Volltext: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs Nr. 23 (Nr. 23 / 2013)

Gernot Heiss KINDERERZIEHUNG UND JUGENDKULTUR 1940 – 1960 unter besonderer Berücksichtigung der Biographie von Othmar Zechyr Es gibt […] keine „glückliche Kindheit“ (Haneke 2009)1 Die 1940er Jahre: Kindheit in der Kriegs- und Nachkriegszeit Michael Haneke meinte in einem Interview zu seinem Film „Das weiße Band. Eine deutsche Kindergeschichte“ (D/A/F/I 2009): „Es gibt wunderba- re Momente in der Kindheit durch die unverbrauchte Intensität der Gefühle, aber keine ‚glückliche Kindheit’. Als Kind ist man besonders abhängig, und jede Demütigung wird besonders stark empfunden.“ Psychoanalyse und Psy- chologie scheinen das zu bestätigen: Es gibt keine Kindheit ohne die für das Kind äußerst schmerzhaften Trennungen und Zurückweisungen, ohne Erleb- nisse, die vom Kind dramatisch bis traumatisierend erfahren werden, keine Kindheit ohne psychische Verletzungen, Kränkungen, Demütigungen. In der Relation freilich variieren sowohl die Dramatik der Erlebnisse, wie sie von den Bezugspersonen gesetzt werden, als auch die Probleme des ein- zelnen Kindes und die Unterstützung durch sein Umfeld bei der psychischen Verarbeitung der Erlebnisse stark. Das Beispiel der von Hass „beseelten”2 Kindheit des Linzer Zeichners Othmar Zechyr steht im Zentrum der folgen- den Ausführungen.3 Es soll versucht werden, diesen Einzelfall, der gewiss 1 Gespräch, das Thomas Assheuer am 7.11.2009 in Wien mit Michael Haneke zu „Das weiße Band“ führte. In: Nahaufnahme. Michael Haneke. Gespräche mit Thomas Assheuer (Berlin 22010) 167 2 Bettina Hochhauser, Othmar Zechyr, Zeichnen: eine energetische Disziplin (Dipl.arbeit Univ. Salzburg 1994) 57 und 73 zitiert ihr Gespräch mit Zechyr vom 21.1.1991. 3 Insofern es sich um die Biographie von Othmar Zechyr handelt, übernimmt der Beitrag das meiste aus meinen beiden, in Details auch weiterführenden biographischen Aufsätzen: Gernot Heiss, Angst, Hass und Widerstand. Der Zeichner Othmar Zechyr und die Fürsorgeer- ziehung der 1950er Jahre. In: Wegscheid. Von der Korrektionsbaracke zur sozialpädagogi- schen Institution. Hg. v. Michael John – Wolfgang Reder (Linz 2006) 67-83; Gernot Heiss, „Eine Stille darstellen, die ärger ist als eine Explosion!“ Othmar Zechyr, 1938 – 1996. In:
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