Volltext: Der Sammler 5. Jahrg. 1909 (1909)

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Der Inn gab dem Platz eine natürliche Stärke 
und nachdem die Innbrücke in Schärding unbrauchbar ge 
macht wurde, ward es dem andringenden Feinde unmög 
lich gemacht, seine Eilmärsche fortzusetzen. Voraus dem 
Heere des Marschalls Massena war die Division des 
Generals Legrand. Letzterer forderte die Stadt zweimal 
auf, sich zu ergeben. Die Bürgerschaft von Angst und 
Schrecken erfüllt, bat den österreichischen General von 
Dedovich inständig, die Stadt zu übergeben, da a ein 
längerer Widerstand gänzlich aussichtslos war. General 
Dedovich hat diese Bitten beharrlich abgeschlagen. Als 
dann den französischen Parlamentär, den General Le 
grand mit der Aufforderung vorschickte, die Stadt solle 
sich endlich ergeben, eine Kugel traf, ward das Urteil über 
die Stadt gefällt. Die französsichen Geschütze begannen ihr 
Zerstörungswerk und bald waren 178 Häuser in Schutt 
und Flammen geschossen. 
Der eindringende französische Feind, über die 
Haltung Schärdings aufs höchste erzürnt, kannte keine 
Gnade und so wurden die unglücklichen Bewohner auch 
durch eine schrankenlose fünftägige Plünderung ins größte 
Elend versetzt, die wohlhabenden Bürger verarmten - - 
Und mehr als ein halbes Jahrhundert mußte vergehen, 
bevor diese Wunden vernarbten. 
Wir begegnen allenthalben in unserem Baterlande 
Erinnerungen an das schreckensvolle Kriegsjahr 1809; die 
Erinnerungen, die die Stadt Schärding ihr eigen nennt, 
sind wohl danach angetan, selbst das Mitgefühl der Nach 
welt wach zu erhalten. Bon diesem Gedanken geleitet, 
hat es der Musealverein der Stadt Schärding für seine 
Pflicht gehalten, diesen wichtigen und ereignisvollen Ab 
schnitt in der Geschichte der Stadt der Nachwelt ins Ge 
dächtnis zu rufen. Dank der einmütigen Gutheißung seitens 
der Stadlgemeinde-Vertretung konnte die heutige Gedenk 
feier abgehalten werden und nun erinnert die am Rathause 
angebrachte Erinnerungstafel an das Geschehnis sowohl, 
als daran, daß die heutigen Stadtbewohner es zu schätzen ; 
wissen, was ihnen die Geschichte überliefert hat. Indem 
ich namens des Musealvereines dieses Denkmal der Obhut 
des Bürgermeisters übergebe, gebe ich dem Wunsche Aus 
druck, daß unserer Stadt in alle Zukunft nur freundliche 
Schicksale beschieden sein mögen. 
Hierauf übernahm Herr Bürgermeister E. A l t - 
mann die Gedenktafel mit nachstehender Ansprache: 
Geehrte Anwesende! 
Unsere Stadt hat wohl schon frohe Feste gesehen, 
— eineGedächtnisfeier die von der gesamten Stadtbewohner 
schaft begangen wird, das hat Schärding noch nicht erlebt. 
Die Veranlassung, die uns hier heute in feierlicher Stimmung 
zusammenführt, ist soeben besprochen worden, sie gilt der 
Erinnerung an ein trauriges Ereignis in unserer Stadt- 
geschichte. Der Zeiten Lauf war den Nachkommen günstiger 
uns ward es vom Schicksale gegönnt, eine friedlichere, 
segensvolle Zeit zu durchleben, als unseren Ahnen und 
Vorfahren beschieden war. Haben wir allen Grund hiefür 
Dank zu empfinden, so steht es der heutigen Generation 
wohl auch zu, einen Rückblick zu machen auf die Gescheh 
nisse, die sich vor 100 Fahren in unserer Stadt ereigneten, 
und die für uns so bedeutungsvoll waren. 
Der Musealverein hat in richtiger Erkenntnis der 
Bedeutung der Stadtgeschichte im Einvernehmen mit der 
Gemeindevertretung ein bleibendes Denkmal an jene Tage 
der Bedrängnis errichtet, und hat selbes dem Bürger 
meister in seine Obhut übergeben. 
Ich übernehme das Denkmal namens der Stadt 
gemeinde mit dem Ausdrucke des Dankes an den Museal 
verein für sein patriotisches Wirken und verspreche ein 
treuer Beschützer dieses Denkmals sein zu wollen. Allen 
Bewohnern unserergStadt embfehle ich der Wertschätzung 
dieser geschichtlichen Erinnerung. 
Wollen alle Vereine, die sich hier versammelt 
haben, gleichfalls den besten Dank für ihre Teilnahme 
entgegennehmen. 
