Volltext: Der Sammler 11. Jahrg. 1915 (1915)

Herausgeber: Der Museal-Verein Schärding. — Verantwortlicher Redakteur: Joh. Vees, Schärding. 
Druck I. Vees, Schärding. 
4 - 
und die altvertraute Benennung „Markt" noch 
einige Jahrzehnte in den Dokumenten fortlebte, 
sind mir Menschen des raschlebigen XX. Jahr 
hunderts ja nicht um viel anpassungsfähiger! 
Heute noch kursiert das 20 Heller Stück unter 
der Bezeichnung „Sechserl" und die Zweikronen 
münze wird noch lange der brave Gulden bleiben. 
Ohne den geschichtlichen Tatsachen Zwang 
antun zu müssen und ohne Hilfe spitzfindiger 
Interpretationen gelangen wir demnach zum 
Schlüsse, daß Schärding seit dem Jahre 1316 
eine Stadt ist. 
Sie war eine churfürstlich bayrische Stadt 
wie Oetting und Burghausen; im Jahre 1364 
wurde sie eine oberennsische Stadt und im Jahre 
1394 erhielt sie wieder ihre alten bayrischen 
Stadtrechte. 
Im Volksmunde blieb sie noch länger der 
Markt und die Schreibweise hielt sich, der Deut 
lichkeit und der guten Gewohnheit halber, an 
Sprachweise der Bevölkerung und ignorierte die 
in den Archiven ruhenden politischen Urkunden. 
Eine „wirkliche", „echte" Stadt, wie wir 
sie uns vorstellen, wurde sie erst nach dem Jahre 
1380 und Herzog Ludwig der Gebartete er 
neuerte vom Grunde aus das Stadtbild, als er 
nn Jahre 1429 angefangen „den Zwinger an 
den Vorhof, das tor und die tuen von Grund 
herausgemäuert, den Graben pröchen an beiden 
seitten an das Ihn auch den statzwingerturm, 
das tor, genant allerheiligen und das intor und 
den zwinger von dem Aichpüchl bis an den 
Vorhof des Best von Grund heraus gemauert, 
den statgraben prechen und graben" zu lassen. 
In diesem Jahre schlug die eigentliche 
Geburtstagsstunde unserer Stadt 
Zum Feste feiern haben wir noch Zeit 
genug! Möge ein späteres Geschlecht einer ein 
gebürgerten Gewohnheit zuliebe im Jahre 1964 
das 600-jährige Jubelfest der oberennsischen 
Stadtrechte feiern, wir wollen geduldig und mit 
Zuversicht einer anderen Feier entgegensehen: 
der Weltfriedensfeier, die unserem neuerstarkten 
Oesterreich jene Früchte bringen wird, die es in 
diesem beispiellosen Ringen mit dem kostbaren 
Blute seiner Heldensöhne erkauft. Wird uns 
das Jahr 1915 den Lorbeer und die Palme 
bringen, dann können wir immerhin auch den 
20. Jänner 1916 mitfeiern als den Tag, an 
welchem vor 600 Jahren zu Landshut unser 
liebes, altes, vielerprobtes und hartgeprüftes 
Schärding zur Stadt erhoben wurde. 
Das größte Völkerringen aller Zeiten, 
welches auch durch unsere Stadt seine Blutfurchen 
zog, wird wieder nur neuen Ruhm und neue 
Kräfte der Sechshundertjährigen bringen, denn 
altehrwürdige Dokumente zeugen für dieses Alter, 
für dieses gute Recht und für diese stolze Zuversicht! 
Stratze«-, Gasse«- und Hä«fevberetchn«ng 
«an Alt-SchKrding 
(Nach Lamprecht.) 
(Um die Mitte des 17. Jahrhunderts.) 
Am Stadtplatz stand wie heute noch das Rat 
haus. An dasselbe schloß sich die Hofgasse mit dem, 
dem kurfürstlichen Leutnant gehörigen Hause 
Nr. 2, heute Kriegners Gasthaus (Stiegenwirt), 
so genannt, weil eine Stiege von außen in die 
Gaststube führte. Der Nachbar war der Bene- 
fiziat der Bürgermesse und das Eckhaus vor der 
Schloßbrllcke gehörte dem deutschen Schulmeister. 
Dann kam jenseits der Zugbrücke das Schloßtor 
mit anschließend der Schloßkapelle, das äußere 
Schloß und das innere Hochschloß, Kasten und 
Zeughaus links vor der inneren Schloßbrücke, 
heute Villa Ebenhecht. — Dem Rathause gegen 
über zwischen dem oberen und unteren Stadt- 
platze das städtische Schranenhaus. Anschließend 
an dasselbe kam das Haus von unserer lieben 
Frau Rosenkranzbruderschaft (heute Tabaktrafik). 
Die Besitzer der Häuser Halmlehner und Schließl 
eder waren Bäcker und Drechsler. In der oberen 
Kirchengasse war das Haus der lateinischen und de.ut- 
schen Schule (Lotterie), von der Kirchengasse aus 
gegen den Stadtplatz zu finden wir das Eisen 
thalerische Benefiziatenhaus mit der heute noch 
sehr gut erhaltenen Muttergottes (Eschlmüller). 
Dahinter stand das städtische Amtshaus oder 
Frohnoeste, später Schulhaus, heute Kleinkinder 
bewahranstalt. Vom sogenannten Schulhaus 
bogen aus setzt sich die Silberzeile an, aus der wir 
folgende Gebäude namhaft machen wollen: das 
Haus des Seifriedbergerischen Benefizimus (Ritz 
berger), die Häuser des inneren Rates Stadtbürger 
meisters Johann Jsak Ortner, Aufschlags Ein 
nehmer (Anna Baumgartner, Pinter) des Stadt 
schreibers Joh. Saigz (Apotheke). Gallus Höra- 
böck, Lebzelter (Haus mit Maria, heute Reiß). 
Den Schluß bildete der obere Stadtturm mit 
dem äußeren Stadthor. Links davon zweigt die 
Amtsgasse, (Ludwig Pfliegl - Gasse) ab. Gewiß 
erwähnenswert ist es, daß zur Zeit der be 
sprochenen Straßenbenennung (1630) in dieser 
Amtsgasse überhaupt kein Amtsgebäude war. 
Das Haus der heutigen k. k. Bezirkshauptmcmn- 
schaft war zur selben Zeit eine Remise der 
Brauerei des Bräuers Matthäus Annich, über 
haupt finden wir in der seinerzeitigen Amtsgasse 
vier Remisenhäuser von Brauereien inmitten das 
Leitnerhaus. Bon der Amtsgasse dem Stadt 
platze zu war die Webergasse der nunmehr der 
gelehrte Sohn Schärdings Michael Denis den 
Namen gibt. Die vier am Platze stehenden Häuser 
waren unter den Großhändlern Jebinger und 
von Schacky in einer Hand vereinigt und im 
Jahre 1678 auf demselben von Jakob Schacky 
das einzige Licht in der Pfarrkirche gestiftet. 
Fortsetzung folgt.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.