Volltext: Der Sammler 1. Jahrg. 1905 (1905)

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23. Gesuche, Rechnungen ««- Schuld 
scheine betreffend den Anton Obermayer, bürger 
lichen Glasermeisters hier und seines Nachfolgers 
Andreas Brnnner >810-1830. Geschenk des 
Herrn Anton Pfliegl. 
24. ErinneenugsKap sei in Form einer 
großen Silbermünze an die Hungersnot im Jahre 
1816. Die Aversseite zeigt eine Gruppe bestehend 
aus einem unter einem Baume sitzenden, die Um 
stehenden tröstenden Manne. Zu seinen Füßen 
sitzt ein weinendes Kind, rechts und links wei- 
nende und händeringende Frauen. Die Darstel 
lung der Not und des Kummers! Die Umschrift 
sagt: Groß ist die Noth! O Herr erbarme Dich! 
Unten die Jahreszahlen 1816 und 1817. Auf 
der Reversseite sieht man einen betenden Mann, 
dem ein Genius einen Aehrenkranz reicht, den 
Hintergrund bildet ein schwellendes Getreidefeld, 
an dem Schnitter beschäftigt sind. Die Darstel 
lung gilt dem fruchtbaren Jahre 1817. In der Luft 
schwebt ein Engel mit einer Kornähre, zu dem der 
Mann mit gefalteten Händen emporschaut. Da 
rüber ist zu lesen: Erkenne daß ein Gott ist! 
Die Kapsel enthält 4 auf beiden Seiten gemalte 
Medaillon-Bilder, a) Ein Priester segnet vor der 
ganzen Gemeinde die reiche Ernte. Auf der Rück 
seite erscheint zahlreiches hungerndes Volk, an das 
Brot verteilt wird, b) Kinder und Eltern be 
wundern das dichtstehende mehr als mannshohe 
Getreide während der Ernte. Auf der Seite 
gegenüber ist eine Darstellung wie Vieh und Men 
schen elend in einer Wasserflut zu Grunde gehen, 
o) Die Heuernte mit hochbeladenen Wagen, fröh 
liche Gesichter und muntere Arbeit. Als Gegen 
stück Blitz und Feuersbrunst, die Leute fliehen "mit 
ihrem Vieh aus dem Dorfe, ä) Vor der Stadt 
auf einem Wiesenplan spielen eine Schar Kinder, 
die Eltern sehen vergnügt zu. Die andere Bild 
fläche zeigt den Auszug der weinenden Eltern mit 
ihrem Kinde aus dem zerstörten Heim. Auf 
4 rund geschnittenen Papier-Blättern ist der be 
schreibende Text zu den Darstellungen. Die eine 
Seite betrifft das Jahr 1816. Da heißt es: 
„Fürchterlich waren die Verheerungen, welche im 
Jahre >816 der Hagelschlag verbreitete. Jam 
mernd stgnden Tausende wie hier der Landmann 
mit seinem Weibe und seinem Knaben vor den 
zerschlagenen Saaten und vor den durch den 
wilden Sturm zerschmetterten Bäumen. Der im 
Sommer dieses Jahres fast täglich niederströmende 
Regen schwellte die Gewässer zu einer außerordent 
lichen Höhe an und mit gerungenen Händen 
sahen die Leute ihre Wohnungen und ihre Habe 
von dem gewaltigen Strome fortreißen. Der kalte 
Regen im Sommer erzeugte das Schrecklichste was 
die Menschen treffen kann, einen allgemeinen 
Mißwachs und den aus ihm entspringenden Brot 
mangel. Aller Orten drangen die Menschen unge 
stüm vor die Wohnungen der Bäcker und jeder 
neue Morgen weckte zu neuen Klagen. Die 
andere Seite behandelt das Jahr 1817. „Groß 
war die Not, welche durch den Mißwachs in, 
vorigen Jahre sich auch über den Viehstand ver 
breitet hatte, und nur mit Mühe konnte man 
aller Orten von den Schlächtern das Fleisch er 
halten. Aber der segnende Hauch des erbarmen 
den Gottes erweckte die neue Saat des Jahres 
1817. Mit preisendem Jubel eilte man hinaus 
in die göttliche Natur. Mit unaussprechlichem 
Entzücken sah man die volle Saat auf dem müt 
terlichen Schoße der Erde sich wiegen und statt 
zwei Reihen von Körnern zeigten sich derem vier 
und auch sechs. Da führten die Väter ihre Kin 
der vor die reichen Saaten und lehrten ihnen, 
wie groß die Gnade Gottes sei. Die Einfuhr der 
ersten Erntewagen feierten in diesem Jahre die 
Bewohner der großen Städte mit namenloser 
Wonne! In den beiden Kapseldeckeln sind die 
Preise für die notwendigen Lebensmittel einge 
schrieben. In dem einen Teile aus dem Jahre 
1816, in dem anderen Teile aus dem Jahre 1771 
zum Vergleiche. 1816 in den Monaten Oktober 
bis Juli 1817 kosteten das Schäffel Korn 27, 34, 
33, 39, 40, 40, 44, 46, 46, 50 Gulden, das 
Schäffel Weizen 32, 35, 37, 40, 41, 50, 56, 60, 
65 Gulden, das Schäffel Gerste 17, 22, 23, 40, 
36, 37, 39, 40, 43, 48 Gulden. Der >2-Kreuzer- 
Laib Roggenbrot verlor von i Pfund 28 Loth, 
auf 1 Pfund 3 Loth. Der 12-Kreuzerlaib Weizen 
brot von 1 Pfund 18 Loth auf 27 Loth. Das 
Schäffel Hirse kostete 45 Gulden, der Metzen Erd 
äpfel 2 fl. 40 kr., die Maß Bier 8*/, fr. = 15 kr. 
ö. W. Der Gulden bedeutet überall 60 Kreuzer- 
Silber, 12 Kreuzer = 20 Kreuzer ö. W. Im 
Jahre 1771 kostete der Schäffel Korn 45, Weizen 
53, Gerste 66, Hirse 70, Haber 34, Erbsen 33, 
Linsen 35 Gulden. Das Rindfleisch kostete das 
Pfund nach ö. W 1817 40 Kreuzer, Kalbfleisch 
36 Kreuzer, Schweinefleisch 45 Kreuzer, Schmalz 
76 Kreuzer. 1771 : Rindfleisch 18 Kreuzer, Kalb 
fleisch 18 Kreuzer, Schweinefleisch 22 Kreuzer, 
Schmalz 36 Kreuzer (Silber). Herr Karl Andorfer hat 
diese Erinnerung an schwere Tage der städtischen 
Sammlung überstellt. 
Fortsetzung folgt. 
Bisnun beschriebene Gegenstände: 259. 
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Herausgeber: Die Mttseal-Gesellschaft Schärding. — Verantwortlicher Redakteur: I o h. Vees, Schärding, 
Druck I. Vees, Schärding.
	        
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