Volltext: Der Sammler 7. Jahrg. 1911 (1911)

Nr. 5. — V. Iahrg. Beilage ;nm „Schärdinger Wochenblatt". 
Mai 1011. 
iBei* JSammlen. 
Mitteilungen des Vereines zur Erhaltung des Stadtmuseums und zur Erhaltung des bau 
lichen Charakters der Stadt Schärding. 
Inhalt: Die Weihnachtskrippe. — Offener Brief an Schärdings Jugend v. Carl Gruber, Wien. 
— Beiträge zur Geschichte einzelner Häuser. — Ansichtskarten des Musealvereins. 
Die sßadlscbe Weihnachtskrippe. 
Im Monat April ist der in der Stadt 
allseits bekannte Gärtner Wilhelm Madl ge-; 
starben, der die arbeitsschwache Zeit in seinem Be 
rufe, den Winter, zur Vorführung einer Weihnachts 
krippe benutzte, die sich bei Jung und Alt lebhaften 
Beifalls erfreute. In dem kleinen Gärtner 
häuschen, das er sein Eigen nannte, war nicht 
soviel Platz aufzubringen, daß die Krippe in 
ihrer Gesamtheit hätte aufgestellt werden können; 
— nur die Hälfte derselben fand eben Raum. — 
So kam es, daß die vollständige Weihnachts 
krippe die wenigsten Besucher zu sehen bekamen, 
— trotzdem hörte man von dieser Krippe doch 
nur in Worten der Anerkennung sprechen, und 
tatsächlich war in Schärding seit dem Verfalle 
der Trojanschen Krippe keine mehr in die 
Höhe gekommen, die auf Beachtung hätte An 
spruch erheben können. Vor einem halben Jahr 
hundert hat der Bürger Trojan in seinem Hause 
Silberzeile Nr. 9 eine prächtige selbstverfertigte 
Weihnachtskrippe aufgestellt die viele Jahre hin 
durch ein Anziehungspunkt für unsere Stadt 
jugend war. Wie es aber mit all' den Dingen 
geht, die ein Einzelner ausgeführt und behütet, 
— so auch da. Mit Trojans Tod ist auch die 
Krippe verschwunden, es war Niemand mehr, 
der sich die Mühe des Aufstellens nahm, oder 
der dies konnte, kurz diese Weihnachtskrippe ver 
schwand, und ging im Laufe der Jahre voll 
ständig zu Grunde. -— AIs nach Jnslebentreten 
des Musealvereins nach der Trojanschen Krippe 
Umschau gehalten wurde, konnte nur deren voll 
ständiger Verfall festgestellt werden. — 
Zwischen dieser nun zum Bedauern des 
Museums verschwundenen Weihnachtskrippe, und 
zwischen jener Krippe, die im Gärtnerhause des 
Herrn Madl zu sehen war, besteht ein gewißer 
Zusammenhang, und daher ist auch die Letztere 
für den Musealverein gegenständlich. — Auch 
die Madlsche Krippe ist in jedem Stücke von 
dem Vorführer selbst geschnitzt und gemacht, — 
die Eine wie die Andre sind Schärdinger 
Arbeiten, und das ist für den Musealverein be 
stimmend geworden, nunmehr die Madlsche 
Weihnachtskrippe zu kaufen. Dadurch soll die 
selbe vor einem gleichen Schicksale wie die 
Krippe Trojans bewahrt bleiben. In beiden 
Schaustellungen ist der schätzenswerte Gedanke 
darin zu finden, daß es sich um unverfälschte 
Volkskunst handelt, die auf Schärdinger Boden 
gewachsen ist. — Sollte selbe am Orte ihres 
Entstehens erhalten bleiben, so mußte dafür ein 
getreten werden, wenn dies für den Verein 
auch außergewöhnliche Ausgaben mit sich ge 
bracht hat. 
Die „Madlsche" Weihnachtskrippe nimmt 
eine Wand von 6 Meter Länge ein. Es sind 
weit über zweihundert geschnitzte Figuren vor 
handen, welche die einzelnen Darstellungen 
bilden, — Zahlreiche Tiere, die Elefanten und 
Traptiere alle mit zierlich gearbeiteten 
Schabracken und Prunkdecken. Eine reiche 
Phantasie ist in diesen zahlreichen Stücken nieder 
gelegt. 
Jedes Stück, jeder Baum, kurz jeder 
Krippengegenstand ist von der Hand Madls ge 
schnitzt, der wohl dreißig Jahre seines Lebens 
unermüdlich an der Ausstattung seiner Krippe 
gearbeitet hat. Nun mehr ist dieselbe für die 
Zukunft geborgen. 
Es besteht die Absicht, die Aufstellung im 
Hlg. Geistspitalgebäude zu veranlassen, da im 
Museum weder ein Raum noch eine Heizanlage 
für die Krippenzimmer vorhanden wäre. — 
Wenn zur Aufstellung im Hlg. Spitalgebäude 
die Zustimmung erteilt wird, so wird sich 
unsere Jngend und ohne Zweifel auch die 
ländliche Jugend der Umgebung wieder eines 
Stadtkrippels erfreuen, und auch am Besuche 
desselben wird es nicht fehlen. 
Die Erhaltung, Ausgestaltung und CUieder= 
Herstellung des Schärdinger Stadtbildes. 
Offener Brief an Schärdings Jugend. 
Von Karl Grub er, Wien. 
Es gab eine Zeit, da träumte ich von 
großen Städten, lichterfüllten Straßen, menschen- 
wimmelndeu Plätzen und gar langweilig war 
mir das stille ruhige Bild meiner Heimatstadt.
	        
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