Volltext: Der Sammler 5. Jahrg. 1909 (1909)

Museum die Abschrift eines Briefes des Land 
gerichtskontrollors, den er im Jahre 1849 von 
Laufen in Bayern, wo der damals 79jährige 
Mann lebte, an seine Angehörigen schrieb, indem 
er vierzig Jahre nach dem traurigen Ereignisse 
noch in anschaulicher Weise den Erinnerungen 
nachhing, welche der Schrecken des Krieges und 
die Gefahr, in der er sich mit den Deinigen be 
fand, in ihm wach erhielt. 
Da diese Darstellung so ein recht anschau 
liches Bild gibt von der Franzosennot in Schär 
ding, so sei selbe im Wortlaute wiedergegeben. 
Ferdinand Stöger schreibt: 
Laufen, den 26. April 1849. 
Mein innigstgeliebter teurer Sohn! 
Meine innigstgeliebte Frau Tochter! 
Meine liebe, gute Konstanze, meine lieben, 
teuren Enkel Anton, Ludwig und Hermann! 
Empfanget alle zusammen meinen innig 
sten Dank für Euren so herzlichen Glückwunsch 
zu meinem 79. glücklich verlebten Geburtstag. . 
Der oben bemerkte 26. April ist der mir 
lebenslang unvergeßliche, verhängnisvolle Tag 
1809, an dem Du Dich sowie Dein Bruder 
Ludwig während der Osterferien zu Krems 
münster vor 39 Jahren zu Hause in Schärding 
befandest. Es ist mir noch in guter Erinnerung, 
wie nach 12 Uhr mittags, während wir beim 
Mittagmahl kaum die Suppe gegessen hatten, 
das französische Bombardement der bahr. und 
badischen Artillerie mit etlich dreißig Geschützen 
jenseits des Inns unter Kommando des Mar 
schalls Maßena und General Legrand begann, 
nachdem auf frühere erste Aufforderung vom 
Schlosse, mit noch vorhandenen zwei sechspfün- 
digen Kanonen auf die Franzosen geschossen 
wurde. In dem Augenblick erfolgte die Be 
schießung, die bis abends 10 Uhr dauerte, so- 
daß die halbe Stadt, über zweihundert Häuser, 
die große Pfarrkirche, die Spitalkirche samt 
Spital zusammengeschossen wurde, und wir alle 
mit Zurücklassung aller Effekten, mit Gefahr 
des Lebens rückwärts die schöne Wohnung von 
5 Zimmern verlassen und uns in ein Gewölbe 
flüchten mußten, dort bis 4 Uhr nachmittags 
uns mit den Hausleuten verbargen und dann 
mit ihnen, da das Haus in Feuer stand und 
das Bombardement unausgesetzt fortdauerte, 
rückwärts bei dem Hause durch die ganz vom 
Feuer ergriffene Kirchengasse mit Lebensgefahr 
durch das Heiligentor über den Pramfluß in 
zweieinhalb Stund entlegene Bauernhäuser ge 
flüchtet sind. Wie wir in diesen bis zum an 
deren Tag geblieben sind, dort von Franzosen 
mit Schüssen bedroht wurden, geplündert und in 
diesem elenden Zustande in die noch immer hoch 
im Feuer geloderte Stadt zurückkehrten, und wir 
alle bei dem Weißmann Bräuer, welches Haus 
überschössen und dadurch der hintere Teil der 
Stadt, der sogenannte Aichbüchl, samt der Ka 
puzinerkirche und Kloster verschont wurde, Un 
terkunft gefunden haben. 
Dieses unglückliche Ereignis ist mir mit 
allen seinen Folgen noch in lebhaftem Andenken. 
Ferdinand Stöger. 
Tranrosennot in Zchäräing. 
So betitelt sich ein historisches Drama, 
welches die Verhältnisse schildert, die der, Stadt 
Schärding so viel Unheil gebracht haben, so wie 
es den Ereignissen Rechnung trägt, die infolge 
des Krieges mit Frankreich über die Stadt ge 
kommen sind. 
Das Stück ist von mehreren Verehrern der 
der Stadt Schärding verfaßt, revidiert und 
inszeniert von Herrn Anton F r e y t a g, Re 
gisseur des landschaftlichen Theaters in Linz. 
Die Darstellung hält sich an die Geschichte und 
Tradition und kann als Zeitbild gelten, das be 
achtenswerte lokalhistorische Momente in sich 
schließt. 
In dem Dreiakter erfahren wir von der 
Zuversicht, die in Schärding über den Ausgang 
des Krieges herrschte, die von ganz Oesterreich 
geteilt wurde, wir erfahren, welche Beruhigung 
die Anwesenheit des Hoflagers hier, in der 
Stadt, in diesem Belange mit sich brachte. Es 
wird des weiteren dargetan, wie überraschend 
schnell sich all die gehegten Hoffnungen in das 
Gegenteil verwandelten, und wie schwer die 
herrschende Sorglosigkeit die Stadt büßen mußte. 
Die Gründe, warum der Stadtteil Aich 
büchl und Kapuzinerviertel von den feindlichen 
Geschossen verschont geblieben sind, wird in glaub 
würdiger Weise dargetan, sowie zur Begründung 
dieses Umstandes auf Ereigniffe aus dem Jahre 
1806 zurückgegriffen wird. 
Die unerhörte Härte, die Schärding 
nach dem Einmärsche der Franzosen zu erdul 
den hatte, brachte für die ins Unglück gestürzte 
Stadt auch beredte Fürbitter, denen heute der 
Dank der Nachwelt gebührt. 
Die Handlung ist frei von romanhafter 
Erfindung in ihren Hauptzügen und ein natio 
nales Empfinden bricht ■ sich in ihr durch, das 
unter der Weltherrschaft des großen Korsen in 
den deutschen Völkern lange vergebens nach 
Geltung gerungen hat. 
Wir vernehmen aus „Schärdings Fran 
zosennot" vom Anfange bis zum Ende den 
schönen Satz: Ans Vaterland, ans teure schließ 
Dich an und halt es fest mit Deinem ganzen 
Herzen. 
Die gütige Zusage zur Aufführung des 
Dramas seitens freundlich bereitwilliger Damen 
und Herren aus hiesigen Kreisen, geben den 
schönsten Erwartungen Raum, und steht dem 
nach zu erwarten, daß dieser ins Leben über 
tragene Teil der Stadtgeschichte Verständnis und 
Beifall finden wird.
	        
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