
Unterseebot „OS" ist, wie die englische Admiralität bekannt- 
gibt, auf eine Mine gelaufen und gesunken." 
Was lag in diesen wenigen Worten! Zum ersten 
Male seit Jahrhunderten war der heilige Boden 
Old Englands von feindlichen Geschossen getroffen 
worden. Wenn das möglich war, was war dann 
unmöglich? 
Die Regierung hatte das Volk von England schon 
seit Jahren mit dem Gedanken an eine deutsche In- 
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