Volltext: Der Sammler 1. Jahrg. 1905 (1905)

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An die verehrliche 
SradtgemeindeUorstebung Schärding! 
Das von der Stadtgemeinde zur Aufstel 
lung einer städtischen Sammlung bestimmte Ge 
bäude ist nunmehr von dem früheren Mieter ge 
räumt und geht somit seiner weiteren Bestimmung 
entgegen. 
Wie der gefertigten Gesellschaft bereits be 
kannt geworden, hat seitens der Stadtgemeinde- 
Vorstehung bereits eine Augenscheinnahme des 
Gebäudes stattgefunden, und wird demnächst mit 
den nötigen Herstellungsarbeiten begonnen werden. 
Aus diesem Anlasse hat sich der Arbeitsausschuß der 
Gesellschaft ebenfalls mit dieser Angelegenheit be 
schäftigt und als Ergebnis seiner Besprechung 
erlaubt sich derselbe die nachbenannten Anfüh 
rungen zu machen, um deren Durchführung im 
Interesse einer gedeihlichen und räumlich gesicher 
ten Entwicklung der Sammlung höflichst ersucht 
wird. Wichtig erscheint: 
1. Die Herstellung voller Feuersicherheit des 
Gebäudes, wozu die Anbringung von eisernen 
Drahtgittern bei jenen Fenstern gehörte, die zu 
nächst dem hölzernen Steigerhause gelegen sind. 
So wie vor Feuersgefahr wäre das Haus auch 
vor Blitzgefahr zu schützen. 
2. Der Sicherheit des Eigentums soll eine 
ganz besondere Aufmerksamkeit zugewendet werden. 
Die Gesellschaft erlaubt sich, diesbezüglich mit 
zuteilen, daß Herr k. k. Bezirksrichter Dr. K. 
Nedobyti bei der Justizverwaltung vorstellig 
geworden ist, damit die noch von dem 
alten Kapuzinerkloster vorhandenen Fenster 
körbe (Zeit 1750) an die städtische Samm 
lung behufs Aubringuug vor deu Fenstern über 
lassen werden. 
Es ist alle Aussicht vorhanden, daß diesem 
Ansuchen Folge gegeben wird, und demnach ersucht 
die Gesellschaft, die verehrliche Stadtgemcinde 
möge sich hiezu im zustimmenden Sinn verhalten. 
Da 5 bis 6 derartige Fensterkörbe zur Verfügung 
stehen werden, so wird es Sache des Arbeits- 
komites sein, für die noch übrig bleibenden 
Fenster in zweckentsprechender Weise Fensterkörbe 
zu beschaffen. 
3. Zur Erreichung der vollständigen Sicher 
heit gehört endlich der Ersatz der hölzernen 
Stiegentür durch eine starke, auch dem Baustile 
entsprechende eiserne Aufgangsstiegentüre mit 
schwer zu öffnendem Türschlosje. 
4. Stellt die Gesellschaft das höfliche Er 
suchen, eine verehrliche Stadtgemeinde wolle die 
Verlegung des Gemeindearrcstes in ein anderes 
Gebäude nicht außer Auge lassen, denn es wird 
sich nicht nur als notwendig erweisen, das eben 
erdige Lokal Sammlungszwecken zuzuführen, es 
wird auch untunlich sein, in dem Hause, in dem 
wertvolle, mitunter unersetzbare Reliquien der 
Stadt vereinigt werden sollen — die Unterbringung 
höchst fraglicher, ja mitunter eigentumsgefährlicher 
Personen zu belassen. 
Der Arbeitsausschuß glaubt, seine weitere 
Tätigkeit iu der Art gestalten zu sollen, daß nebst 
der fortlaufenden Sammeltätigkeit, mit Beginn des 
kommenden Jahres die Instandsetzung der einzelneil 
Gegenstände zu erfolgen hätte und meint derselbe, 
es wäre am zweckmäßigsten, jedes fertig gestellte 
Objekt in das Schloßgebäude zu überstellen, wo 
dann bei Vorhandensein einer genügenden Anzahl 
müthigen Bitte einer treu ergebenen Gemeinde 
allerhöchstes Gehör schenken, und der beantragten 
Anschaffung die allerhöchste Zustimmung geben 
werden. 
K. k. lf. Pfleg gericht Scheerding 
am 26. März 1839. 
D. Uatzy. 
Trotz dieser wohlwollenden Befürwortung 
seitens des k. k. Pfleggerichtes, haben die Schär- 
dinger vergeblich auf eine günstige Eeledigung 
ihrer Bitte gewartet. Auf diesem Wege war 
nichts zu erreichen, und wäre den Schärdingern 
in der Person des Bischofs Gregorius Thomas 
Ziegler nicht ein mächtiger Helfer erstanden, die 
damals lebende Generation hätte vielleicht niemals 
der Glockenweihe anwohnen können. 
Gregorius Thomas Ziegler, der dem Bene- ^ ^ a. " • 
fiziaten, wie schon einmal erwähnt, den Auftrag CtüOlUltClC v(l§ V v 11t Q C t* 
gab, Glocken anzuschaffen, kam wieder nach Schär 
ding und war verwundert zu erfahren, daß dies-' " 
bezüglich bis jetzt noch nichts veranlaßt wurde. ' 
Aus diesem Umstande ergab sich nachfolgende — Bezugspreis: Jährlich 6 Kroueu. 
Episode: Der Bischof, der den schwäbischen Dialekt 
sprach, meinte: „Kitzmüller, Du haft keine Glocken 
angeschafft", worauf der Benefiziat antwortete: 
„Bischöfliche Gnaden, wer anschafft, der zahlt 
auch und ich hab' kein Geld", was den obersten 
Seelenhirten des Landes zu der Aeußerung veran 
laßte : „Du glaubst halt auch wie die andern 
Leut', daß ich kein Geld hab'". Es verging hier 
auf kein Vierteljahr, als vom Bischof der ganze 
fehlende Betrag von 3000 Gulden als Vorschuß 
eintraf, wovon insgesamt nur 500 Gulden zurück 
gezahlt wurden. 
(Fortsetzung folgt.) 
Erzählung nach Goldinger. 
Jedermann
	        
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