Volltext: Der Sammler 14. Jahrg. 1919 (1919)

Klöster» in so reicher und prächtiger Auswahl ange 
troffen werden, soll bei diesem Anlasse einiges nach 
den Ausführungen P. L. Koller, Kremsmünster(siehe 
XV. Band der Mitteilungen des Staatsdrnkmal- 
amtes) angeführt werden, nach denen, mit nicht 
geringer Wahrscheinlichkeit auf die Zeit deS Ent 
stehens, ja vielleicht auch auf den ausführenden 
Künstler geschlossen werden kann. Wir erfahren 
auS obgenannter Quelle, daß bald nach Anfang 
des 17. Jahrhunderts eine neue Richtung in 
Stucks eingriff, die im Gegensatze steht zn den 
schablonenhaften Erzeugnissen des ganzen früheren 
Jahrhunderts. ' 
P. L. Koller schreibt: „Die wulstigen Kränze 
lockern sich und laufen in Spitzen auS, zierliches 
Rankenwerk durchzieht die Leibungen anFenster und 
Türen, auch die Taperien werden leicht und weich. 
Nur an hervorragenden Stellen erscheinen alt 
gotische Figuren, sonst tritt das Figürliche mehr 
in Medaillonform auf. Aus dem Schwinden 
der Hochreliefmassen, dem Eindringen freierer 
Linienführung und der Vielgestaltigkeit in den 
einzelnen Ornamenten.-Gruppen, erklärt sich der 
anmutige Zug, den diesen einen Vorlaufe des 
Rokokos bildenden Stückarbeiten innewohnt.. 
Meister in diese Figuren ist Diego Carlore; 
die hervorragendsten Kunstwerke aus seiner Hand 
besitzen in Oberösterreich die Stifte Lambach 
und Kremsmünster, wo er 1719 die Wände de? 
Kaisersaales mit seinen Schöpfungen verzierte. 
Sein Kollege Perolo es' Agilo war mit 
den Arbeiten in der Sakristei betraut." 
Des weiteren wird angeführt, daß die 
Familie der hervorragenden Architekten Carlan- 
tono Carlore mehr als 200 Jahre in Oberöster 
reich tätig war, nicht nur im Stifte Kremsmünster 
und Lambach, sondern auch in St. Florian, 
Schlierbach und Garsten, und es ist daher die 
Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß 
auch das Kloster Suben die Kunst dieser Familie 
in Anspruch genommen hat. 
Jedenfalls, wir wiederholen es, sind die in 
Rede stehenden Stnckrelief aus kunstbewährter 
Hand entstanden und der angegebenen Zeit zn- 
gehörig. 
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Nebst diesem Kunstschatze barg der beschrie 
bene Turmraum aber noch ein anderes höchst 
interessanter und wertvolles Kunstdenkmal. Ganz 
unerklärt war ein kleiner etwa faustgroßer Kopf 
aus Stein, der aus der Mauer hervorragte. Man 
wußte nicht, was selber zu bedeuten hatte, für 
jeden Laien ein Rätsel bezüglich Herkommen und 
Zweck. Der Kopf war einstens bemalt, das 
konnte man deutlich erkennen. Der bei der letzten 
Besichtigung gegenwärtige Vertreter des Staats 
denkmalamtes erklärte denselben als den Kopf 
eines romanischen Säulenkapitäls. Die Richtig 
keit der Annahme sollte sich bald ergeben: 
Nach erfolgter Abnahme der Stuckreliefs 
wurde darangegangen, diesen Steinkopf von der 
Umrahmung losztilösen. Das war aber auch 
nicht so einfach geschehen. Man kam darauf,, 
daß derselbe zu einem Eteinblocke zuge 
hörig war, der aus dem Mauerwerke ausgelöst 
werden mußte. Schon während dieser Arbeit 
erkannte man, daß tatsächlich ein Säulenkapital 
zum Vorschein kam und als selbes von seiner 
Umrahmung befreit war, hatte man ein voll 
ständig erhaltenes, in seiner Ausführung ausge 
zeichnet gearbeitetes romanisches Säulenkapitäl 
vor sich. 
Selbes ist 24 5 Zentimeter hoch und eben 
so breit an seiner oberen Tragfläche. ES zeigt 
als für diesen Baustil charakterisierend eine sehr 
tiefe Kehlung, am Boden mit einer starken Rand 
wulst als Abschluß von der unteren Stützfläche. 
In den Kehlungen, die vierseitig sind, fanden 
sich an 2 gegenüberliegenden Ecken je ein 
polychromer Kopf und Gesicht, an der gegenüber 
liegenden'Seite eine Traube an starkem Stengel 
nach aufwärts gerichtet und gegenüber in der 
4. Ecke eine aufrechtstehende Schnecke, die in 
einem gedrehteil Stil ausläuft. 
Nun war das Rätsel deß aus dem Turm 
mauerwerk hervorragenden sogenannten schiuarzen 
Kopfes gelöst. 
Damit war aber der so erfreuliche Fund 
noch nicht abgeschlossen. 
Unter dem Kapitäl kam auch eine Säule 
zum Vorschein.' Eine Säule von 45 Zentm. Höhe 
und 13 bis 13 5 Zentimeter.Durchmesser. Das 
Material der Säule ist Granit. Wenn selbe 
airch gemäß ihres Materiales und den zu ge 
ringen Durchmessers, gegenüber der Stützfläche 
des Kapitals (16 Zentm.), ursprünglich eine 
andere Zugehörigkeit haben mochte, für »>ls ge 
hört sie zu der aufgefundenen romanischen Säule, 
denn auch der Säulenfuß konnte nach der Säule 
geborgen werden. Dieser letzte Teil des Ganzen 
ist wieder ausgesprochen romanisch. Er hat eine 
Grundfläche von 30 : ci0 Zentimeter. Die Ge- 
simsung nach aufwärts verjüngt sich auf einer 
Säulenfläche von 16'5 Zentimeter, was den 
Durchmesser der unteren Kapitälfläche entspricht. 
Das Material des Säulenfußes ist wieder weißer 
Marmor und die Gesimsung zeigt wie oben die 
charakteristischen Deckwülste. 
Den weiteren Beweis der Zusammen 
gehörigkeit des Fußes mit dem Kapitäl ergibt 
sich au? dem Vorhandensein von 4 stilisierten 
Köpfen an den Ecken des Bodengesimses. Die 
zusammengestellte Säule ergibt eine gesamte 
Höhe von genau 1 Meter. Selbe ist anzusprechen 
als ein Bestandteil einer Palusstrade, oder als 
eine Fenstersäule für ein zweiteiliger romanisches 
Bogenfenster. 
Unzweifelhaft ist diese Säule eines der 
ältesten Kunstdenkmäler deS Landes, dürfte selbes 
doch aus dem >0. oder 11. Jahrhundert stammen. 
Die ausgezeichnete Beschaffenheit derselben erhöht 
uns dessen Wert, und das Stadtmuseum darf
	        
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