Volltext: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs Nr. 23 (Nr. 23 / 2013)

48 Gerhard Gaigg ein Symbol des Aufstiegs des nationalsozialistischen Deutschland aus der Nachkriegsnot sah. Mit dem Zweiten Weltkrieg beginnt eine neue Phase in der Umformung des Weihnachtsfestes. Nicht nur, dass die Feiern selbst unter den Einschrän- kungen und der Sorge um die Angehörigen im Felde litten. Kriegsweihnacht ist Volksweihnacht. „Lasst uns bedenken, dass der Bolschewismus das Weihnachtsfest ausgerottet und das der Amerikanismus es zu einem Rummel mit Jazz und Barbetrieb verunstaltet hat, dann wissen wir, dass wir gerade im Kriege Weihnachten begehen müssen, denn auch dafür, dass wir dieses Fest behalten, stehen unsere Soldaten Wacht“ heißt es 1944. Der Einbezie- hung und Ehrung der Gefallenen wird nunmehr breitester Raum gewidmet, Weihnachten zum Fest der altgermanischen Sippengemeinschaft, die ihrer Toten und deren unsterblichen Tatenruhmes gedenkt, hochstilisiert. Weih- nachten 1944, also zu einer Zeit, als die alliierten Truppen die Grenzen des zerstörten Deutschlands erreicht und überschritten hatten, wird bei der „Deutschesten Weihnacht in diesem Krieg“ die Wintersonnenwende als Symbol für die Unbesiegbarkeit und die Wende des Kriegsglückes bemüht. Diese Umwandlung nicht nur des Weihnachtsfestes, sondern auch ande- rer Bräuche blieb freilich nur die Wunschvorstellung, wie sie in Publikatio- nen und den zahlreichen Schulungsunterlagen veröffentlicht wurde. In der Praxis wurden größere Bevölkerungsschichten nur kaum und oberflächlich erfasst. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die beharrenden Elemente, vor al- lem in der ländlichen Bevölkerung stärker als angenommen, und auch die kurze Zeitspanne der Umsetzung, in Österreich noch dazu großteils durch den Weltkrieg geprägt, sind dafür verantwortlich. Nach dem Ende des Nati- onalsozialismus blieb nur wenig über. Symbole, die spezielle Inszenierung und alles, was ganz klar nationalsozialistisch war, verschwand sofort. Am ehesten blieben noch Vorstellungen von der germanischen Kulturtradition bis in die Gegenwart erhalten. Der Aufbau eines neuen Österreichbewusst- seins, welches nun nicht mehr so sehr den deutschen Charakter betonte, trug mit dazu bei, dass wieder unpolitische Kulturarbeit geleistet werden konnte und kann.12 12 Gaigg, Deutsche Weihnachten 179-199
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