großen, völkerreichen Stadt nicht
zurückschreckten.
So begann die Beschießung. Wel-
chen Erfolg sie hatte, sagt am besten
die Meldung des Großen Hauptquar-
tiers, die am Abend des 10. Oktober
Deutschland durchflog und überall
gewaltigen Jubel erweckte. Sie lautet:
„Am 7. Oktober wurde entsprechend des
Haager Abkommens die Beschießung der
Stadt angekündigt. Da der Kommandant
erklärte, die Verantwortung für die Be-
schießung übernehmen zu wollen, begann
um Mitternacht vom 7. und 8. Oktober
die Beschießung der Stadt. Gleichzeitig
setzte der Angriff gegen die Innenforts ein.
Schon am 9. Oktober früh waren zwei Forts
der inneren Linie genommen. Am 9. Ok-
tober nachmittags konnte die Stadt ohne
ernsthaften Widerstand besetzt werden. Die
vermutlich sehr starke Besatzung hatte sich
anfänglich tapfer verteidigt. Da sie sich
jedoch dem Ansturm unserer Infanterie
und der Marine-Division sowie der Wir-
kung unserer gewaltigen Artillerie schließ-
lich nicht gewachsen fühlte, war sie in voller
Auflösung geflohen. Unter der Besatzung
befand sich auch eine unlängst eingetroffene englische Marine-
Brigade. Sie sollte nach englischen Zeitungsberichten das
Rückgrat der Verteidigung sein.
Der Grad der Auflösung der englisch-belgischen Truppen wird
durch die Tatsache bezeichnet, daß die Übergabe-Verhandlungen
Feldmarschalleutnant v. Kusmanek,
der rapfere Kommandant der Festung
Przemysl. (Phot. Joseph Glück, Gjör.)
mit dem Bürgermeister geführt werden
mußten, da keine militärische Behörde auf-
zufinden war. Die vollzogene Übergabe
wurde am 10. Oktober vom Chef des Stabes
des bisherigen Gouverneurs von Antwer-
pen bestätigt. Die letzten, noch nicht über-
gebenen Forts wurden von unseren Trup-
pen besetzt.
Die Zahl der Gefangenen läßt sich noch
nicht übersehen. Viele belgische und eng-
tische Soldaten fliehen nach Holland, wo
sie interniert werden. Gewaltige Vorräte
aller Art sind erbeutet worden.
Die letzte belgische Festung, das „un-
einnehmbare Antwerpen" ist bezwungen.
Die Angriffstruppen vollbrachten eine ganz
außerordentliche Leistung, die vom Kaiser
damit belohnt wurde, daß ihrem Führer,
General der Infanterie von Beseler, der
Orden „Pour le merite" verliehen wurde."
Vor ihrem Abzüge hatten die
Engländer noch zerstört, was in der
Eile zu zerstören möglich war. Die
Petroleumvorräte hatten sie ange-
zündet, auf den deutschen Handels-
schiffen, die im Hafen lagen, die
Maschinen unbrauchbar gemacht, den
Dampfer „Gneisenau" in der Scheide versenkt, um die
Ausfahrt zu sperren. Anderen Unfug anzurichten, hatte
sie die Schnelligkeit ihrer Flucht gehindert, und so
fielen riesige Vorräte aller Art in die Hände der Sieger.
Mörderischer Kampf in einem Graben der Festung Przemysl. Nach einer Zeichnung des Sonderzeichners der „Jllustrirten
Zeitung" W. Eause.
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