Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

Blick aus die französische Grenzfestung 
der Franzosen aus der Hauptstadt, der sich gegen die 
Linie Crepy-en-Valois—MeauX richtete, zurück- 
geschlagen. Aber am 10. September mußte das 
deutsche Hauptquartier melden: 
„Die östlich von Paris in der Verfolgung an und über 
die Marne vorgedrungenen Heeresteile sind aus Paris, MeauX 
und Montmirail von überlegenen Kräften angegriffen worden. 
Sie haben in schweren zweitägigen Kämpfen den Gegner 
aufgehalten und selbst Fortschritte gemacht. Als der Einmarsch 
neuer starker feindlicher Kolonnen gemeldet wurde, ist ihr 
Flügel zurückgenommen worden. Der Feind folgte an keiner 
Stelle. Als Siegesbeute dieser Kämpfe sind bis jetzt 50 Geschütze 
und mehrere tausend Gefangene gemeldet." 
Also ein Rückzug in allen Ehren, sogar mit Schlacht- 
beute und Gefangenen, aber eben doch ein Rückzug. 
Der rechte deutsche Flügel, der zu rasch vorgegangen 
war, mußte zurück, das Zentrum war genötigt, ihm 
zu folgen. Diese Rückzugsgefechte waren sehr verlust- 
reich für die Deutschen, besonders für die sächsische 
Armee, von der einzelne Regimenter fast aufgerieben 
wurden, bis die Deutschen starke Stellungen an der 
Aisne bezogen. 
Nähere Nachrichten über diese Vorgänge sind von 
der deutschen Heeresleitung ebensowenig ausgegeben 
worden wie über die deutschen Siege. Ob also von 
deutschen Generälen Fehler begangen worden sind und 
welche Fehler, das entzieht sich jetzt völlig unserer 
Kenntnis und wird erst nach dem Feldzuge bekannt 
werden. Jedenfalls steht so viel fest, daß mit dem 
10. September ein Wendepunkt des Krieges eintrat. 
Das Vorwärtsstürmen der deutschen Truppen hörte 
aus, und daran änderte auch das nichts, daß der 
deutsche Kronprinz an demselben Tage eine befestigte 
französische Stellung südlich von Verdun erstürmte. 
Allerdings konnten auch die Franzosen keine Fort- 
schritte mehr machen. General Joffre, der sich viel 
Belfort. (Hofphot. Robert Spreng, Basel.) 
fähiger und tüchtiger erwies, als man am Anfang 
des Krieges geglaubt hatte, suchte am 17. September 
den äußersten rechten Flügel der Deutschen zu um- 
gehen und zu durchbrechen. Aber trotz großer Tapfer- 
keit der französischen Truppen scheiterte der Angriff 
vollständig. Das IV. und XIII. französische Armee¬ 
korps und Teile einer weiteren Division wurden bei 
Noyon entscheidend geschlagen. Das Chateau Pry- 
mont bei Reims — die Deutschen hatten die Festung 
bei dem eiligen Rückzüge aufgeben müssen — wurde 
erobert und 2500 Gefangene gemacht. Die deutsche 
Heeresleitung konnte am 19. September berichten, daß 
die zweite französische Offensive zum Stillstand ge- 
kommen, die Franzosen und ihre englischen Bundes- 
truppen überall auf der ganzen Schlachtfront wieder in 
die Defensive gedrängt seien. Aber aus dem Schlachten- 
kriege war nun ein Belagerungskrieg geworden. Die 
Welt hatte noch nie das Schauspiel eines so eigen- 
artigen Kampfes gesehen. Ungeheure Mengen von 
Kämpfern lagen auf einer riesigen Schlachtfront hüben 
und drüben in tiefen, kunstvoll angelegten Schützen- 
gräben und wühlten sich in der Erde aneinander heran, 
so wie sich Belagerungsheere feindlichen Festungen zu 
nähern pflegen. An ein Stürmen war nur dann zu 
denken, wenn zuvor die Stellung des Gegners durch 
die Artillerie unhaltbar gemacht worden war. Das 
war für die Deutschen sehr schwierig, denn die fran- 
zösische Artillerie, die in den früheren Kämpfen sich 
keineswegs den Ruhm der Treffsicherheit erworben 
hatte, schoß hier sehr gut, weil ihr in diesem Gelände 
jede Entfernung genau bekannt war. Trotzdem wurden 
nicht unwesentliche Vorteile errungen. Am 21. Sep- 
tember eroberten die Deutschen die Höhen von Crao- 
nelle bei Reims, drangen bei Verdun vor und warfen 
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