Geehrte Anwesende! Die Stadtgemeindevorstehung 
hat soeben in einem einstimmig gefaßten Beschluß den 
dankbaren Gefühlen der Stadt darüber Ausdruck ver 
leihen, daß es unserem Vaterlande gegönnt war, länger 
als 40 Jahre sich den Segnungen des Friedens zu er 
freuen, und ich lade alle Anwesenden ein, diesem Beschluß 
die Bestätigung zu verleihen, indem Sie mit mir ein- 
stimmmen in den Ruf: Seine Majestät Kaiser Franz 
Josef, der Beschützer des Volksfriedens lebe hoch! 
Das deutsche Zunftwesen im IDittelalter. 
(Schluß.) 
Wurde dasselbe von den Meistern als genügend 
befunden und war gegen seine sittliche Aufführung nichts 
einzuweeden, so erlangte er die höchste Würde e r 
wurde Meister. Nun war das sichere Fundament 
für seine Existenz gelegt, er durfte sich einen eigenen 
Haushalt gründen. — Wenn sein Lebenslauf vollendet 
war, trug ihm die Zunft seinen Sarg mit den Insignien 
des Handwerks schmückend, zu Grabe und sorgte für seine 
Hinterbliebenen. 
Die Vorsteher der Zünfte hießen Iechmeister oder 
Altmeister,- ihnen waren die Altmänner zur Seite gestellt. 
An der Spitze der Gesellen stand der Altgeselle. Der 
ganze Zunftausschuß hieß später: „DerbesetzteTis ch". 
Jede Zunft hatte ihre eigene Verfassung, Zunft 
ordnung, welche obrigkeitlich genehmigt war. 
Wohl begegnen wir in diesen Zunftordnungen gar 
manchem, was unserem R e ch t s s i n n und Bil 
dungsgrade, überhaupt unseren geläuterten 
Anschauungen widerstrebt. 
So wurde z. V. den Bäckern in Zieren 
berg in Hessen in den im 15. Jahrhundert erteilten 
Iunftbriefen gestattet: „Demjenigen, der ihnen Brot oder 
Wecken wegnahm, eine gute H a a r f u t s ch e (d. i. 
Ohrfeige) zu geben". 
Den S ch u st e r n aber : „den, der sie in ihrem 
Handwerk beeinträchtige, zwischen ihren Bänken so mit 
Fäusten oder Schuhleisten zu schlagen, daß er kaum ge 
nesen möge". 
Nach dem Aberglauben und den Vorur 
teilen jener Zeit hielt man gewisse Beschäftigungen 
für anrüchig oder unehrlich, z. B. die Barbiere, 
Pfeifer und Trommler, Schäfer, Zöllner, Nachtwächter, 
Frohnknechte, Totengräber, Gassenkehrer, Scharfrichter, 
und am l ä n g st e n den Abdecker (Schinder.) Ja, 
man ging soweit, daß man sogar dem Sohne eines 
solchen die Aufnahme in die Zunft verweigerte und daß 
derjenige, der nur mit einem für unehrlich gehaltenen 
Menschen an einem Tisch gesessen, oder mit ihm aus 
einem Kruz getrunken hatte, aus der Inn ft ge 
stoßen wurde. Wer einen Erhängten abschnitt, um ihn 
vielleicht noch am Leben zu erhalten, wurde anrüchig. 
Auch gewisse Nationalitäten, besonders die Slaven waren 
nicht aufnahmsfähig. 
Die Statuten und wichtigen Dokumente 
jeder Innft wurden in der „L a d e" aufbewahrt. Diese 
war kunstvoll gearbeitet und mit eisernem Schlosse und 
Beschlägen versehen. Bei festlichen Gelegenheiten wurde sie 
im Zuge der Handwerker feierlich mitgetragen. 
Die Zünfte hatten ihre regelmäßigen Zusammen 
künfte in öffentlichen Wirtshäusern, welche Handwerks 
herbergen genannt wurden. Der Wirt hatte allen 
einheimischen und fremden Handwerksgenossen Herberge 
zu geben und hieß Herbergsvater, die Wirtin 
Herbergsmutter. Reichere Zünfte hatten aber auch 
ihre eigenen Zunfthäuser. 
Jur Fertigung ihrer Urkunden bedienten sich die 
Zünfte eines eigenen Siegels oder Handwerkwappens, 
welches später auch in die Fahnen gemalt oder gestickt 
wurde. Diese trugen häufig auch das Bild des Schutz 
patrons des Handwerkes und der Handwerksinsignien. 
Alles wurde vor offener Lade verhandelt, diese 
aber konnte erst geöffnet werden, wenn alle Mitglieder 
und die V o r st ä n d e versammelt waren.
	        
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